Umfrage zur Generation Y Ungebildet? Unreif? Ohne Ziele?

Sie sind gut ausgebildet und halten sich für sozial verantwortlich - doch die Älteren sehen das ganz anders. Eine neue Umfrage zeigt, wie weit Selbst- und Fremdwahrnehmung der Generation Y auseinanderklaffen.
Studenten im Hörsaal: Junge Menschen sind heute besser ausgebildet als frühere Generationen. Allein: Die Alten nehmen es ihnen nicht so recht ab.

Studenten im Hörsaal: Junge Menschen sind heute besser ausgebildet als frühere Generationen. Allein: Die Alten nehmen es ihnen nicht so recht ab.

Foto: Patrick Pleul/ picture alliance / dpa

Wie ticken sie, die jungen Erwachsenen, die Gruppe zwischen Ausbildung und erstem Job, der Forscher und Medien neuerdings das Etikett der "Generation Y" verpasst haben?

Eine repräsentative Umfrage im Auftrag der privaten Accadis Wirtschaftshochschule in Bad Homburg, die SPIEGEL ONLINE vorliegt, hat das Image der Ypsiloner ergründet. Egal ob Zielstrebigkeit oder Reife oder Bildungsgrad: Markante Merkmale schreiben die Befragten der Gruppe der 20- bis 25-Jährigen nicht zu. Nur ein Punkt kristallisiert sich im Urteil der Deutschen halbwegs eindeutig heraus: Eine Mehrheit von 60 Prozent hat den Eindruck, dass junge Menschen heute weniger soziale Verantwortung übernähmen als frühere Jahrgänge.

Besonders aufschlussreich ist jedoch, in welchen Punkten das Selbstbild junger Erwachsener von dem Urteil abweicht, das der Rest der Bevölkerung über sie fällt. Etwa bei der Frage nach dem Ausbildungsstand.

Unter den 14- bis 29-Jährigen ist eine große Mehrheit von 63 Prozent der Meinung, dass ihre Generation besser ausgebildet ist als die vorherige. Rein formal stimmt das: Mehr junge Menschen machen heute Abitur, mehr Abiturienten studieren. Dennoch herrscht Skepsis: Je älter die Befragten sind, desto weniger Zutrauen haben sie in das Bildungsniveau der Jüngeren. Wie kommt das?

"Man sieht an solchen Zahlen, dass die Bewertung der Jüngeren nicht immer nach objektiven Kriterien erfolgt", sagt der Jugendforscher Klaus Hurrelmann von der Hertie School of Governance, der eine Reihe ähnlicher Untersuchungen gemacht hat. Die 20- bis 25-Jährigen sind oft noch mitten in ihrer Ausbildung, viele von ihnen sähen, dass sie höhere Abschlüsse erreichen als ihre Eltern oder Großeltern. Wer älter ist, definiere Bildung hingegen oft anders, so Hurrelmann: stärker über Lebenserfahrung, weniger über Abschlüsse.

Aber nicht nur dieser Aspekt ist dafür verantwortlich, dass Selbst- und Fremdbild der Generation Y auseinanderfallen. Die Älteren neigten grundsätzlich dazu, die Jugend kritisch zu beurteilen, erklärt Hurrelmann. Ein Muster, auf das man immer wieder stoße. Umgekehrt gilt das übrigens auch, allerdings in geringerem Maße.

Ähnlich gegensätzlich fällt das Urteil bei der Frage nach der Reife aus: Die Älteren befinden recht einhellig, dass die Jugend eher unreifer geworden ist. Die Generation Y selbst hingegen beurteilt sich im Vergleich zu früheren Jahrgängen als reifer.

BWL-Professor Florian Pfeffel, der den Bereich Lehre an der Accadis Hochschule verantwortet, geht davon aus, dass die Schulzeitverkürzung bis zum Abitur und die Bologna-Reform an den Unis zu diesem Ergebnis beitragen: "Bei ihrem ersten Abschluss sind Studenten heute jünger als früher. Sie müssen also sehr viel früher aufs Berufsleben gefasst sein", sagt er. Den Älteren fällt dagegen auf, dass Studienbewerber heute etwa vermehrt ihre Eltern zu Informationstagen mitbringen - und interpretieren solche Beobachtungen als Beleg mangelnder Reife.

Am meisten hat Pfeffel überrascht, wie stark die Einschätzungen zur sozialen Verantwortung auseinandergehen. Unter den Jüngeren glaubt eine knappe Mehrheit von 52 Prozent, dass ihre Generation mehr soziale Verantwortung übernimmt als die vorherige. Die Älteren widersprechen deutlich: 67 Prozent von ihnen sehen die Bereitschaft zur sozialen Verantwortung bei der Jugend eher schwinden.

Jugendforscher Klaus Hurrelmann schlägt eine mögliche Erklärung für diesen Befund vor: "Vielleicht liegt das an der völlig anderen Art der Generation Y, sich zu engagieren, etwa über soziale Netzwerke im Internet. Ältere erkennen das nicht unbedingt als Engagement an."

In einem Punkt sind Jung und Alt dagegen gleichermaßen geteilter Meinung über die Generation Y: Die jungen Menschen halten ihre Generation für mäßig ehrgeizig; nur die Hälfte der Jüngeren glaubt, dass ihre Altersgruppe zielstrebiger ist als vorhergehende Jahrgänge. Das Urteil der Älteren über die Generation Y fällt ähnlich aus.

Woher die Einigkeit in der Uneinigkeit? Hurrelmann vermutet, dass junge Menschen sich in Beruf und Privatleben mehr denn je möglichst viele Optionen offenhalten müssen - der fest abgesteckte Karriereplan, den man mit Ehrgeiz nur noch durchziehen muss, funktioniert nicht mehr. "Man kann heute gar nicht mehr zielstrebig sein", meint Hurrelmann. Diese Erfahrung habe sich wohl auch bis zu den Älteren herumgesprochen.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren