Deutschlands beste Professoren "Ich bin froh, dass ich überlebt habe"
Ein Morgen im Okawango-Delta. Die Sonne scheint, schnell fahren die Forscher im Motorboot den Fluss hinunter, sehr schnell, erinnert sich Julia Fischer, das Reet ein verwischter Streifen rechts und links, gleich sind sie an der Forschungsstation - doch da springt auf einmal etwas Riesiges, Dunkles, Schweres vor ihnen ins Wasser.
Ein Flusspferd, Hippopotamus amphibius, kann die Größe eines Pick-ups erreichen, bis zu fünf Meter lang werden und bis zu viereinhalb Tonnen schwer. Beim Zusammenstoß mit einem Boot zerlegt es eher das Boot samt Passagieren als den Hippo, "und bevor man das Ufer erreicht", sagt Fischer, "beißt er einem die Beine ab."
Die Göttinger Biologieprofessorin Julia Fischer, 46, ist oft in Afrika. Sie untersucht dort Paviane und Berberaffen, weil sie verstehen will, was den Menschen erst zum Menschen macht. Wo sind die evolutionären Wurzeln von Kommunikation, von Aggression oder überhaupt von Gemeinschaft, Familie?
Die Buschfrau wirkt eher wie eine Top-Managerin
Es hört sich erst mal aufregend und abenteuerlich an, wenn Fischer von Botswana berichtet ("Ich bin froh, dass ich überlebt habe") oder von ihrer aktuellen Forschungsstation im Senegal, von den Pavianen, die von Mitarbeitern mit Hilfe von Erdnüssen in Käfige gelockt werden, um sie mit GPS-Sendern zu versehen. Aber es kann auch gefährlich werden, nicht nur wegen giftiger Schlangen oder genervter Paviane.
Wie oft stand Fischer Auge in Auge mit einem Löwen, die Knie "so weich wie Pudding"? Und das Flusspferd hatte sie nur überlebt, weil es im richtigen Moment so tief ins Wasser sank, dass sie, was für ein Glück, mit dem Boot darüber hinwegjagen konnten.
Wer Julia Fischer in ihrem Büro im Deutschen Primatenzentrum begegnet, kann sich die Buschfrau in ihr nur schwer vorstellen. Eher wirkt sie wie eine Top-Managerin in Bluse und Bluejeans: attraktiv, cool, erfolgreich.
Fischer hatte zunächst Lateinamerikanistik und Politik studiert, nicht lange, sagt sie mit einem Achselzucken, denn "das war mir alles zu vage". Dann driftete sie in die Naturwissenschaften. "Ich hatte damals zwar nicht viel Ahnung von Mathe, Chemie oder Physik, aber das war mir egal, kann man ja lernen, dachte ich."

Deutschlands beste Professorin: Attrativ, cool, erfolgreich
"Nur wer seine Ziele kennt, kann sie erreichen"
Schnell erkannte Fischer, dass sie vor allem forschen wollte, draußen im Feld, nicht im Labor. So kam es, dass sie nach ihrem Studium für 18 Monate nach Botswana ging, um dort in erster Linie Paviane zu beobachten. Zurück in Deutschland, arbeitete sie vier Jahre am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig, 2004 erhielt sie den Ruf an die Uni Göttingen, in den Naturwissenschaften noch eine Männerdomäne. Als sie anfing, sagte ein Kollege zu ihr: "Sie sind ja nur eine Quotenfrau."
Julia Fischer lacht heute darüber. Vielleicht liegt es daran, dass sie als Verhaltensbiologin einen besonderen Blick auf die Menschen hat. "Ich erkenne", sagt sie, "die Primatenuniversalien". Auch Affenbabys reiben sich die Augen, wenn sie müde sind. Affen starren, wie Exemplare des Homo sapiens, ihre Neugeborenen fasziniert an. Und Dominanzgehabe, einer von Fischers Schwerpunkten in der Forschung, gibt es hier wie dort.
Einmal beobachtete Fischer, wie ein fremdes Männchen sich einer Paviangruppe näherte. Sofort stürmte das Alphamännchen los, schnappte sich ein Baby und schlug mit seinem Nachwuchs unterm Bauch den Gegner in die Flucht. "In einer Gruppe", so Fischer, "behauptet sich eben nicht unbedingt der Stärkste, sondern derjenige, der alles riskiert, um zu gewinnen."
Das predigt sie ihren Studenten in jeder Einführungsvorlesung. "Überlegen Sie sich als Erstes", sagt sie immer, "was Ihre Interessen sind, Ihre Leidenschaften. Was wollen Sie wirklich? Nur wenn Sie Ihre Ziele kennen, können Sie sie erreichen."