Stiftungen Uni-Stipendien für Migranten

Bisher studieren nur wenige Kinder aus Einwandererfamilien. Einige Stiftungen helfen ihnen mit speziellen Programme - und nicht nur Migranten mit Einser-Abitur haben die Chance, ein Stipendium zu ergattern.

Kinder aus Einwandererfamilien, die Pisa-Studien bestätigten es zweimal, haben in Deutschland weit schlechtere Bildungschancen als in fast allen anderen OECD-Ländern. An den Schulen werden sie abgehängt, nur wenige erreichen das Abitur, noch geringer ist ihr Anteil an den Hochschulabsolventen. Das Problem pflanzt sich fort: So werden nur wenige junge Leute ausländischer Herkunft Lehrer, obwohl sie an deutschen Schulen dringend gebraucht werden - als Rollenvorbilder, Übersetzer und Vertraute. Immerhin gibt es mittlerweile einige zumeist lokale Förderprogramme für Schüler "mit Migrationshintergrund", wie es neudeutsch heißt.

So vergibt die Hertie-Stiftung in Kooperation mit anderen Trägern in 14 Bundesländern die "Start-Stipendien", die seit 2002 rund 300 Schüler erhalten haben. Sie bekommen pro Monat 100 Euro Bildungsgeld und einen Computer mit Internetanschluss. Nach dem Abitur ist zwar Schluss mit der Förderung. "Aber wir bereiten unsere Stipendiaten gut auf Bewerbungsverfahren vor und laden die Wissenschafts-Stiftungen zu einem gegenseitigen Kennenlernen ein", so Projektleiter Kenan Önen. Vor zwei Jahren seien elf von 22 Schulabgängern untergekommen.

"Spezielle Fördermöglichkeiten für Migranten, die studieren wollen, gibt es bisher allerdings kaum", sagt Michael Sonnabend vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft in Essen. Eines der ersten Programme wird mit einer Million Euro von der Vodafone-Stiftung  finanziert. Künftig erhalten jedes Jahr 20 Studenten aus Einwanderfamilien ein Vollstipendium, zum ersten Mal im Wintersemester 2006/2007. Die Stiftung finanziert ihnen die Lebenserhaltungskosten bis zu 800 Euro im Monat und die Studiengebühren an den Privathochschulen, mit denen das Programm "Vodafone Chancen" kooperiert.

"Gerade an Privathochschulen sind Einwanderer bisher schlecht vertreten, weil die Gebühren für die Familien nicht zu finanzieren sind", sagt Dirk Haushalter von der Stiftung. Kooperationspartner sind die Bucerius Law School in Hamburg (Jura), die European Business School bei Wiesbaden (BWL), die Otto Beisheim School of Management in Vallendar (Wirtschaft) und die Kunstakademie in Düsseldorf (Kunst und Architektur).

Bis zu Beginn des neuen Semesters können sich alle Migranten, die zum Winter an einer der vier Hochschulen angenommen werden, für das Stipendium bewerben. Ein guter Notendurchschnitt werde erwartet, aber es müsse nicht unbedingt ein Einser-Abitur sein, so Haushalter. "Ein ganz wichtiges Kriterium ist das soziale Engagement der Bewerber, denn wir möchten Einwanderer fördern, die ein Vorbild für andere sein können und wollen."

Daneben fördert die Böll-Stiftung  Abiturienten aus Einwanderfamilien, die Journalismus studieren wollen. Voraussetzungen sind hervorragende Schul- und Studienleistungen und gesellschaftspolitisches Engagement; erste Medienerfahrung, zum Beispiel bei einer Schülerzeitung, sind erwünscht. Die Stipendiaten erhalten ein monatliches, vom Elterneinkommen abhängiges Stipendium und müssen Bafög-berechtigt sein. Sie werden auch bei der Suche nach Praktika unterstützt und können an zusätzlichen Seminaren teilnehmen.

Ein Programm für Migranten hat erstmals auch die amerikanische Fulbright-Kommission  aufgelegt. Sie schickt 20 Schüler und Studenten zu sechswöchigen Summer-School-Kursen an amerikanische Unis. Nächstes Jahr soll das Programm wiederholt und vielleicht sogar ausgebaut werden.

agö

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