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Rechter Wiener Akademikerball: Walzer, rechtsherum

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Streit um rechten Akademikerball Mit Schmiss auf die Tanzfläche

Wien stellt sich auf Randale ein. Zum Akademikerball am Freitag kommen Burschenschafter und Rechtsextreme aus ganz Europa. Was aussehen soll wie ein Alumni-Tanz, ist ein von der FPÖ organisiertes Szenetreffen. Gegner planen heftigen Protest.

Wien - Es soll eine "märchenhaft rauschende Ballnacht" werden, versprechen die Veranstalter. Mit allem, was zu einem klassischen Wiener Ball gehört: Eine Fächerpolonaise soll es geben und um Mitternacht eine Publikumsquadrille sowie jede Menge Walzermusik. Damen tragen bodenlange Abendkleider, die Herren kommen in Frack, Smoking oder Uniform.

Der Akademikerball, der am Freitag in der Hofburg der österreichischen Hauptstadt Wien steigen soll, sieht der Ankündigung nach aus wie eines der üblichen pompösen Ereignisse der Ballsaison. Doch ganz so einfach ist es nicht. Denn kein anderer Ball in der Hofburg wird von der rechtspopulistischen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) organisiert.

Vor zwei Jahren sorgte ein Vorfall um deren Chef Heinz-Christian Strache, der gute Kontakte ins rechtskonservative Studentenmilieu unterhält, bei dem Verbindungsfest für einen Eklat. Wegen Protesten gegen den Burschenschafterball, so zumindest berichtete es die Tagezeitung "Der Standard", soll Strache sich und seine Anhänger als "die neuen Juden" bezeichnet habe. Demonstranten hatten angeblich Gäste attackiert. Die Rechten sahen sich verfolgt, Strache verglich die Situation laut "Standard" mit der "Reichskristallnacht". Der Politiker beharrte später darauf, falsch zitiert worden zu sein, auf einen Rechtsstreit ließ er es nicht ankommen.

Für diesen Freitag nun haben erneut zahlreiche Initiativen Protest gegen das Tanzvergnügen angekündigt. Zu einer Großdemonstration in der Wiener Innenstadt rechnen Antifa-Gruppen mit mehreren tausend Teilnehmern, auch aus Deutschland sollen Demonstranten mit Bussen anreisen - und die Polizei stellt sich auf Randale ein: Eine Demo am Heldenplatz in der Innenstadt wurde verboten, Hundertschaften sollen die Ballbesucher schützen. Die Wiener FPÖ warnt vor Hamburger Verhältnissen, damit spielt sie auf die Krawalle rund um das besetzte Hamburger Kulturzentrum Rote Flora im Dezember an. Die Wiener Polizei kündigt an, einen weiträumigen Gefahrenbereich mit "Platzverboten" um die Hofburg einzurichten, in der auch der österreichische Bundespräsident seinen Amtssitz hat. Wegen befürchteter Militanz entscheidet dann wohl die Polizei, wer sich der Hofburg nähern darf.

Walzer, rechtsherum

Der Akademikerball ist die inoffizielle Nachfolgeveranstaltung des Balls des Wiener Korporationsrings (WKR). Die meisten Mitgliedsverbindungen der WKR gelten als deutschnational bis rechtsextrem, viele sind schlagend und farbentragend. Der neue Name des Balles wurde nach dem "Standard"-Bericht über Straches "Juden"-Entgleisung von 2012 nötig. Danach sollten die rechten Verbindungen eigentlich aus der Hofburg verbannt werden, doch am Ende fand sich eine österreichische Lösung: Der Ball heißt nun anders und darf weiter im Nationalheiligtum Hofburg gefeiert werden. Organisator ist wie eh und je FPÖ-Gemeinderat Udo Guggenbichler.

Auch wenn sich der Name der rechten Party geändert hat: Bislang kamen zum Akademikerball neben Burschenschaftern auch stets Rechtspopulisten aus ganz Europa. Die französische Front-National-Vorsitzende Marine Le Pen, Filip Dewinter vom belgischen Vlaams Belang oder der wegen Volksverhetzung verurteilte NPD-Funktionär Jörg Hähnel gehörten schon zu den Gästen. Vertreter der Schwedendemokraten, der slowakischen Nationalpartei und der italienischen Lega Nord sind regelmäßig auf der FPÖ-Feier zu Gast.

Bei der Veranstaltung der Ball-Gegner am Stephansplatz sollen unter anderem Holocaust-Überlebende sprechen. Der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser hält das Demo-Verbot direkt vor der Hofburg für rechtsstaatlich untragbar, wenn "die halbe Innenstadt zum Sperrbezirk erklärt wird, um eine Kundgebung am Heldenplatz zu untersagen, die in den letzten Jahren dort ohne Zwischenfälle stattgefunden hat". Es gebe ein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und nicht ein Grundrecht auf demonstrationsfreie Ballbesuche. Als eine der wenigen forderte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ), die Veranstaltung abzublasen. In Innsbruck hatte man schließlich vor kurzem ein Treffen der rechten "Deutschen Burschenschaft" in der städtischen Messehalle unterbunden. Die Stadt kündigte den Vertrag ihrer Messegesellschaft mit der Burschenschaft und nahm damit eine Vertragsstrafe in Kauf.

Abblasen dürfte in Wien jedoch kaum möglich sein, denn die FPÖ sitzt im Parlament und hat damit ein Anrecht, die Hofburg zu mieten. Ihre Anhänger haben für den Freitag ebenfalls eine Demonstration am Rand des Sperrgebiets um die Hofburg angekündigt. Das Betreiberkonsortium der Hofburg hält sich aus dem Streit heraus. Holocaust-Überlebende hatten in einem Brief an das Konsortium kritisiert, dass die im Eigentum der Republik stehende Hofburg noch immer ihre Tore für Vertreter rechtsextremer Vereine öffne.

Im Antwortschreiben schrieb das Konsortium knapp, für die inhaltliche Gestaltung sei der Veranstalter zuständig. Ein wenig schämt man sich bei der Wiener Kongresszentrum Hofburg Betriebsgesellschaft m.b.H. aber wohl doch: Im Terminkalender der Hofburg ist für Freitag keine Veranstaltung eingetragen.

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