Bachelor und Master Hochschulchefs versprechen Bologna-Check

Sie wurde kritisiert, gelobt, verwünscht: Jetzt wollen Deutschlands Hochschulchefs die Bologna-Reform überprüfen. Jedes Fach schauen sie sich an, jede Vorgabe in jedem Bundesland. Kritiker der Reform sollten sich nicht zu früh freuen, denn das gute alte Diplom kommt nicht zurück.
Master of Disaster: Viele Studenten haben schon gegen die Bologna-Reform protestiert

Master of Disaster: Viele Studenten haben schon gegen die Bologna-Reform protestiert

Foto: Z1009 Jan-Peter Kasper/ dpa

Vor gut zehn Jahren sind Bachelor und Master an Deutschlands Hochschulen eingezogen, seitdem klagen viele Studenten über den Druck, einige Bildungspolitiker lobten die neuen Abschlüsse, andere verwünschten sie. Jetzt will die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) die Bologna-Reform überprüfen. Es werde allerdings kein Zurück zu den alten Diplomstudiengängen geben, versicherte HRK-Präsident Horst Hippler.

Vielmehr werde eine Arbeitsgruppe die Entwicklung in den einzelnen Fächern und die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen Vorgaben für die Studienstruktur genau analysieren. Danach werde die Arbeitsgruppe Vorschläge machen, wie man Fehlentwicklungen korrigieren kann.

Hippler hatte bereits im Sommer eine kritische Bilanz zur Bologna-Studienreform gezogen und mit seinen Äußerungen über die Bachelor-Einführung bei einem Teil der Hochschulrektoren für erheblichen Unmut gesorgt. Damals sagte er, der Ansatz, junge Menschen flotter durchs Studium und in den Beruf zu bringen, sei falsch gewesen. Eine Universität müsse mehr leisten als Ausbildung, nämlich Bildung. "Das tut sie mit dem Bachelor nicht", sagte Hippler damals.

Die Rektorenkonferenz hatte sich unter früheren Präsidenten stets für die Bachelor-Einführung stark gemacht - nicht so Horst Hippler, 65 Jahre alt, Physiker und ehemaliger Präsident des Zusammenschlusses der Technischen Universitäten in Deutschland (TU9). Die HRK hat ihn im April zu ihrem neuen Sprecher gewählt. Er ist seit Jahren einer der profiliertesten Kritiker der europäischen Studienreform.

"Nach sechs Semestern ist man noch kein Physiker"

Hippler brachte seitdem auch Kollegen gegen sich auf: mit seinen Wortmeldungen zum Bologna-Prozess, den Gedankenspielen zu Aufstiegsmöglichkeiten von Fachhochschulen und dem Vorwurf fehlender Präsenz in der Bonner HRK-Zentrale. Viele Uni-Rektoren fühlten sich düpiert. Sogar Bundesbildungsministerin Annette Schavan ließ damals zur Bologna-Kritik des Präsidenten verlauten, sie sei nicht der Meinung, "dass die Ansicht von Herrn Hippler die der Hochschulrektoren ist".

Hippler rechtfertigt seine Kritik: "Wenn ich sage, nach sechs Semestern ist man noch kein Physiker, dann wird mir die Deutsche Physikalische Gesellschaft nur zustimmen", sagte er mit Blick auf die Vorgaben, das Bachelor-Studium möglichst auf sechs Semester zu begrenzen. Ziel der Hochschulausbildung müsse am Ende eine "Persönlichkeit sein, die über den Tellerrand des eigenen Faches hinausblicken kann".

Einige Fehlentwicklungen bei der Einführung des Bachelor-Studiums seien auch schon wieder revidiert worden, sagte Hippler. "Es ist für mich fraglich, ob studienbegleitende Prüfungen wirklich so scharf sein müssen, wie sie zum Teil sind." Die dichte Studienorganisation mit der zum Teil üblichen Anwesenheitspflicht und eine hohe Zahl von begleitenden Prüfungen führt häufig zum Studienabbruch - vor allem in den ersten Bachelor-Semestern der Naturwissenschaften.

Unmittelbar vor dem Gipfeltreffen der EU-Regierungschefs warnten die Hochschulrektoren vor jeglichen Kürzungen im Brüsseler Forschungsetat. Der bisherige Verhandlungsverlauf lasse "wenig Raum für Optimismus", sagte Hippler. Für Deutschland wären Kürzungen ein großes Problem. "Ein umso größeres wären sie für die strukturschwachen Staaten in der EU, die stark von der EU-Forschungsförderung abhängen."

jon/dpa
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