Vorschlag zur Grundgesetzänderung Wankas Visionen

Lächeln für die Kernfusion: Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) besucht einen Plasmareaktor in Greifswald. Solch teures Uni-Gerät fördert der Bund bereits. Künftig will er auch ganze Institute finanzieren
Foto: Jens B¸ttner/ picture alliance / dpaBildungsministerin Johanna Wanka (CDU) versucht, das Thema Hochschulfinanzierung durch den Bund voranzutreiben: In einem neuen Gesetzentwurf schlägt ihr Haus eine Änderung des Grundgesetzes vor. Artikel 91b Absatz 1 soll neu gefasst werden.
Wanka sagt, sie habe Großes vor: "Von der Änderung des Grundgesetzes geht ein Aufbruch für das Bildungs- und Wissenschaftssystem in Deutschland aus. Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern wird noch planbarer, noch verlässlicher, noch strategischer."
Im Text des neuen Artikels wirken die Veränderung marginal: Neben den bereits bisher in Artikel 91b erwähnten Bereichen Forschung und Wissenschaft soll künftig auch die Lehre an Hochschulen vom Bund gefördert werden können. Das Ziel laut Wanka: Mehr Raum für eine Zusammenarbeit von Bund und Ländern, damit der Bund künftig Hochschulen, einzelne Hochschulinstitute oder Institutsverbünde längerfristig finanzieren kann.
Passiert der Entwurf Bundestag und Bundesrat, könnte der Bund direkt Hochschulen finanzieren - nach wie vor allerdings unter der Voraussetzung, dass die Ländern einwilligen. Denn noch immer heißt es in dem Entwurf eines neuen Artikels 91b: Vereinbarungen "bedürfen der Zustimmung aller Länder", wenn sie "im Schwerpunkt Hochschulen betreffen".
"Die föderale Kompetenzordnung bleibt gewahrt"
Für die Hochschulen hätte die Idee den Vorteil, dass sie künftig besser planen können. Bislang waren sie von befristeten Programmen wie der Exzellenzinitiative und den Hochschulpakten für mehr Studienplätze abhängig, über die der Bund nach langwieriger Abstimmung mit den Ländern Geld verfügbar machte. Diese Kooperationsmöglichkeiten sollen zu einer Gemeinschaftsaufgabe erweitert werden, heißt es in dem Gesetzentwurf.
Die Grundgesetzänderung soll helfen, das Kooperationsverbot aufzuweichen: Bislang ist es dem Bund nicht möglich, dauerhaft Geld in die Bildung zu stecken, weil diese alleinige Ländersache ist. Die Länder immunisierten sich damit in der Föderalismusreform 2006 gegen jegliche Mitsprache des Bundes in Bildungsfragen. Acht Jahre danach müssen sie feststellen: Bildung kostet mehr als wir uns leisten können.
Abgezeichnet hatte sich dieser Plan bereits: Ende Mai hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erklärt, der Bund werde ab 2015 die Studentenstütze Bafög komplett aus Bundesmitteln finanzieren. Die Länder hatten bislang ein Drittel bezahlt und werden damit künftig um 1,14 Milliarden Euro im Jahr entlastet. Im Gegenzug stand in der Vereinbarung , Artikel 91b werde neu gefasst, und zwar so, wie es nun das BMBF vorschlägt.
In dem Gesetzentwurf müht sich Wankas Ministerium, die Dringlichkeit der Maßnahme zu betonen. Nur mit einer Grundgesetzänderung sei sichergestellt, "Hochschulen verstärkt zu fördern und ihnen vor allem eine verlässliche finanzielle Perspektive zu geben" - eine Kraftanstrengung, die den Bundesländern nicht mehr zugetraut wird. In Punkt C des Papiers heißt es, dies sei der einzige Weg. "Alternativen: Keine."
Wanka: "Mehrwert für die Wissenschaftslandschaft insgesamt"
Zugleich versucht das Ministerium Sorgen zu zerstreuen, der Bund könnte über die Hochschulfinanzierung auch Hochschulpolitik machen wollen: "Die föderale Kompetenzordnung bleibt gewahrt." Der Respekt vor der Länderhoheit komme außerdem darin zum Ausdruck, dass alle Förderungen "mit Ausnahme der Förderung von Forschungsbauten und einschließlich Großgeräten - wie bisher - der Zustimmung der Länder bedürfen". Eigenständige Bundesuniversitäten, von Wankas Amtsvorgängerin Annette Schavan (CDU) als Mittel zur Entlastung der Länder ins Spiel gebracht, sind vom Tisch.
Auch Elitenförderung soll es, so verspricht es der Gesetzentwurf, nicht über die Hochschulfinanzierung geben. Zwar enthält der geplante Grundgesetzartikel die Formulierung, "in Fällen von überregionaler Bedeutung" auszuhelfen. Gemeint sei aber ausdrücklich nicht "die Förderung weniger Spitzenuniversitäten mit internationaler Strahlkraft". Wanka betonte, vielmehr gehe es "um Förderung, mit der ein Mehrwert für die Wissenschaftslandschaft insgesamt erreicht werden kann". So entstünden Chancen "auch für kleinere Fächer oder Standorte, die noch Entwicklungspotenzial haben".
Und die Ministerin erinnerte die Bundesländer noch einmal daran, dass die Bildungsmilliarden aus dem Koalitionsvertrag an die Grundgesetzänderung gebunden sind: Bafög-Entlastung und Grundgesetzänderung gehörte "inhaltlich zusammen". Beide Vorhaben würden so auf den Weg gebracht, dass sie "gemeinsam starten können".

Die Große Koalition macht mickrige sechs Milliarden Euro für die Bildung locker und streitet sich ein halbes Jahr lang mit den Ländern darüber, wie genau das Geld ausgegeben werden soll. Das Grundproblem bleibt bestehen - es steckt im Grundgesetz. mehr...