Privatuni in Dresden
Der König bekommt einen neuen Thron
Polit-Rentner Kurt Biedenkopf geht wieder arbeiten. Sachsens früherer Ministerpräsident soll Chef einer frisch gegründeten Privatuniversität in Dresden werden. Schon im Herbst will die "Dresden International University" an den Start gehen - mit wenig Geld und viel Optimismus.
Dresden - So richtig leicht geht der Name der neuen Universität, die in Dresden gegründet werden soll, noch keinem der Herren auf dem Podium von den Lippen. "Dresden International University", kurz "DIU", soll sie heißen. Doch wie wird das nur ausgesprochen? Von "dai-juh" über "di-ih-juh" bis "de-ai-juh" ist am Dienstag bei der Pressekonferenz zur Geburt alles zu hören. Besonders Achim Mehlhorn, Rektor der TU Dresden, überrascht die Zuhörer durch immer neue Ausspracheideen.
Die Dresdner Pläne lassen nicht nur wegen des Namens-Kuddelmuddels aufhorchen: Immerhin legt sich, bisher eine Seltenheit, eine große deutsche Hochschule einen privaten Ableger zu, vor allem zur Ausbildung von Post-Graduierten, also von Menschen, die bereits ein Studium abgeschlossen haben. Angebote soll es in den Bereichen Natur- und Ingenieurwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften und Jura geben - gegen Bares.
15.000 Euro Gebühren sind etwa für einen Kurs über vier Semester im Gespräch. Vorgesehen sind unter anderem "Health Care Management", "Logistik" und "Wirtschaftsjurist", allesamt Aufbaustudiengänge mit Masterabschluss. Läuft alles nach Plan, sollen die ersten Studenten schon im Herbst loslegen.
Chef der neuen Uni wird Kurt Biedenkopf, früherer Ministerpräsident von Sachsen. "König Kurt" war im April 2002 nach mehreren Affären wegen des Verdachts der persönlichen Vorteilsnahme zurückgetreten und sitzt derzeit noch für die CDU im Landtag. "Eine großartige Aufgabe" nennt Biedenkopf seinen neuen Job, der vor allem in der Koordination und im Akquirieren von Kapital bestehen soll. Ob er eines Tages wieder selbst im Hörsaal stehen wird, habe er "noch nicht entschieden", sagt der Jura-Professor.
Der neue Chef hat Erfahrung - die braucht er auch
Für den Job an der Uni-Spitze qualifiziert Biedenkopf durchaus mehr als nur der Umstand, dass "König Kurt" einen neuen Thron braucht. Immerhin bringt Biedenkopf Erfahrung mit: Der Jurist war von 1967 bis 1969, mitten während der Studentenrevolte, Rektor der Ruhr-Universität Bochum.
Diese Kenntnisse - und vor allem viel Erfindergeist - wird Biedenkopf nun auch brauchen. Denn das Umfeld für die Neugründung sieht nicht rosig aus. So droht beispielsweise die mit viel Pomp in Berlin gegründete Wirtschaftshochschule ESMT in Berlin mangels Kapital zum Rohrkrepierer zu werden, weil sich die Wirtschaft offenbar schwer tut, die für das Stiftungskapital in Aussicht gestellten Millionen zu überweisen. "Manche zahlen in der Tat ziemlich schleppend", beschwerte sich Hochschulpräsident Derek F. Abell unlängst im SPIEGEL.
Auch die private Universität Witten/Herdecke und andere Einrichtungen halten sich nur mühsam über Wasser. Der große Gründungsboom der Privathochschulen ist ohnehin vorbei. In Dresden scheint das niemanden zu schrecken. Die Privatuni-Macher bemühen sich, jegliche Zweifel an ihrem Konzept zu zerstreuen; ihr Optimismus erinnert an die goldenen Zeiten des Dot.com-Booms.
Kompliziertes Uni-Geflecht
Dabei sind kritische Fragen durchaus angebracht. So soll die neue Hochschule mit einem Darlehen von nur 300.000 Euro gut zwei Jahre lang über die Runden kommen - ein Minibetrag im Vergleich zur ESMT mit einem Stiftungskapital von 100 Millionen Euro. Trotzdem soll die DIU bereits am 2005 Gewinne erwirtschaften, wird auf der Gründungs-Pressekonferenz immer wieder versichert.
Finanziert und getragen wird die neue Uni von einem komplizierten Firmengeflecht. Weil sich die TU Dresden als staatliche Uni nicht selbst eine private Hochschule gründen darf, übernimmt das die "TU Dresden AG" (TUDAG). In dieser Holding sind derzeit schon uninahe Unternehmen mit insgesamt etwa 250 Mitarbeitern zusammengefasst, darunter das Sprachlernzentrum TUDIAS. Getragen wird diese Firma wiederum von der "Gesellschaft der Freunde und Förderer der TU Dresden" (GFF).
Die TUDAF vergibt ein Darlehen an die Privathochschule, eine nach Ansicht von Biedenkopf deutschlandweit einmalige Konstellation: "Bisher gibt es keine Gründung, die sich auf ein Unternehmen mit erheblichen Umsätzen und Gewinnen stützt."
Die staatliche Anerkennung fehlt noch
Damit die neue Privatuni erfolgreich starten kann, brauchen die Macher nun zahlungswillige Studenten. "In Deutschland ist es bisher nicht ausgeprägt, dass man für weiterführende Bildung zahlt", räumt TUDAG-Vorstand Peter Offermann ein. Doch das soll sich ändern. Zumindest bei den Postgraduierten sei die Zeit für Studiengebühren reif, meint auch Gründungspräsident Biedenkopf und berufst sich auf "realistische Einschätzungen der Marktverhältnisse".
Noch kann die DIU keine eigene Abschlüsse verleihen. Ihr fehlt die staatliche Anerkennung. Doch Biedenkopf macht das keine Angst. "Es besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass das sächsische Wissenschaftsministerium uns schnell anerkennen wird", sagt er und grinst.