Streit um Autoportal-Werbung Professoren poltern gegen Plakatkampagne

Für den Flitzer seiner Studentin bietet ein Professor einen mickrigen Betrag - plus gute Noten. Mit dieser Korruptions-Anspielung wirbt eine Online-Autobörse auf Autobahntoiletten. Der Deutsche Hochschulverband ist nicht amüsiert und droht mit Klage.

Das war eine Steilvorlage zum medienwirksamen Streit: Der Deutsche Hochschulverband (DHV) hat die Online-Autobörse pkw.de aufgefordert, auf Hunderte Plakate mit einem Seitenhieb auf korrupte Professoren zu verzichten. Das kostet das erst im vergangenen Oktober gestartete Portal sogleich genüsslich aus und fragt: "Wie viel Humor haben Deutschlands Professoren?"

Der Grund für die Verstimmung des Verbandes, der deutsche Universitätsprofessoren vertritt und rund 23.000 Mitglieder hat: Seit Mitte März hängen in über 500 Autobahntoiletten zwischen Flensburg und München bunte Plakate des Autoportals. Darauf ist eine junge Blondine zu sehen, mit dem Text: "Janine aus Berlin verkauft ihren Mini Cooper S für 16.000 Euro. Ihr Professor bot 9.500 Euro und gute Noten." Außer mit dem Janine-Plakat wirbt pkw.de mit zwei weiteren Motiven. Noch mindestens einen Monat soll die Werbung in den Raststätten-WCs hängen bleiben.

Der Verband findet den Seitenhieb auf die Professorenschaft misslungen: "Eine derartige Werbung ist ehrverletzend, beleidigend und in besonderem Maße für den Berufsstand des Hochschullehrers imageschädigend. (...) Indirekt wird Professoren sogar ein strafrechtliches Verhalten der Bestechlichkeit bzw. Vorteilsannahme unterstellt", zitiert pkw.de aus einem Schreiben des DHV-Präsidenten. Er habe Ende April zudem eine verbindliche Unterlassungserklärung zu der "streitgegenständlichen Werbung" gefordert und andernfalls straf- und zivilrechtliche Schritte angekündigt. "Außerdem wurden wir dazu aufgefordert, alle Plakate abzuhängen. Dies hätte uns finanziell stark belastet", sagte Firmensprecher Ralf Hansteen SPIEGEL ONLINE. Beim Deutschen Hochschulverband war am vergangenen Freitagabend niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.

Sammelbeleidigung oder Satire?

Das Autoportal sieht allerdings keinen Anlass zum Verzicht auf die Plakate und brachte den Anwalt Alexander Graf von Kalckreuth in Stellung, der zu einem kleinen Exkurs im Grenzgebiet der Rechts- und der Humorwissenschaft ansetzte: "Wesen der Satire ist die bewusste Vermittlung eines Spott- beziehungsweise Zerrbilds der Wirklichkeit. Die vorliegende Werbung soll dem Betrachter die Information vermitteln, dass er bei einem Verkauf seines Kraftfahrzeuges über pkw.de einen höheren Verkaufserlös erzielen kann als an anderer Stelle", argumentiert Kalckreuth. Die Information werde in einer "Story" vermittelt und dabei das Stilmittel der Satire genutzt, die für Werbung typisch sei.

Der Anwalt hält eine etwaige Klage für aussichtslos: Es müsse sich "bei der Sammelbeleidigung einer Personenmehrheit unter einer Kollektivbezeichnung um einen klar abgegrenzten Personenkreis handeln, weshalb beispielsweise die Polizei in ihrer Gesamtheit nicht beleidigungsfähig ist".

Das Kölner Team von pkw.de freut sich über den Wirbel: "Da muss wohl ein Hochschullehrer beim Toilettengang an der Autobahn auf unsere Anzeige gestoßen sein und sich mächtig aufgeregt haben", frotzelt Pressesprecher Ralf Hansteen, "Professoren müssen ein ziemlich ruhiges Leben haben, wenn sie sich über einen solchen Witz aufregen."

Ob der Streit einkalkuliert oder gar beabsichtigt war? "Eigentlich nicht", sagt Hansteen. Man habe lediglich ein "Motiv gesucht, das sich auf ein aktuelles Ereignis bezieht". Gelegen kam da der Prozess um den "Doktormacher" von Hannover: Dem Juraprofessor hatte die Anklage unter anderem zur Last gelegt, Studentinnen gegen sexuelle Hingabe bei der Benotung bevorzugt zu haben.

Das Autoportal will die Kampagne fortsetzen - mit neuen und weiterhin süffisanten Motiven. Doch die Professoren sollen diesmal verschont bleiben: "Da können wir Entwarnung geben. Wir haben wirklich nichts gegen Professoren", versichert Hansteen.

wie

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