Ratloses Bildungsministerium
Nützen Studiengebühren? Keine Ahnung
Die Studiengebühren sterben in Deutschland allmählich aus, und zum Abschied wird eine alte Frage noch einmal neu gestellt: Verbessert das Studentengeld tatsächlich die Qualität der Hochschulbildung? Die Antwort der gebührenfreundlichen Bundesregierung: Wir wissen es nicht.
Schwierige Frage: Welche messbaren Erfolge haben Studiengebühren gebracht?
Foto: Wolfgang Kumm/ dpa
Im Ministerium von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU), eigentlich eine Anhängerin eines kostenpflichtigen Erststudiums, weiß man nicht genau, ob Studiengebühren sich positiv auf die Studienqualität in Deutschland ausgewirkt haben oder nicht.
In einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion ("21. Welche messbaren Qualitätsverbesserungen sind an den Hochschulen [...] durch die Einführung von Studiengebühren eingetreten?") heißt es in der Vorabfassung: "Der Bundesregierung liegen keine Daten zur Qualitätsentwicklung an Hochschulen vor, die sich monokausal auf die Einführung von Studiengebühren zurückführen ließen." Auch lägen keine Zahlen darüber vor, wie viele zusätzliche Stellen durch die Gebühren geschaffen wurden.
Am Mittwoch wird sich der Bildungsausschuss des Parlaments mit dem Streit um Studiengebühren beschäftigen. Bei einer Anhörung sollen auf Wunsch von Union und FDP Experten darüber Auskunft geben, ob Studiengebühren junge Menschen vom Studium abhalten. Denn zu dieser Frage gibt es zwar einige Studien, die aber unterschiedlich interpretiert werden: Die einen sagen ja, die anderen nein. Ebenso umstritten ist bereits seit Einführung der Campusmaut, ob sich eine Gebühr von 1000 Euro pro Student und Studienjahr wirklich positiv auf die Qualität der Lehre auswirken kann, wie Gebührenbefürworter versichern.
Kai Gehring, hochschulpolitischer Sprecher der Grünen und erklärter Gebührengegner, sagte zum Ergebnis der Kleinen Anfrage, Schavan müsse nun einräumen, dass Studiengebühren keine messbaren Qualitätsverbesserungen gebracht hätten. "Studiengebühren werden zweckentfremdet, schrecken ab und sind unsozial. Deshalb war es konsequent, dass die meisten Bundesländer die Campusmaut wieder abgeschafft haben."
Zwei Länder halten noch an Gebühren fest
Das Bundesverfassungsgericht hatte 2005 ein von Rot-Grün eingeführtes bundesweites Studiengebührenverbot gekippt und dem Bundestag dazu die Gesetzgebungskompetenz abgesprochen. Daraufhin hatten sieben unionsgeführte Bundesländer Studiengebühren ab dem ersten Hochschulsemester eingeführt: Hamburg, Hessen, das Saarland, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg.
Nach verschiedenen Regierungswechseln sind sie aber inzwischen fast überall wieder abgeschafft. Nur Bayern und Niedersachsen halten noch am gebührenpflichtigen Erststudium fest: Im Freistaat zahlen Studenten seit dem Sommersemester 2007 an Fachhochschulen zwischen 100 und 500 Euro - an Universitäten zwischen 300 und 500 Euro pro Semester. In Niedersachsen entrichten Studenten 500 Euro pro Semester.
In Hamburg, wo die Studiengebühren ab dem Wintersemester 2012/2013 wegfallen, gilt derzeit noch eine abgemilderte Form der Campusmaut: Nachdem der CDU-geführte Senat 2007 allgemeine Studiengebühren von 500 Euro pro Semester eingeführt hatte, setzten die Grünen nach ihrem Eintritt in die schwarz-grüne Koalition 2008 nachgelagerte Studiengebühren von 375 Euro pro Semester durch. Die Gebühren werden nach dem Studium gestaffelt zurückgezahlt, allerdings erst ab einem Jahreseinkommen von 30.000 Euro brutto. Nachahmer fand die Hamburger Lösung allerdings nicht.