Moocs für Studenten Onlinekurse machen Bildung doch nicht gerechter

Hochschulbildung für alle, kostenlos und zugänglich auf der ganzen Welt: Mit diesem Versprechen sind Unis mit Onlinekursen für Studenten angetreten. Hat es sich erfüllt? Der Faktencheck.
Ein Internetzugang allein reicht nicht, damit alle von Moocs profitieren (Symbolbild)

Ein Internetzugang allein reicht nicht, damit alle von Moocs profitieren (Symbolbild)

Foto: Corbis

Sie heißen Udacity und edX, Coursera und iversity - und sie sollen helfen, einen großen Traum der Menschheit wahr werden zu lassen: Bildung für alle, egal ob arm oder reich, egal wo auf der Welt.

Es gibt inzwischen weltweit mindestens ein Dutzend Anbieter von Onlinekursen, die meist kostenlos und überall frei zugänglich sind. Man braucht lediglich einen Internetanschluss.

Doch stimmt es, dass Massive Open Online Courses (kurz: Moocs) tatsächlich Menschen erreichen, die keine Universität besuchen können? Eine aktuelle Studie  aus den USA zeigt: Zur Demokratisierung der Bildung tragen Moocs wohl herzlich wenig bei.

Zwei Forscher der Harvard University und des Massachusetts Institute of Technology (MIT) analysierten, welche Nutzer zwischen 2012 und 2014 über die Plattform edX  68 Onlinekurse ihrer beiden Hochschulen belegt hatten. Von rund 164.000 Teilnehmern aus den USA konnten sie Zensusdaten über Herkunft und Wohnort auswerten.

Dabei kam heraus: Teilnehmer von Moocs kommen aus Gegenden, in denen die Einwohner wohlhabender und besser gebildet sind als der durchschnittliche US-Bürger. Mooc-Nutzer wohnen demnach in Vierteln, deren Haushalte im Schnitt fast 70.000 US-Dollar pro Jahr einnehmen. Das Durchschnittseinkommen für alle US-Haushalte liege aber nur bei gut 57.000 US-Dollar.

Moocs verstärken bestehende Ungleichheiten eher

Die Teilnehmer von Onlinekursen kommen außerdem häufig aus dicht besiedelten Wohnbezirken, schreiben die Forscher. Das weise darauf hin, dass Moocs eben nicht vor allem diejenigen erreichten, die in abgeschiedenen Gegenden leben.

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Junge Teilnehmer, deren Mutter oder Vater selbst einen Hochschulabschluss haben, schließen ihren Onlinekurs wahrscheinlicher ab als Teilnehmer aus weniger gebildeten Elternhäusern.

Vor zwei Jahren hatte ein Wissenschaftler der University of Pennsylvania bereits Ähnliches festgestellt: Seine internationale Umfrage  zeigte, dass Moocs meistens von ohnehin gut ausgebildeten und wohlhabenden Studenten belegt würden - und die benachteiligten Menschen nur selten erreichen.

Es sehe so aus, als würden Moocs bestehende Ungleichheiten im Bildungssystem eher verstärken als abmildern, heißt es in der aktuellen Studie. "Die Forschungsergebnisse geben Anlass, hochfliegende Behauptungen anzuzweifeln, was die Demokratisierung, faire Voraussetzungen und das Aufholen von Benachteiligten angeht, die mit neuen Formen des E-Learning einhergehen mögen", schreiben die Wissenschaftler.

Das könne daran liegen, dass der grundsätzliche Zugang zum Internet wenig darüber aussage, wie junge Menschen Onlinemedien nutzen. Die Forscher mahnen: Damit auch sozial Benachteiligte von Seminaren im Netz profitieren könnten, müsse man sie gezielt ansprechen und auf ihrem Bildungsweg unterstützen.

Fazit: Moocs bieten viel, aber ein Selbstläufer hin zu gerechter verteilten Bildungschancen sind sie nicht. Denn um Menschen aus benachteiligten Haushalten zu erreichen, genügt es nicht, ihnen einen Internetzugang zu verschaffen. Aussichtsreicher wäre es, sie direkt mit Angeboten im Netz vertraut zu machen und sie bei der Nutzung von Moocs aktiv zu unterstützen.

Bildungsmythen im Faktencheck
Foto: Julian Stratenschulte/ picture alliance / dpa

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