Skandal an der EBS "Ich hätte mehr wissen müssen"

EBS-Campus in Oestrich-Winkel: Hochschule unter besonderer Beobachtung
Foto: Thomas Lohnes / dapdSPIEGEL ONLINE: Herr Cremer, eigentlich sollten sie die European Business School ab Herbst gemeinsam mit Christopher Jahns führen. Gegen den ermittelt allerdings die Staatsanwaltschaft Wiesbaden wegen möglicher Untreue. Es gab Hausdurchsuchungen, Geld ist eingefroren, und Sie müssen jetzt den Karren allein aus dem Dreck ziehen. Worauf haben Sie sich da eingelassen?
Rolf Cremer: Vielleicht habe ich bei der Unterschrift des Vertrages weniger gewusst, als ich hätte wissen müssen. Aber trotz der dramatischen Entwicklung habe ich die Entscheidung nicht bereut, die Leitung der EBS zu übernehmen. Vielleicht habe ich eine Neigung für Plätze, die nicht perfekt sind.
SPIEGEL ONLINE: Die EBS soll bereits im Mai 2010 zahlungsunfähig gewesen sein. Nur durch öffentliche Fördermittel, die eigentlich für eine neue Jura-Fakultät gedacht waren, habe sie noch alle Gehälter bezahlen können, heißt es. Wie groß sind Ihre finanziellen Probleme?
Cremer: Natürlich ist es knapp, aber wir haben die finanzielle Situation unter Kontrolle.
SPIEGEL ONLINE: Mitarbeiter mussten Sie trotzdem entlassen.
Cremer: In den Jahren 2009 und 2010 wurden jeweils rund 50 neue Stellen geschaffen und das bei derzeit 350 Mitarbeitern inklusive Professoren. Nicht alle davon waren notwendig. Also haben wir den Marketingbereich aufgelöst und die Aufgaben anders verteilt. Dabei ist die Stelle einer Geschäftsführerin weggefallen, und rund 25 Mitarbeiter wurden anderen Bereichen zugeordnet, eine einstellige Zahl von Stellen wird wegfallen. Dafür werden in Zukunft auch wieder neue Positionen geschaffen.
SPIEGEL ONLINE: Das Vertrauen in die EBS ist futsch, der Verdacht der Untreue steht im Raum. Die nächste Tranche für die geplante Jura-Fakultät ist gesperrt, die Behörden wollen erst wissen, wohin bereits gewährte Mittel geflossen sind. Was sagen Sie denen?
Cremer: Der Vorwurf der Untreue gegen Herrn Jahns bezieht sich auf Rechnungen einer Beratungsfirma, an der Herr Jahns beteiligt ist oder war. Potentiell Geschädigter hiervon wäre also die EBS Universität. Hiervon unabhängig, prüft derzeit eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, wie die öffentlichen Mittel in den Jahren 2009 und 2010 verwendet wurden. Das ist ein normaler Vorgang. Bis zum 30. Juni soll der Bericht vorliegen. Ich bin zuversichtlich, dass die Mittel sachlich und rechtlich korrekt eingesetzt wurden.
SPIEGEL ONLINE: Auch die Wirtschaft traut der EBS nicht mehr; es heißt, Sponsoren seien bereits abgesprungen.
Cremer: Von 60 Sponsoren hat sich gerade mal einer zurückgezogen. Aber wir müssen natürlich trotzdem aufpassen. Ich bemühe mich, wieder Vertrauen aufzubauen.
SPIEGEL ONLINE: Auch Professoren wollen Ihnen davonlaufen.
Cremer: Professoren haben Rufe nach außerhalb - und um die kümmere ich mich.
SPIEGEL ONLINE: Sie geben den großen Aufräumer, aber wie soll die EBS wieder auf die Beine kommen?
Cremer: Mit akademischen Studiengängen können wir uns zwar selbst finanzieren, aber es fallen keine Überschüsse an. Geld verdienen für die Forschung können wir vor allem mit Executive Education - also mit der Managerweiterbildung. Damit lassen sich Überschüsse von um die 15 Prozent erzielen. Das müssen wir ausbauen. Die Bachelor-Studiengänge laufen gut, die Masterprogramme inklusive MBA müssen wir neu durchdenken.
SPIEGEL ONLINE: Die Untreue-Vorwürfe konzentrieren sich auf Ihr Supply Management Institut (SMI), an dem Ex-Präsident Jahns gearbeitet hat. Von hier soll Geld an Jahns Firmen geflossen sein. Ist es Zeit, das Institut abzuwickeln?
Cremer: Das SMI Institut bleibt an der Uni. Es handelt sich um ein sehr renommiertes wissenschaftliches Institut. Das Problem war, dass Herr Jahns sowohl an der Hochschule als auch beim externen Dienstleister SMI Campus, der die Seminare durchgeführt hat, involviert war. Ob wir weiter mit SMI Campus kooperieren, hängt auch davon ab, was bei der Staatsanwaltschaft herauskommt.
SPIEGEL ONLINE: SMI Campus bekam seine Aufträge von der Executive Education GmbH der EBS. Geschäftsführerin bei beiden Firmen war die Lebensgefährtin von Jahns.
Cremer: Sie ist nicht mehr als Geschäftsführerin bei der Executive Education GmbH, aber sie ist bei SMI Campus ,das dies ganz unabhängig von der EBS entscheidet.
SPIEGEL ONLINE: Jahns hat gegen seine fristlose Kündigung geklagt. Ist da eine Einigung in Sicht?
Cremer: Die Ermittlungen gegen Herrn Jahns und seine Klagen werden nicht an der EBS behandelt, sondern von Anwälten, Ermittlungsbehörden und Gerichten. Die Position der EBS scheint mir ohne Alternative zu sein. Als Präsident bin ich immer dafür verantwortlich, was passiert, unabhängig von der Schuldfrage.
SPIEGEL ONLINE: Wie mies ist die Stimmung bei den Mitarbeitern?
Cremer: Natürlich gibt es Unsicherheit und auch Spannungen als Folge der letzten Monate. Es kostet noch viel Zeit und Arbeit, wieder Vertrauen herzustellen. Aber wir wollen lernen aus dem, was passiert ist. Leider haben die Zweifel an Herrn Jahns sich auch auf die EBS insgesamt ausgewirkt, obwohl sich an der sehr guten Qualität der Lehre und der Forschung gar nichts geändert hat. Ich bin überzeugt, dass wir die Zweifel beheben können, und schon wieder auf dem richtigen Weg sind.
SPIEGEL ONLINE: Jahns bestreitet nach wie vor alle Vorwürfe.
Cremer: Dazu kann ich wirklich nichts sagen.