Mysteriöse Brandserie Flammender Protest an der Bielefelder Uni

Seit ein Generalschlüssel abhanden kam, haben Unbekannte schon 20 Mal an der Universität Bielefeld gezündelt - vermutlich Gegner von Studiengebühren. Eine heiße Spur haben die Ermittler aber noch nicht. Auch an der Uni Münster loderten schon Feuer.

Bielefeld - Angst hat Olaf Schulz beim Besuch der Universität Bielefeld nicht. "Anfangs war das schon ein heißes Thema - jetzt regt es aber kaum noch jemanden auf", sagt der Physikstudent im zwölften Semester. Allerdings nerven ihn die vielen Feuerwehreinsätze der vergangenen Wochen. Weil er im Wohnheim an der Uni lebt, wird seine Nachtruhe immer wieder durch die anrückenden Löschfahrzeuge gestört.

Eine mysteriöse Brandserie beschäftigt derzeit Studenten, Mitarbeiter und Lehrkräfte der Uni. Polizei und Staatsschutz ermitteln gegen Unbekannt. Seit dem Diebstahl eines Generalschlüssels am 12. Juli kommt es an der ostwestfälischen Hochschule immer wieder zu Brandstiftungen, Vandalismus oder dem Auslösen von Feueralarmen. Das Büro eines Professors, der dem Senat der Uni angehört, wurde mit Tierfäkalien besudelt.

Rund 20 Zwischenfälle haben sich inzwischen ereignet. Menschen kamen aber bislang nicht zu Schaden. In der Regel steckten die Täter Papierblätter oder Mülleimer an. Die erloschen selbst oder konnten von der Feuerwehr schnell gelöscht werden. Größer war da schon der Schaden, der beim Brand einer Toilette entstand. Nicht bei jedem Fall wurde der Generalschlüssel benutzt, mindestens bei zwei Delikten kam er aber zum Einsatz.

Uni-Sprecher Ingo Lohuis ist deshalb vorsichtig mit Schuldzuweisungen. "Wir versuchen, mit Fakten zu arbeiten", sagt er. Dennoch sei es eine nahe liegende Vermutung, dass die Brandstifter und die Schlüsseldiebe aus demselben Kreis der Studentenschaft stammen, schließlich setzten die Aktionen unmittelbar nach dem Diebstahl des Generalschlüssels ein.

Der Schlüssel war bei einem Handgemenge zwischen Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes und einer Gruppe junger Leute gestohlen worden, als diese eine Sitzung des Senats zur Einführung von Studiengebühren stören wollten. Mit dem entwendeten Schlüssel können rund 10.000 Türen der Hochschule geöffnet werden. Die Zahl der Sicherheitskräfte in der Hochschule wurde daraufhin erhöht. Zudem wurden in einem ersten Schritt rund 500 besonders sicherheitsrelevante Schlösser ausgetauscht.

Kuhfladen im Professorenbüro

Die Vermutung, dass die unbekannten Täter nun mit ihren Straftaten gegen die beschlossene Einführung von Studiengebühren protestieren, liegt auf der Hand - bewiesen ist sie deswegen aber noch nicht. Das sieht auch der Asta-Vorsitzende Jan Binder so. "Man kann nicht sagen, aus welcher Ecke die Anschläge kommen", betont er. Und bekräftigt zugleich, dass der Asta "jegliche Form der Gewalt im politischen Diskurs" ablehne. Das Verunreinigen eines Professorenbüros mit tierischen Exkrementen - es waren Kuhfladen - stelle "einen traurigen Tiefpunkt des Miteinanders an der Universität Bielefeld dar", heißt es in einer Asta-Erklärung.

Dennoch halte der Asta an seiner Kritik und dem Widerstand gegen die geplanten Studiengebühren fest, erklärt Binder. Mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Minden wehren sich die Studentenvertreter und monieren, dass die Öffentlichkeit bei der Sitzung des Senats vom 12. Juli nicht zugelassen worden war. Zudem sei zwei studentischen Mitgliedern die Teilnahme an der Senatssitzung von Sicherheitskräften verwehrt worden.

Dass die kriminellen Aktionen der vergangenen Wochen die Anliegen der Studenten nicht unterstützen, ist im Grunde allen klar. "Das bringt den Studenten gar nichts", erklärt Heike Drewitz, die in Bielefeld ein Lehramtsstudium absolviert hat und ihre alte Uni regelmäßig besucht. So bleibt nur die Hoffnung, dass die Täter bald gefasst werden und der Spuk ein Ende hat.

Zumal ähnliche Aktionen inzwischen auch aus der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster gemeldet werden. Dort hatten in den vergangenen Tagen Unbekannte unter anderem kleinere Brände in einem Keller und einer Herrentoilette gelegt. Ob auch das als Protest gegen die Einführung von Studiengebühren gedacht war, ist derzeit noch unklar.

Von Michael Bosse, ddp

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren