Parteivorstand hat gesprochen Entweder Sozialdemokrat oder Burschenschafter
Die Homepage lässt nicht lange rätseln, welche Ideen die "Burschenschaftliche Gemeinschaft" vertritt: "Ehre - Freiheit - Vaterland" steht in Frakturschrift über einer Deutschlandfahne. In ihren "Standpunkten" heißt es, die Gemeinschaft unterstütze "den volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff ohne Rücksicht auf staatliche Gebilde und deren Grenzen". Es habe "keine Abtretung der Ostgebiete stattgefunden", sondern diese befänden sich "im Schwebezustand, da keine Abstimmung darüber unter den Vetriebenen durchgeführt wurde". Daneben befürwortet die Burschenschaftliche Gemeinschaft eine "deutsche Machtpolitik", die "gewachsene Machtressourcen zum Vorteil des eigenen Volkes einsetzt". Zum Stichwort 8. Mai, dem Jahrestag des Kriegsendes, enthält die Homepage Buchtipps - darunter etwa "Die Kriegsgreuel der Roten Armee" oder "Alliierte Kriegsverbrechen".
Rückwärtsgewandt und stramm rechts präsentiert sich die Burschenschaftliche Gemeinschaft, die organisatorisch eng verflochten ist mit der Deutschen Burschenschaft (DB) und ein Sammelbecken der besonders nationalistischen Verbindungen bildet - für die Jusos ein rotes Tuch. Seit Monaten versuchen sie, eine förmliche Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft in Burschenschaften und der SPD zu erreichen.
Das ist den Jusos nun gelungen: In einem einstimmigen Beschluss drückte der SPD-Vorstand am Montag seine Auffassung aus, dass die in der Burschenschaftlichen Gemeinschaft vereinigten Burschenschaften als rechtsextrem anzusehen seien. Andere Bündnisse wie etwa konfessionelle Studentenverbindungen seien damit nicht angesprochen. Der 45-köpfige Vorstand ist das höchste Beschlussgremium der SPD; der Parteirat muss am 24. April noch zustimmen, was aber als Formsache gilt.
"Ich erhoffe mir eine politische Signalwirkung", sagte Niels Annen, SPD-Vorstandsmitglied und Leiter der Projektgruppe Rechtsextremismus. In einer gemeinsamen Erklärung mit dem Juso-Bundesvorsitzenden Björn Böhning und Sascha Vogt vom Bundesvorstand der Juso-Hochschulgruppen bezeichnete Annen die Burschenschaftliche Gemeinschaft als "rechtsextremen Kampfverband", der sich durch eine "völkische, biologistische und großdeutsche Sichtweise" auszeichne.
Reine Distanzierung als "zahnloser Tiger"
Dem Unvereinbarkeitsbeschluss war ein langes Ringen innerhalb der SPD vorausgegangen. Nach Querelen um Auftritte der prominenten Altgenossen Egon Bahr und Friedhelm Farthmann vor Burschenschaftern hatte der Bundesparteitag im November den Vorstand beauftragt, "die Mitgliedschaft in einer studentischen Burschenschaft oder in einem Corps grundsätzlich für unvereinbar mit der Mitgliedschaft in der SPD zu erklären". Der Parteivorstand spielte allerdings nicht mit und entschied im Januar, Mitglieder von Verbindungen aus dem Dachverband Deutsche Burschenschaften nicht grundsätzlich aus der SPD auszuschließen, sondern stattdessen eine Prüfung im Einzelfall vorzunehmen.
Die Jusos liefen mit ihrer Forderung also zunächst auf, tobten über einen "Skandal" und argwöhnten, dass der "Einfluss Alter Herren bis in den Parteivorstand reicht", so Ralf Höschele von den Juso-Hochschulgruppen. Prompt formulierten junge, linke Sozialdemokraten Ende Januar einen neuen Antrag an den SPD-Parteirat und nannten das selbstironisch eine "Never-Ending-Story". Eine reine Distanzierung ohne Unvereinbarkeitsbeschluss bleibe ein "zahnloser Tiger", heißt es im Antrag; es gehe um eine "klare Trennlinie zu rechtsextremen Burschenschaften".
Am Ende haben die Jusos nun den Beschluss erreicht, einen Teilerfolg - denn die Unvereinbarkeit bezieht sich lediglich auf die Burschenschaftliche Gemeinschaft, nicht auf die Deutsche Burschenschaft oder andere Dachverbände wie etwa die Neue Deutsche Burschenschaft (eine liberalere Abspaltung der DB), den Coburger Convent oder den Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen.
Die seltsame Szene der Studentenverbindungen hat viele Facetten: Bei weitem nicht alle sind rechtsextrem; nicht alle sind pflichtschlagend und farbentragend. Viele Verbindungen sind sogar durchaus weltoffen und haben keine Schwierigkeiten mit der Aufnahme von Ausländern, Wehrdienstverweigerern oder Frauen.