Medizin Das müssen Sie über das Studium wissen

Lernen für die Praxis: Neben den Grundlagen gibt's im Medizinstudium auch mehrere Praktika. Deren Erfahrung ist zurzeit vor allem in ländlichen Gebieten gefragt.
Foto: Jochen Lübke/ dpaBerufswunsch: die zweite Meredith Grey aus Grey's Anatomy? Traum vieler junger Menschen ist das Medizinstudium mit entsprechend filmreifen Aussichten. Erfahrungsgemäß können sich die Universitäten vor Bewerbern kaum retten - die Folge: Ohne überragende Noten wird es schwer. Doch Möglichkeiten gibt es trotzdem. Und nebenbei die Antworten auf sechs weitere Fragen rund ums Medizinstudium.
Wo kann ich in Deutschland Medizin studieren?
Zurzeit bieten 37 deutsche Universitäten ein Medizinstudium an, dazu kommen Privat-Unis in beispielsweise Bremen, Köln und Göttingen. Die Bewerbung läuft immer über die Website hochschulstart.de - dort kann man bis zu sechs Wunsch-Unis angeben. Als Alternative zum Studium in Deutschland gehen einige Studenten auch ins Ausland. Österreich schaut nicht nach Noten, sondern bietet einen Aufnahmetest. Auch Ungarn, Tschechien und Lettland sind beliebte Ziele für Medizinbewerber, kosten allerdings mehr als eine deutsche Uni - in Riga fallen rund 60.000 Euro für das ganze Studium an, in Budapest 70.000 Euro. Noch einen Weg ins Medizinstudium bietet die Bundeswehr, der rund 250 Studienplätze zur Verfügung stehen. Wer angenommen wird, absolviert vor und nach dem Studium die Militärausbildung zum Offizier und verpflichtet sich für 17 Jahre bei der Bundeswehr. Dafür bekommen sie auch schon während des Studiums ein festes Gehalt.
Was sind die Voraussetzungen für das Medizinstudium?
Um Medizinstudent zu werden, braucht man in der Regel das Abitur. Ausschlaggebend ist normalerweise die Abinote - Lübeck, Aachen und Heidelberg ließen im Wintersemester 2016/17 höchstens einen Schnitt von 1,1 zu; in anderen Hochschulen ist 1,2 meist das Maximum. 20 Prozent der Plätze gehen grundsätzlich an die Bewerber mit der besten Abinote, weitere 20 Prozent an diejenigen mit der längsten Wartezeit - momentan sind das sieben Jahre. Für die restlichen 60 Prozent hat jede Hochschule ihre eigenen Auswahlverfahren. Das ist in manchen Fällen zwar immer noch die Note, oft wird aber auch eine fachnahe Ausbildung anerkannt, ein Freiwilligendienst oder speziell die Leistungen in naturwissenschaftlichen Fächern. Die Kultusminister haben sich auf neue Zugangsregeln für das Medizinstudium geeinigt. Künftig soll die Wartezeit kein entscheidendes Kriterium mehr sein.
Einigen Unis ist es wichtig, an welcher Stelle sie auf der Wunschliste des Bewerbers stehen und winken direkt ab, wenn sie nicht der erste Favorit sind. Also: Am besten vorher auf den Websites der Hochschulen informieren, was sie erwarten. Manche Universitäten bieten Auswahlgespräche an, andere berücksichtigen den sogenannten Medizinertest (TMS) in unterschiedlicher Gewichtung, darunter Würzburg, Köln, Freiburg und Rostock. Der Test prüft auf naturwissenschaftliche und medizinische Problemstellungen - zum Beispiel müssen Muster zugeordnet, Texte verstanden und Logikaufgaben gelöst werden. Der TMS findet nur einmal pro Jahr im Mai statt, die Anmeldung ist sechs Monate früher. Er kostet 73 Euro und ist nicht wiederholbar. Je nach Ergebnis kann er die Abiturnote dadurch um bis zu 0,8 verbessern.
Einen anderen Test bieten die Unis Hamburg, Magdeburg und Charité Berlin an: HAM-Nat, das Hamburger Auswahlverfahren für medizinische Studiengänge. Diesen Test kann man beliebig wiederholen, er ist kostenlos und findet immer im August statt. In zwei Stunden werden Fächer wie Mathematik, Physik, Chemie und Biologie in Multiple-Choice-Form abgefragt. Einziger Haken: Man kann sich nicht dafür anmelden, sondern muss von den Unis eingeladen werden. Das passiert nur, wenn man sie an die erste Stelle seiner Uni-Wunschliste gesetzt hat; danach werden Einladungen an Bewerber mit Noten bis zu 1,9 verschickt. Doch auch ohne Abitur gibt es Hoffnung auf das Medizinstudium. Dafür braucht der Bewerber die mittlere Reife mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung, die nicht schlechter als 2,5 bewertet ist - zum Beispiel als Krankenpfleger, Rettungsassistent oder Physiotherapeut. Dazu kommen drei Jahre Berufserfahrung.
Wie ist das Medizinstudium aufgebaut?
Wer sich für Medizin entscheidet, muss für den Anfang mit mindestens sechs Jahren und drei Monaten Studium rechnen. Bis zum vierten Semester lernen die Studenten Grundlagen wie Biologie, Physik, Chemie, Psychologie und Anatomie. Inklusive ist auch eine Erste-Hilfe-Ausbildung und ein dreimonatiges Krankenpflegepraktikum. Daran schließt der erste Teil der ärztlichen Prüfung an, auch Physikum genannt. Vom fünften bis zehnten Semester stehen im klinischen Teil unter anderem Allgemeinmedizin, Chirurgie und Neurologie auf dem Lehrplan - gefolgt vom zweiten (schriftlichen) Teil der ärztlichen Prüfung. Bis dahin muss jeder Student vier Monate Famulatur abgeleistet haben, also Praktika im Krankenhaus, in einer Arztpraxis und bei einem Hausarzt. Dafür muss die vorlesungsfreie Zeit herhalten. Praktisch geht's auch danach weiter: Das elfte und zwölfte Semester verbringen die Studenten im Krankenhaus. Nach diesem praktischen Jahr steht der dritte (mündliche) Teil der ärztlichen Prüfung an - und wer damit abschließt, kann seine Approbation als Arzt beantragen. Die meisten Studenten machen danach eine mehrjährige Weiterbildung zum Facharzt: Dafür arbeitet man vier bis sechs Jahre als Assistenzarzt in einer Klinik oder Praxis, zum Beispiel in der Gynäkologie, der Inneren Medizin oder der Herzchirurgie.
Was sind die persönlichen Anforderungen?
Wie in BWL und Jura braucht man auch für das Medizinstudium ein abstraktes, logisches und analytisches Denkvermögen (CHE-Studie von 2016). Vor Naturwissenschaften sollte es einem nicht zu sehr gruseln, und Vorkenntnisse sind von Vorteil. Medizinstudenten sollten empathisch und belastbar sein und gern im Team arbeiten.
Medizin studieren - welche Berufschancen habe ich?
In Deutschland herrscht zurzeit Ärztemangel - vor allem auf dem Land werden angehende Mediziner händeringend gesucht. Deswegen gibt es einige Förderprogramme, die Niederlassungen in ländlicheren Regionen ankurbeln wollen. So bezuschusst zum Beispiel Thüringen seine Arztpraxen außerhalb der Großstädte und Niedersachsen fördert Hausarztniederlassungen in ländlicheren Gebieten. Die Regierung hat den sogenannten Masterplan Medizinstudium 2020 aufgestellt, durch den bevorzugt die Bewerber einen Studienplatz bekommen, die sich danach für eine Niederlassung auf dem Land verpflichten. Krankenhausärzte verdienen generell mehr als niedergelassene Ärzte, deren Gehalt ist seit 2011 aber leicht gestiegen. Ein Assistenzarzt im Krankenhaus startet mit einem Jahresgehalt von knapp 50.000 Euro, als fertiger Facharzt kann er mit etwa 84.000 Euro rechnen. Chefärzte verdienen im Schnitt sogar 279.000 Euro. Die Gehälter niedergelassener Fachärzte schwanken je nach Spezialgebiet. Ein Allgemeinarzt nahm 2011 mit seiner Praxis 11.500 Euro brutto pro Monat ein - die oft hohen Kosten für die Praxisübernahme und individuelle Versicherungen sind dabei aber noch nicht abgezogen. Radiologen erzielten mit 25.3000 Euro pro Monat den höchsten Reinertrag, haben aber auch deutlich höhere Ausgaben für Praxisgeräte.
Besonderheiten:
Viele Mediziner schreiben während ihres Studiums eine Doktorarbeit, meistens parallel zum praktischen Jahr oder früher - für den begehrten Titel "Dr. med.". Für eine statistische Doktorarbeit mit hauptsächlich Patientenakten als Untersuchungsmaterial muss man weniger Zeit einplanen als für experimentelle Arbeiten, bei denen man im Labor Versuche durchführt und auswertet.
Erfahrungsberichte zum Medizinstudium:
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