Ghostwriter vor Gericht
Anbieter dürfen nicht mit eigener Größe werben
Sie arbeiten im Verborgenen, den Ruhm für ihre Arbeit ernten andere. Ghostwriter müssen bescheiden sein. Zwei Vertreter der Branche standen nun vor dem Berliner Landgericht. Sie wollten sich gegenseitig die Behauptung verbieten, der größte Anbieter zu sein. Doch es mangelte an Beweisen.
Umstrittene Dienstleister: Wer ist der Größte im ganzen Land?
Foto: Corbis
In gewissen Branchen wäre es vielleicht klüger, einfach weiterhin im Hintergrund zu agieren, nicht an die Öffentlichkeit zu gehen, keine Aufmerksamkeit zu erregen. Für wissenschaftliche Ghostwriter gilt das per se und umso mehr, nachdem die Öffentlichkeit durch die Plagiatsaffäre Karl-Theodor zu Guttenbergs für wissenschaftliches Fehlverhalten sensibilisiert wurde.
Sollte man meinen.
Zwei Ghostwriter scheinen sich darum nicht zu scheren: Sie verklagten sich gegenseitig vor dem Berliner Landgericht. Die zu verhandelnde Frage: Wer darf behaupten, einer der Größten zu sein? Am Freitag gab das Gericht seine Entscheidung bekannt: Keiner darf es. Die Werbeaussagen seien unzulässig, sie dürfen künftig nicht mehr verwendet werden.
Zunächst hatte ein Berliner Ghostwriter geklagt, der - nach eigener Einschätzung - selbst zu den ganz Großen auf dem deutschen Markt zählt. Er wollte einer anderen Firma mit Niederlassungen in Deutschland und der Schweiz verbieten lassen, für sich als Marktführer zu werben.
Die Gegenseite aber wollte diesem Angriff nicht tatenlos zusehen. Ihr Geschäftsführer Thomas Nemet sieht in der Klage des Berliners eine "sittenwidrige und illegale Abmahnungskampagne", die dazu dient, "Konkurrenten vom Markt zu vertreiben". Das Wettbewerbsrecht werde heute meist missbräuchlich gegen unliebsame Konkurrenz eingesetzt. "Aber wir lassen uns das nicht gefallen", sagte er im März und reichte selbst Klage ein. Darin verlangt er von seinem Kontrahenten, die Behauptung zu unterlassen, er sei "einer der leistungsfähigsten Anbieter wissenschaftlicher Ghostwriterdienstleistungen im deutschsprachigen Raum".
Keiner der beiden ist der Größte, urteilte das Gericht
Der Berliner Kläger dürfte es in Juristenkreisen inzwischen zu gewisser Bekanntheit gebracht haben: Nach Angaben eines Justizsprechers sind derzeit am Kammergericht Berlin mehrere ähnliche Verfahren des Ghostwriters gegen Konkurrenzunternehmen "im Wege der Berufung".
Zudem musste er erst im Februar vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf eine Niederlage einstecken: Ein Ghostwriter aus Löhne hatte ihn verklagt, weil er für sich als Marktführer warb. Dessen Vorwurf: Der Berliner Ghostwriter gehöre weder nach Umsatz noch nach seinem Angebot zur Spitzengruppe.
Die Düsseldorfer Richter untersagten damals dem Beklagten, für sich als "Marktführer" zu werben. Er könne schon deshalb nicht zu den Marktführern des wissenschaftlichen Ghostwritings gehören, weil er ausschließlich verbotene Dienstleistungen anbiete: Er erstelle für Dritte Abschlussarbeiten zum Erwerb akademischer Grade. "Diese Tätigkeit verstößt gegen die guten Sitten", urteilten die Richter.
Das Landgericht Berlin will erst in der kommenden Woche die Entscheidungsgründe bekannt geben. Gerichtssprecher Ulrich Wimmer sagte, die Frage nach der Sittenhaftigkeit habe bei den Erwägungen der Berliner Richter keine Rolle gespielt. "Es ging darum, dass Angaben über die eigenen Geschäfte gemacht wurden, die zur Täuschung geeignet sind." Vor Gericht habe es an den Klägern gelegen, ihre jeweiligen Angaben glaubhaft zu machen. Das sei keinem der beiden gelungen.