
Pinkel-Petra: Polizistin mit runtergelassener Kampfhose
Pinkel-Polizistin "Petra" "Die Frauen sind auf meiner Seite"
SPIEGEL ONLINE: Sie haben mit einer pinkelnden Polizistin in Sachsen einen Kunst-Skandal ausgelöst. Können Sie nachts noch schlafen?
Marcel Walldorf: Ich schlafe wunderbar.
SPIEGEL ONLINE: Obwohl Sie die gesamte Polizei gegen sich aufgebracht haben?
Walldorf: Ach ja, mich stört es nicht so sehr, dass die Leute jetzt gegen mich wettern.
SPIEGEL ONLINE: Sie haben die pinkelnde "Petra" vor einem Jahr im Studium kreiert. Warum denn ausgerechnet eine urinierende Polizistin?
Walldorf: Es ist keine Staatskritik, ich wollte nichts anprangern und auch keine Berufsgruppe denunzieren.
SPIEGEL ONLINE: Haben Sie diese Situation denn mal beobachtet?
Walldorf: Darum geht es: Ich habe es nicht gesehen, wollte es aber sehen. Ich habe bei Demos Polizisten gesehen, die da in ihrer Ausrüstung standen und pinkelten. Da habe ich mich gefragt: Wie machen das eigentlich die Frauen?
SPIEGEL ONLINE: Sie haben Petra nicht zum ersten Mal ausgestellt.
Walldorf: Nein, schon dreimal, und ich habe immer gute Resonanz bekommen.
SPIEGEL ONLINE: Wie ist "Petra" in die "Bild"-Zeitung gekommen?
Walldorf: Die haben von dem Kunstpreis erfahren, den ich gewonnen habe, und mich angerufen. Eigentlich ein relativ kleiner Preis, ich habe auch nur den dritten Platz belegt. Sie haben gefragt: Wie alt bist Du? Was machst Du? Du hast einen Preis gewonnen?
SPIEGEL ONLINE: Daraus wurde im Blatt dann der "erste Kunst-Skandal" des Jahres…
Walldorf: Ja, dabei gab es damals noch gar keinen Streit. Das hat niemanden interessiert.
SPIEGEL ONLINE: Inzwischen wehklagte die Gewerkschaft der Polizei, sie sehe die "Grenze der Kunstfreiheit überschritten", der sächsische Innenminister sagte, das Kunstwerk sei eine "Beleidigung für Polizistinnen". Schmeichelt es Ihnen, dass sogar der Innenminister auf Ihre Kunst reagiert?
Walldorf: Ja, klar schmeichelt es mir. Bessere Werbung für mich und schlechtere für ihn geht nicht.
SPIEGEL ONLINE: Wie waren denn bisher Ihre Erfahrungen mit der Polizei?
Walldorf: Naja, als Student bin ich schon mal hier und da mit der Polizei in Berührung gekommen - bei Demos. Ansonsten verweigere ich die Aussage. Ich bin aber ein lieber Mensch. Ein Lausbub.
SPIEGEL ONLINE: Die Polizei wird Sie jetzt bestimmt im Auge behalten.
Walldorf: In einem Forum stand so etwas tatsächlich in einem Nebensatz.
SPIEGEL ONLINE: Was gab es sonst für Kommentare?
Walldorf: Ich sei frauenfeindlich, sexistisch und pervers. Ich würde meine sexuelle Gestörtheit ausleben. Es regen sich aber eigentlich nur Männer auf, die Frauen habe ich auf meiner Seite. Ich weiß nicht, ob Männer peinlich berührt sind.
SPIEGEL ONLINE: Haben denn schon Polizistinnen zu Ihnen gesagt: Endlich thematisiert das mal jemand?
Walldorf: Es geht schon in die Richtung. Frauen finden die Skulptur nicht diskriminierend, sondern schreiben, dass die Skulptur die Situation gut aufzeigt. Wobei ich natürlich nicht weiß, ob auch Polizistinnen unter den Frauen sind.
SPIEGEL ONLINE: Bereuen Sie, das Interview gegeben zu haben?
Walldorf: Nein, für mich als Student ist es eine einmalige Chance zu sehen, wie der Kunstmarkt und die Medien funktionieren. Da kann ich gut für später trainieren.
SPIEGEL ONLINE: Sie haben in den vergangenen Tagen ziemlich viel trainiert.
Walldorf: Bei mir klingelt permanent das Telefon. Insgesamt haben etwa 30 Journalisten angefragt. Dabei habe ich eigentlich gar keine Zeit. Ich muss zusehen, dass ich nicht ins Schleudern gerate und meine Arbeit fertig bekomme. Am Freitag habe ich meine erste eigene Ausstellung. Der Hype hat mich kalt erwischt, aber genauso kalt lässt er mich auch.
SPIEGEL ONLINE: Schwer zu glauben, schließlich profitieren Sie davon.
Walldorf: Klar, das ist super für mich. Etwas Besseres kann mir nicht passieren. Aber ich werde davon nicht übermütig, sondern versuche, es so relaxt wie möglich zu sehen.
SPIEGEL ONLINE: Was sagen Ihre Freunde?
Walldorf: Die freuen sich alle. Ich bekomme unheimlich viel Rückhalt von meinen Professoren und Mitschülern.
SPIEGEL ONLINE: Und was ist mit Ihrer Mitbewohnerin, die Modell stand?
Walldorf: Naja, ihr Genital kennt jetzt zumindest jeder.
SPIEGEL ONLINE: Gab es Reaktionen seitens des Kunstmarkts?
Walldorf: Es haben sich viele Sammler gemeldet, denen meine Arbeit gefällt und "Petra" ist auch schon verkauft.
SPIEGEL ONLINE: Wird es bald einen "Peter" geben?
Walldorf: Nein, "Petra" bleibt allein.
Das Interview führte Frauke Lüpke-Narberhaus