"Running Dinner" In drei Gängen durch die Stadt
Svenja Sessing und ihr Kommilitone Dennis Stachowiak erwarten Gäste. Soweit alles normal - neu ist nur, dass sie die Leute noch gar nicht kennen. Die beiden Siegener Lehramtstudenten machen heute Abend bei "Rudi rockt" mit. Dieses "Running Dinner" gibt es in mehreren Uni-Städten.
Das Prinzip klingt lustig: Je zwei Teilnehmer melden sich gemeinsam an und bilden ein Team, das pro Gang auf zwei andere unbekannte Pärchen trifft. Pro Abend kocht jedes Team einmal in der eigenen WG-Küche - ob Vorspeise, Hauptgang oder Nachtisch, wird ausgelost. Um das komplette drei Gänge-Menü zu genießen, müssen die Teams im Eiltempo durch die ganze Stadt hetzen.
18.15 Uhr
In Svenjas kleiner Küche ist schon viel los. Zusammen mit Dennis bereitet sie das Essen für den Abend vor: gefüllte Zucchinischeiben mit Gemüserisotto. Während Dennis Paprika und Hackfleisch in der Pfanne anbrät, schneidet Svenja Gemüse, Feta und Zwiebeln in kleine Stücke.
18.30 Uhr
Es wird langsam hektisch. Weil Svenja und Dennis die Hauptspeise aufs Auge gedrückt bekommen haben, müssen sie viel Organisationstalent beweisen. Sie sollten ein Gericht wählen, das sie gut vorbereiten können und später schnell gar bekommen. Denn zur Vorspeise sind sie bei einer anderen WG eingeladen.
"Die Zucchinischeiben eignen sich dafür gut", sagt Svenja, "weil es schnell geht, lecker ist und nachher nicht mehr so viel Arbeit macht." Die beiden Studenten aus dem vierten Semester wirken in der Küche routiniert, alles geht Hand in Hand. Obwohl es auch kleine Sticheleien gibt. Svenja, 21, will unbedingt noch spülen, bevor es losgeht. Sie räumt schnell Teller weg und wischt einmal über die Arbeitsfläche - auch wenn Dennis das für völlig überflüssig hält und die Wohnung "ziemlich sauber" findet: "Schließlich wissen die Leute doch, dass wir nur wenig Zeit zum Kochen haben."
18.45 Uhr
Es geht los. Zumindest sollte es das jetzt. In einer Viertelstunde wird schon die Vorspeise serviert. Die WG der Gastgeber ist zwar nur einen Katzensprung entfernt. In Siegen heißt das aber gar nichts. Die Stadt besteht aus einem komplizierten Straßensystem, in dem man sich auch gern mal verfährt. Außerdem muss sich Svenja noch schnell umziehen. Oder doch nicht? "Ich schaff' das jetzt einfach nicht mehr", stöhnt sie, wirft sich noch schnell einen Pullover über, kämmt sich die Haare und springt ins Auto.
18.55 Uhr
Na klar, immer wenn man's eilig hat: Die Ampel an den Bahngleisen steht auf Rot. Warten - "und jetzt kommen mindestens zwei Züge", sagt Dennis. Tatsächlich: Es sind zwei. Svenja wird langsam nervös.
19.07 Uhr
Endlich da: Die beiden Studenten haben das richtige Haus gefunden. Ob die Gastgeber nett sind? "Ich stelle mich vorsichtshalber schon mal auf das Schlimmste ein", sagt Svenja, "dann kann ich nur angenehm überrascht werden." Dennis klingelt, die Tür geht auf - und Julia sieht total nett und entspannt aus. "Hallo ihr zwei, kommt rein!"
Die Wohnung ist hübsch. der Tisch liebevoll mit Kerzen garniert. Die Gastgeberinnen Julia und Dorothea haben schon Wein eingeschenkt. Sie und die anderen beiden Gäste Julia und Astrid machen einen netten Eindruck. Alle sind neugierig, wen sie da eigentlich vor sich haben: "Irgendwo habe ich dich doch schon mal gesehen", sagt Dorothea, "vielleicht beim Spiele-Abend letztens?"
Schnell tauschen die sechs Studenten die wichtigsten Informationen aus: Wer studiert was? Gibt es gemeinsame Bekannte? Dann servieren Julia und Dorothea asiatische Hühnersuppe, Rotwein und Multivitaminsaft. Im Nu ist eine halbe Stunde rum - Zeit zu gehen. Leider, gerade war es so lustig. Julia kennt ziemlich gute Tricks gegen einen Kater. "Wir müssen jetzt aber leider los, weil wir den Bus um kurz vor acht nehmen", sagt Dorothea. Alle schlendern zur Tür und verabreden sich für die Abschiedsparty.
19.45 Uhr
Dennis und Svenja fahren gut gelaunt nach Hause. "Das war schon mal ein guter Start", sagt Svenja, "hoffentlich bekommen wir das auch so gut hin." Die Zucchinischeiben müssen gefüllt werden und in den Backofen. Sind die überhaupt schon gewürzt? Egal, schnell noch etwas Pfeffer und Salz drauf. Kurz bevor die Gäste kommen, ist das Essen im Ofen. Und Svenja hat sogar noch das schmutzige Geschirr gespült.
20.30 Uhr
Die beiden Wirtschaftsrechts-Studentinnen Vivian und Sarah treffen pünktlich ein, kurz danach Alexandra und Dennis, die Social Sciences studieren. Die Zucchinischeiben kommen gut an, die Gäste hauen ordentlich rein. Svenja und Dennis servieren die Hauptspeise. Das Gespräch dreht sich um Studium, Beruf, WG-Leben. Allmählich tauen die Gäste auf.
Um viertel vor zehn ist schon wieder Aufbruchstimmung. Vivian und Sarah müssen den Bus bekommen, ihre Gastgeber für die Nachspeise wohnen am anderen Ende der Stadt. Bald brechen auch Alexandra und Dennis auf: "Vielleicht sieht man sich ja gleich noch auf der Party." Es war ein netter Abend, aber irgendwie ist auch klar: Dicke Freunde werden diese sechs nicht.
22.10 Uhr
Svenja und Dennis lassen sich in die Stühle fallen. "Den Leuten hat's geschmeckt, wir hatten einen netten Abend", fasst Dennis zusammen, "jetzt können wir erst mal durchatmen." Svenja hat jetzt endlich Zeit, sich für die Party chic zu machen.
22:20 Uhr
Der Moment der Stille ist schnell vorüber. Schließlich kommt jetzt noch die Nachspeise. Die Gastgeber wohnen in der Nähe der Uni, ihr Haus ist schnell gefunden. Die Stimmung in der WG ist gelöst. Zum Nachtisch gibt es Eis mit heißen Kirschen und Schlagsahne, dazu Wein, Bier, Saft - und zu vorgerückter Stunde Wodka mit RedBull. Chillen ist angesagt. Die sechs Studenten hängen entspannt in den Sofas und Sesseln, lassen den Abend Revue passieren. Sie sind ziemlich gelöst.
23.30 Uhr
Gleich geht's zur Party. Zeit für ein Resümée: "Ich bin total überrascht, dass alles so cool war", sagt Dennis, "es war zwar stressig, hat aber total Spaß gemacht." Auch Svenja ist zufrieden: "ein toller Abend."