Beginn des Plagiatsverfahrens Schavan startet Gegenoffensive

Annette Schavan (Archiv): Den Doktortitel will sich die Ministerin nicht nehmen lassen
Foto: dapdSie will um ihren Doktortitel kämpfen, das hatte Annette Schavan (CDU) lange angekündigt. Gerade erst hat das Hauptverfahren an der Uni Düsseldorf gegen Annette Schavan begonnen, da geht die Bildungsministerin in die Offensive: Sie weist erneut alle Vorwürfe von sich und fordert die Uni auf, "externe Fachgutachten" einzuholen.
Mit einem kurzen Statement lässt sich Schavan wie folgt zitieren: "Die intensive Beschäftigung mit dem Text meiner Dissertation bestärkt mich in meiner Überzeugung, dass meine Dissertation kein Plagiat ist." Sie habe auch mit "zahlreichen Fachwissenschaftlern" darüber gesprochen.
Außerdem sagte sie: "Ich gehe davon aus, dass mit der Eröffnung eines ergebnisoffenen Verfahrens jetzt auch verbunden ist, externe Fachgutachten einzuholen." Damit spielt die Ministerin darauf an, dass sich die Entscheidung der Uni, ein Verfahren gegen sie einzuleiten, vor allem auf ein einziges Gutachten stützt, das der Vorsitzende des Promotionsausschusses erstellt hatte. Sie sei, so Schavan, davon überzeugt, dass die "unbegründeten Plagiatsvorwürfe ausgeräumt werden".
Rückendeckung bekam die Ministerin von Angela Merkel. Die Kanzlerin schätze Schavans Arbeit, "und sie hat volles Vertrauen in ihre Arbeit", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Er betonte, dass Schavan als selbstverständlich unschuldig gelte. Merkel sehe keine Einschränkung der Arbeit Schavans.
Am Dienstagabend hatte der Dekan der Philosophischen Fakultät in Düsseldorf, Bruno Bleckmann, angekündigt, die Uni werde das Hauptverfahren zum Titelentzug gegen Schavan eröffnen. Mit 14 Ja-Stimmen und einer Enthaltung habe sich der Fakultätsrat in geheimer Abstimmung für ein solches Vorgehen ausgesprochen. Die Prüfung erfolge nun "ergebnisoffen" und "ohne Ansehen der Person und ihrer Position", so Bleckmann. Der Fakultätsrat wird sich am 5. Februar wieder mit der Sache befassen. Zur Frage, ob weitere Gutachten eingeholt werden sollen, sagte er nichts. Bleckmann sagte lediglich, der Fakultätsrat werde sich in den kommenden Wochen mit den "Unterlagen des Promotionsausschusses und der Stellungnahme der Betroffenen auseinandersetzen".
Die Forderung nach einer zweiten Meinung hatte zuvor bereits der Präsident der Berliner Humboldt-Universität, Jan-Hendrik Olbertz, erhoben. Ein zweites Gutachten sei "zwingend", sagte er der "Berliner Morgenpost". Olbertz war von 2002 bis 2010 für die CDU Kultusminister in Sachsen-Anhalt. Zu Olbertz Amtsantritt war auch seine Dissertation aus DDR-Zeiten in die Kritik geraten. Ein Historiker warf Olbertz damals vor, er habe eine DDR-Propagandaschrift verfasst. Olbertz wehrte sich, anders habe man im DDR-Sozialismus gar nicht promovieren können, andere hätten das auch getan.
"Verjährung" für Plagiate?
Noch ist unklar, wie das Verfahren gegen Schavan ausgeht, aber die Grünen-Bundestagsfraktion ließ schon einmal vorsorglich wissen: Im Falle einer Aberkennung des Doktorgrads müsse Schavan zurücktreten. Die wissenschaftspolitische Sprecherin Krista Sager sagte im "Deutschlandfunk", dass der Fakultätsrat ein förmliches Verfahren einleite, sei "ein gravierender Hinweis", dass die Vorwürfe offenbar Substanz hätten. Sager kritisierte, dass die Prüfung der Universität bereits neun Monate dauert und die Uni noch immer ohne konkreten Zeitplan und ergebnisoffen prüfe. Studentenvertreter der Liberalen Hochschulgruppe verlangten sogar, Schavan müsse sofort von ihrem Ministeramt zurücktreten.
Zuspruch bekam die Ministerin vom Historiker Paul Nolte, er hält die Täuschungsvorwürfe für unverhältnismäßig. Außerdem sei es an der Zeit, über eine Verjährung für Plagiate nachzudenken, sagte der Geschichtsprofessor an der Freien Universität Berlin im "Deutschlandradio Kultur". Die zähe Prüfung der Universität Düsseldorf sei ein sehr fragwürdiges Verfahren, mit dem Leben eines Menschen umzugehen. Man müsse in Rechnung stellen, dass sich Fachkulturen, Zitierkulturen, und Wissenschaftskulturen verändert hätten. Allerdings habe man auch 1980, zu Zeiten von Schavans Doktorarbeit, gewusst, was ein korrektes Zitat ist.