Neue Prognose
Kultusminister erwarten 750.000 Erstsemester mehr
Sie soll die Zahl der Studienanfänger vorhersagen, doch lag mit der bisherigen Prognose heftig daneben: Jetzt korrigiert die Kultusministerkonferenz ihre Zahlen nach oben. Bis 2020 werden demnach 750.000 Studenten mehr an die Hochschulen strömen als bislang angenommen.
Neue Schätzung: Kultusminister sagen zusätzliche 750.000 Erstsemester voraus
Foto: Uwe Anspach/ dpa
Alle paar Jahre berechnen die Kultusminister, wie viele junge Menschen ein Studium aufnehmen werden. Naturgemäß lässt sich das nicht exakt vorhersagen. Doch ihre Zahlen sind eine Grundlage dafür, wie viel Geld an die Hochschulen fließt. So basiert der Hochschulpakt auf der noch gültigen Prognose aus dem Jahr 2009. Das Problem ist nur: Mit ihrer damaligen Schätzung lagen die Kultusminister massiv daneben, allein im Jahr 2011 strömten rund 100.000 Erstsemester mehr an die Hochschulen als angenommen.
Jetzt ist die Kultusministerkonferenz (KMK) dabei, eine neue Prognose zu erstellen - und wird die alten Zahlen nach Informationen von SPIEGEL ONLINE massiv nach oben korrigieren. Jedes Jahr bis 2020 werden demnach zwischen 60.000 bis 80.000 Studienanfänger mehr an die Hochschulen kommen als zuletzt vorausberechnet. Insgesamt beträgt die Differenz zwischen der alten und der neuen Prognose bis 2020 rund 750.000 Studienanfänger. Die neue Prognose geht nun von rund 450.000 Studienanfängern pro Jahr aus, mal ein paar tausend mehr, mal ein paar tausend weniger.
Die Kosten für die zusätzlich benötigten Studienplätze dürften allein für das Bachelor-Studium bis 2020 bei bis zu 9,5 Milliarden Euro liegen, warnte die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) in der Wochenzeitung "Die Zeit". Die erforderlichen Master-Plätze seien hier noch gar nicht eingerechnet.
Bauer forderte eine Beteiligung des Bundes an der Finanzierung. "Die Länder werden auch das Ihre tun müssen", sagte sie. "Aber ich erwarte, dass der Bund sich nicht aus der Verantwortung stiehlt." Auch sie sagte, die KMK habe "die tatsächliche Entwicklung der Studentenzahl in den vergangenen Jahren weit unterschätzt". Die bisherige Annahme, wonach ab 2015 die Anfängerzahlen fallen würden, sei falsch. "Die Anfängerzahlen bleiben dauerhaft hoch", was angesichts des drohenden Fachkräftemangels eine hervorragende Nachricht sei.
So viele Studenten wie nie zuvor
Der hochschulpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Kai Gehring, sagte: "Die deutlich nach oben korrigierte KMK-Prognose gießt in Zahlen, was sich schon lange abzeichnet: die Verdopplung der Studienanfängerzahlen. Dem vermeintlich kurzzeitigen 'Studierendenberg' folgt keine Talfahrt, sondern ein dauerhaftes Hochplateau." Auch er forderte, mehr Geld für den Hochschulpakt und mehr Studienplätze.
Die neue Prognose der KMK ist noch nicht beschlossen, bei der KMK wird noch darüber beraten. Voraussichtlich im März wird sie verabschiedet.
Allein im vergangenen Jahr hatten sich laut Statistischem Bundesamt in Deutschland erstmals mehr als 500.000 Studienanfänger eingeschrieben. Die Zahl der Erstsemester im Winter- und Sommersemester sei gegenüber dem Vorjahr um 16 Prozent auf 515.800 gestiegen - auf Basis vorläufiger Zählungen. Damit erreichte auch die Zahl der Studenten insgesamt einen Rekord: Im laufenden Wintersemester zählen die Hochschulen rund 2,4 Millionen Studenten, knapp acht Prozent mehr als im Vorjahr und so viele wie nie zuvor. An Universitäten oder vergleichbaren Hochschulen sind 1,6 Millionen, an Fach- und Verwaltungsfachhochschulen 800.000 Studenten immatrikuliert.