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Studentisches Filmprojekt: Zum Schluss gab's doch noch Pinguin

Foto: Projekt: Antarktis

Studentisches Filmprojekt Zum Schluss gab's doch noch Pinguin

Vernünftig sein? Das interessierte drei Freunde aus Bremerhaven nicht. Sie wollten lieber einen Film drehen - in der Antarktis und fürs Kino. Und die Studenten haben es tatsächlich geschafft.
Von Britta Mersch

Handys sind bei dieser Filmpremiere ausdrücklich erlaubt. Zumindest nachdem die drei Filmemacher geduldig Fragen aus dem Publikum beantwortet haben. Sie bitten die Zuschauer, die Taschenlampen von ihren Smartphones anzumachen. "Das gibt einen unglaublichen Effekt", erklärt Tim David Müller-Zitzke, 24. Er und seine beiden Freunde drehen dem Publikum den Rücken zu, fotografieren sich selbst. Im Hintergrund auf dem Bild: mehr als hundert hell leuchtende Sterne.

Zusammen mit Michael Ginzburg, 30, und Dennis Vogt, 25, ist Tim gerade auf Deutschlandtour. Hannover, Bremen, Rostock, Leipzig, Berlin: Fast täglich besuchen die drei ein anderes Kino. "Ihr werdet einen Film sehen, wie es ihn noch nie gegeben hat", verspricht Tim den Zuschauern. "Projekt Antarktis"  haben sie ihre Unternehmung getauft.

Wer alleine Geschichten von der Antarktis, von Walen, Delfinen, Pinguinen, gefrorenen Bärten erwartet, liegt falsch. Den Plot des Films bilden die drei Freunde selbst. Sie zeigen eine Reise, die in Bremerhaven startet, in Frankfurt weitergeht, in Buenos Aires fast zu Ende ist, in Ushuaia wieder Fahrt aufnimmt und ihren Höhepunkt in der Antarktis findet. Aber der Reihe nach.

Projekt droht zu scheitern

Der Film - das ist tatsächlich ungewöhnlich - wird chronologisch erzählt. Gezeigt wird Tim, wie er kurz vor der Reise zu Hause in Bremerhaven einen Teller mit Reis isst und mit seiner Oma telefoniert. Michael, der seine Sachen packt. Der Einkauf im Outdoorshop. Tests mit der Kamera: "Soll ich lieber in die Kamera schauen oder daneben", fragt Dennis den unsichtbaren Kameramann. Und man erfährt: Vieles verläuft anders als geplant. Wie der Zwischenstopp in Buenos Aires.

Eigentlich wollen die drei am internationalen Flughafen in Buenos Aires nur umsteigen und weiterfliegen nach Ushuaia, wo sie das Expeditionsschiff Ortelius betreten wollen, das sie zur Antarktis bringt. Aber der Zoll kassiert das Gepäck. Nicht die Koffer mit den Klamotten, aber fast das komplette Kameraequipment, das die drei von Bremerhaven in die Antarktis schleppen. "Dabei hatten wir die Einfuhr ordentlich angemeldet", sagt Michael.

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Doch die Zollbeamten lassen nicht mit sich reden. Erst am Montag sei es möglich, die Sache zu klären, wird den dreien gesagt. Also: Hotel suchen, telefonieren, Flüge umbuchen, warten, zittern, mit einem Broker telefonieren, wieder warten, erneut den Flug umbuchen. Dann die erlösende Nachricht: Die drei können ihr Gepäck abholen. Gerade noch rechtzeitig bekommen sie den letzten Flieger, um die Ortelius zu betreten.

Die Wale leider verpasst

"Wir waren euphorisch. Wir dachten, wir haben es geschafft", sagt Michael. Doch die Fahrt macht ihnen zu schaffen. Sie fahren durch die Drakepassage, bekannt für meterhohe Wellen und rauhe Stürme. Man sieht, wie die Jungs leiden. Dennis mit einem Pflaster hinterm Ohr, es soll vor Reiseübelkeit schützen: "Es hat aber auch einen anderen Effekt. Man sieht nicht mehr klar", sagt er im Film.

Vieles funktioniert nicht so, wie es soll. Als Wale im Meer gesichtet werden, sind die drei zu spät an Deck. Wichtige Bilder für den Film fehlen. Ob sie zur Kolonie der Kaiserpinguine fliegen können: unklar. Wegen des Sturms kann der Helikopter nicht starten. Dann die Erleichterung: Es geht los. Sie kommen den Pinguinen ganz nahe, machen wunderbare Bilder: "Wir konnten es kaum fassen", erzählt Michael.

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Als Polarforscher hat Michael schon viele Expeditionen durchgeführt. So haben die drei das Glück, dass sie sich alleine im Eis bewegen dürfen, ohne Guide. Die drei sind euphorisch, müssen aber immer wieder mit Rückschlägen kämpfen. Ein Jahr lang haben sie die Reise vorbereitet - aber eins nicht einkalkuliert: dass sie selbst krank werden könnten. Doch Michael fängt sich eine Grippe ein, Tim steckt sich an. Dazu die vielen Wellen, der Sturm, die Reiseübelkeit. Die Stimmung in der Gruppe kippt.

130 Stunden Filmmaterial

Als dann noch Kameras ausfallen, wegen des Schnees und der Nässe, scheint es vorbei. Das Filmprojekt droht zu scheitern. War das Ziel, einen Film über die Antarktis zu machen, zu ambitioniert? Doch im Eis kommt die Erleuchtung: Wir haben genug Material! Wir haben genug zu erzählen! Über uns, die Reise, die Antarktis!

130 Stunden Filmmaterial haben Michael, Tim und Dennis aus der Antarktis mitgebracht. Ein Team wurde aufgebaut für Schnitt, Marketing, Vertrieb. Ein Drehbuch gab es vorher nicht. Und vermutlich ist es das, was den Film so sympathisch macht. Dass nicht jedes Bild akribisch geplant, dass einiges dem Zufall überlassen wurde. Und dass sie es doch geschafft haben. Das Versprechen an die Sponsoren, den Film in diesem Herbst in die deutschen Kinos zu bringen, haben sie gehalten.

Tim, Michael und Dennis wirken, als könnten sie es selbst nicht glauben. Was das nächste große Projekt ist, fragen die Zuschauer. "Konkrete Pläne haben wir noch nicht", sagt Dennis. Nur eins: Die Bachelorarbeit im Studiengang Digitale Medien steht für Tim und Dennis an. Die sollte nach diesen Erfahrungen eigentlich ein Klacks sein.

"Projekt: Antarktis. Die Reise unseres Lebens" läuft seit dem 25. Oktober im Kino.

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