Hilfe vom WG-Psychologen Mein Mitbewohner wäscht exzessiv

Björn ist zufrieden mit seinem WG-Leben - wäre da nicht der Waschzwangs seines Mitbewohners. Nun fängt sogar die Wohnung an zu schimmeln, doch Björn vermeidet den Konflikt. WG-Psychologe Büter sagt: Dieser Streit ist unausweichlich.
Nur noch ein Maschinchen: Björns Mitbewohner wäscht und wäscht

Nur noch ein Maschinchen: Björns Mitbewohner wäscht und wäscht

Foto: Corbis

Wohngemeinschaften sind eine tolle Erfindung. Das einzig Lästige sind die Mitbewohner. Sie spülen nicht ab, leeren fremde Nutella-Gläser, haben lauten Sex und noch lautere Musikanlagen. Was tun?

WG-Krach war für Ludger Büter lange Alltag. Der Psychologe schlichtete im Auftrag des Kölner Studentenwerks Konflikte in Wohngemeinschaften. Hier lindert er den WG-Kummer unserer Leser. Schreibt uns, was euch in den Wohnwahnsinn treibt an wg-kummer@spiegel.de .

Björn, 27, schreibt:

Lieber Herr Büter,

ich wohne seit zwei Jahren mit meinem Mitbewohner zusammen. Unser Verhältnis ist sehr gut. Deshalb fällt es mir schwer, das Problem anzusprechen: Mein Mitbewohner hat offenbar ein echtes Waschproblem.

Vor einiger Zeit hatte ich eine neue Waschmaschine angeschafft, die wir beide benutzen. Mein Mitbewohner wäscht allerdings überdurchschnittlich viel. Und zwar wirklich viel. Ich spreche von monatlich 20 Waschgängen, also pro Woche etwa fünf Maschinen. Das entspricht einer dreiköpfigen Familie! Dieses Problem habe ich noch nie angesprochen, weil es zwangsläufig zu dicker Luft führen würde.

Hinzu kommt, dass er die Wäsche meistens zum Trocknen ins Wohnzimmer an die Heizung hängt. Das hat schon zu Schimmel geführt, den wir entfernen mussten. Darüber habe ich mit ihm bereits gesprochen, er war zunächst auch einsichtig. Dann hat er aber wieder angefangen, seine Wäsche im Wohnzimmer aufzuhängen. Seine Begründung: Im Speicher direkt nebenan würde sie zu langsam trocknen und hinterher komisch riechen.

Das kann nur ein Hirngespinst sein. Ich hänge meine Wäsche schon seit zwei Jahren dort auf, ohne Probleme. Mich belastet das Thema sehr. Ich fresse den Ärger in mich hinein und sehe das ansonsten tadellose WG-Verhältnis in Gefahr.

Wie gehe ich diese Thematik am besten an, ohne dass er sich angegriffen fühlt? Schließlich zähle ich die Waschgänge heimlich mit...

MfG

Björn

WG-Psychologe Ludger Büter antwortet:

Lieber Björn!

Sie genießen das insgesamt sehr gute WG-Verhältnis, haben aber Angst, es mit Bitten an den Nachbarn zu vergiften. Aber sollte man eine WG nicht auch oder gerade dann als "besonders gut" bezeichnen dürfen, wenn sie belastbar ist und aufkommende Konflikte entschärfen kann?

Das Umfunktionieren eines Wohnraums in eine Trockenkammer mit fast täglicher Beanspruchung ist ein Unding. Neben dem Schimmel, der Ihrer Gesundheit schadet, freuen sich auch lästige Insekten über das feuchtwarme Angebot. Sie haben also sehr gute Gründe, mit dem Nachbarn eine neue Vereinbarung über Wasch- und Trockenprozedur zu treffen.

Stellen Sie sich auf ein Gespräch ein, welches Ihnen die befürchteten Reaktion ihres Mitbewohners nicht ganz ersparen kann. Bedenken Sie: Ihr Mitbewohner zeigte wenig Respekt vor Ihrer Bitte um Nutzung des Trockenraumes. Er berücksichtigte sie nur kurze Zeit, bevor er sie wieder ignorierte. Möglicher Ärger mit Ihnen verursacht ihm also sehr viel weniger Sorgen und Vorbehalt, als Sie empfinden.

Ferner sehe ich bereits ein Entgegenkommen ihrerseits darin, ihm die Waschmaschine so häufig zu überlassen. Das müsste doch bereits zu Einschränkungen der Nutzung für Sie selbst führen.

Ziel einer neuen Vereinbarung mit Kompromisscharakter könnte also sein: Ihr Nachbar wäscht seine Wäsche wie bisher, nutzt aber in Zukunft ausschließlich den Trockenraum.

Zuletzt gehe ich davon aus, dass Ihr gutes Zusammenleben auch für den Mitbewohner etwas ist, was er nicht an zumutbaren Einschränkungen seines Waschprogramms wird scheitern lassen wollen.

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Wohngemeinschaften sind toll, das einzig Lästige sind die Mitbewohner. Sie leeren dein Nutella-Glas, haben lauten Sex und noch lautere Musikanlagen. Oder weint dein Zimmernachbar dauernd und wirkt depressiv? Schreist du alle nur noch an? Bei WG-Kummer hilft Erziehungswissenschaftlerin Sabine Stiehler. Schick deine Fragen, Sorgen, Probleme an wg-kummer@unispiegel.de . Mit einer Einsendung erklärst du dich mit einer anonymen Veröffentlichung auf SPIEGEL ONLINE und sämtlichen anderen Medien der SPIEGEL-Gruppe einverstanden.

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