Doktorarbeit NRW-Staatssekretär steht unter Plagiatsverdacht

Noch ein Politiker unter Plagiatsverdacht: Marc Jan Eumann, NRW-Staatssekretär für Medien, soll für seine Doktorarbeit bei sich selbst abgeschrieben haben. Der Fall ist brisant - das Institut seines Doktorvaters erhielt kurz nach der Promotion eine üppige finanzielle Förderung vom Land.
Marc Jan Eumann: Der NRW-Staatssekretär soll bei sich selbst abgeschrieben haben

Marc Jan Eumann: Der NRW-Staatssekretär soll bei sich selbst abgeschrieben haben

Foto: dapd

Der nordrhein-westfälische Medienstaatssekretär Marc Jan Eumann (SPD) soll in seiner Doktorarbeit plagiiert haben. Eumann bestätigte, dass die Technische Universität Dortmund ein offizielles Überprüfungsverfahren gegen ihn eingeleitet hat.

Der Vorwurf gegen den SPD-Politiker lautet "Selbstplagiat": Eumann soll für seine Doktorarbeit aus seiner 20 Jahre zuvor verfassten Magisterarbeit abgeschrieben haben, berichtete die "WAZ"-Mediengruppe in ihrem Recherche-Blog . Eumann, 46, hatte in Dortmund am Institut für Journalistik promoviert und 2011 den Doktortitel erhalten. Die Dissertation trägt den Titel "Der Deutsche Presse-Dienst" und beschäftigt sich mit der Geschichte der gleichnamigen Nachrichtenagentur in der britischen Zone von 1945 bis 1949.

Das Verfahren wurde nun von dem Medienwissenschaftler Arnulf Kutsch ins Rollen gebracht. Er hatte eine kritische Rezension über Eumanns Doktorarbeit verfasst. Laut "WAZ" kommt der Professor darin zu dem Urteil, der Sozialdemokrat habe vor allem seine eigene Magisterarbeit von 1991 aufgepeppt - ohne dies im Text der Doktorarbeit entsprechend deutlich zu machen oder seine eigene Magisterarbeit zu zitieren. Eumann habe seine alte Arbeit weder konzeptionell, noch methodisch oder inhaltlich-substantiell erweitert. Kutsch bemängele zudem eine mangelhafte Quellenarbeit, berichtet die "WAZ".

Eumann: "Ich habe keinen Zweifel"

Sein Doktorvater Horst Pöttker habe die Vorwürfe zum Anlass genommen, die Arbeit überprüfen zu lassen, teilte Eumann mit. Eine Kommission zur Sicherstellung guter wissenschaftlicher Praxis an der TU Dortmund soll nun klären, wie stark die Doktorarbeit auf Eumanns Magisterarbeit beruht. Dabei dürfte es vor allem um die Frage gehen, ob Inhalte, die erneut verwendet wurden, auch ausreichend gekennzeichnet sind.

In einer Vorbemerkung zur Doktorarbeit legt Eumann nämlich bereits offen, dass er Recherche-Ergebnisse für seine Magisterarbeit später für die Doktorarbeit noch einmal aufgriff: "Glücklicherweise habe ich die damals gewonnenen Informationen aufbewahrt, um sie schließlich - über 15 Jahre später - verwenden zu können", heißt es dort.

Die Überprüfung sei auch in seinem Interesse, teilte Eumann in einer schriftlichen Stellungnahme mit: "Dabei habe ich keinen Zweifel, dass meine Arbeit unter vielerlei Gesichtspunkten eine 'inhaltlich-substantielle Erweiterung' meiner unveröffentlichten Arbeit im Rahmen meines Magister-Artium-Studiums darstellt. Dies festzustellen, ist jetzt Sache der Kommission."

Institut des Doktorvaters erhielt finanzielle Förderung von NRW-Regierung

Der Fall wird durch eine angebliche Verbindung zwischen dem Institut von Eumanns Doktorvater Pöttker und der NRW-Landesregierung zusätzlich brisant: Laut "WAZ" beantragte der Dortmunder Professor nur wenige Monate nach der Verleihung der Doktorwürde an Staatssekretär Eumann für sein Institut eine finanzielle Förderung bei der Düsseldorfer Staatskanzlei. Dabei sollte es um die Weiterbildung von Lokaljournalisten in NRW gehen. Pöttker soll dafür mehr als 200.000 Euro erhalten haben, berichtet die "WAZ".

Von einer Verbindung zwischen Eumanns Promotion und dem Projekt sei ihm nichts bekannt, sagte Pöttker gegenüber der "WAZ". Er persönlich habe von der Summe keinen Cent bekommen, äußerte er am Dienstagabend gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Das Projekt gehe auf eine auf dem Medienforum NRW 2011 angekündigte Initiative der Ministerpräsidentin zurück Auch Eumann bestreitet eine Verbindung. An der Förderentscheidung zugunsten des Dortmunder Instituts für Journalistik sei er in keiner Weise beteiligt gewesen, sagte der Staatssekretär auf Anfrage. Stattdessen habe er auf eine mögliche Interessenkollision hingewiesen und sich befangen erklärt.

Eumann wurde 2010 nach der rot-grünen Regierungsübernahme in NRW Staatssekretär im Ministerium für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien. Als Vorsitzender der SPD-Medienkommission ist Eumann auch auf Bundesebene für Medienfragen zuständig. Er ist seit 1987 SPD-Mitglied.

Es ist nicht der erste Plagiatsvorwurf gegen Politiker: Am bekanntesten ist der Fall des ehemaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg. Die Universität Bayreuth entzog dem CSU-Politiker im Februar 2011 den Doktortitel, kurz darauf trat er wegen der zu großen Teilen abgeschriebenen Arbeit vom Ministeramt zurück. Seither sind auch andere Politiker ins Visier von Plagiatsjägern geraten. Aktuell muss sich auch Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) gegen Plagiatsvorwürfe behaupten.

Korrektur: Im Gegensatz zu einer früheren Version dieses Textes wurde deutlicher gemacht, dass die Mittel der nordrhein-westfälischen Landesregierung ausschließlich an das Institut gingen, das Horst Pöttker leitet. Der Betrag belief sich laut Pöttker auf ca. 202.000 Euro und nicht wie zuvor unter Bezugnahme auf die WAZ berichtet, auf mehr als 210.000 Euro. Wir haben diese marginale Abweichung korrigiert.

lgr/dpa/dapd
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