
Protest gegen Tanzverbot: "Stilles Abzappeln"
Stiller Karfreitag Kampf dem Tanzverbot
Tanzen, schwofen, zappeln, shaken - das alles ist diesen Freitag in Deutschland verboten. Der Karfreitag gehört zu den sogenannten stillen Feiertagen, an denen in Clubs und Kneipen keine Musik gespielt werden darf. Auch andere öffentliche Veranstaltungen, wie zum Beispiel Sportevents, sind nicht erlaubt.
Doch vor allem Studenten und Jugendorganisationen wehren sich gegen das Tanzverbot: So formierte sich in den vergangenen zwei Jahren der Widerstand im Netz, in verschiedenen Facebook-Gruppen wie "Zum Teufel mit dem Tanzverbot" versammelten sich Hunderte Gegner. 2011 fand auf dem Römerberg in Frankfurt ein Protest-Flashmob mit rund tausend Teilnehmern statt, zu dem die Grüne Jugend Hessen aufgerufen hatte.
Die Gießener Piratenpartei musste im vergangenen Jahr allerdings feststellen, dass es gar nicht so einfach ist, am Karfreitag eine Tanzdemo zu organisieren: Sie zog bis vor das Verwaltungsgericht, um ihre Protestaktion gegen das Verbot der Behörde durchzusetzen. Doch die Klage wurde abgewiesen (Aktenzeichen 4 K 987/12.GI). Das "Kundgabemittel des Tanzes" sei als Ausdruck des Protests "mit dem gesetzlich normierten ernsten Charakter des Karfreitags nicht zu vereinbaren", heißt es in dem Urteil.

Studentenstädte im Nachttest: Was können Köln, München, Rom?
Dieses Jahr geht die Partei deshalb kreativ gegen den "stillen Feiertag" vor: Sie ruft dazu auf, einzeln zu protestieren. So empfehlen sie auf ihrer Internetseite , im eigenen Garten, auf der Straße oder vor dem Regierungspräsidium zu demonstrieren. Das Motto für 2013: "Einsam statt gemeinsam".
Einen anderen Ansatz haben die Piraten in Baden-Württemberg gewählt: Auf dem Stuttgarter Schlossplatz setzen sie am Karfreitag auf "stilles Abzappeln" gegen das Tanzverbot. Die Teilnehmer werden aufgefordert, MP3-Player und Kopfhörer mitzubringen. Dann sollen sie gemeinsam und vor allem geräuschlos zur eigenen Musik das Tanzbein schwingen.
Andere Gegner haben ihre Protestaktionen auf Samstag und Sonntag verlegt. So veranstaltet die Frankfurter Piratenpartei am Ostersamstag eine "Mahnwache" zum Thema "Trennung von Staat und Religion". Auch die Grüne Jugend Hessen lädt dieses Jahr nicht am Freitag, sondern am Ostersonntag zum Tanz auf den Frankfurter Römerberg.
Damit will die Gruppe ihre Dialogbereitschaft signalisieren. Der Grünen Jugend sei es nie um eine Verletzung von religiösen Gefühlen gegangen, sondern lediglich "um eine Feiertagsregelung, die alle gesellschaftlichen Gruppen miteinbezieht und niemanden benachteiligt", heißt es auf der Homepage .
"Ich lass dich beten - lass du mich tanzen!"
Weniger versöhnlich zeigt sich da das "Hasenfest" , ein Aktionsbündnis verschiedener unter anderem atheistischer Gruppen. Unter dem Motto "Ich lass dich beten - lass du mich tanzen!" organisiert die Initiative in ganz Deutschland Aktionen, mit denen sie zum Kirchenaustritt aufruft. Die Teilnehmer wollen damit zum Ausdruck bringen, dass sie "die religiös begründete Beschneidung" ihrer "Grund- und Freiheitsrechte nicht länger hinnehmen".
Begründet wird das Tanzverbot durch Artikel 140 des Grundgesetzes, das Sonntage und staatliche Feiertage als "Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung" schützt. Je nach Bundesland wird das Gesetz aber sehr unterschiedlich umgesetzt.
In Hamburg gilt das Tanzverbot am Karfreitag ab 2 Uhr morgens bis 2 Uhr am Folgetag, in Berlin von 4 Uhr am Morgen bis 21 Uhr am Abend. In Nordrhein-Westfalen dagegen darf schon ab Gründonnerstag, 18 Uhr, nicht mehr getanzt werden. Das Verbot endet erst am Samstagmorgen um 6 Uhr.
In einigen Bundesländern haben sich die Gegner des Tanzverbots durchgesetzt. Die Petition der Bremer Initiative "Tanzverbot abschaffen" war im März dieses Jahres erfolgreich. Statt von 4 Uhr morgens bis 4 Uhr am Folgetag gilt das Verbot in Bremen ab 2013 nur noch von 6 bis 21 Uhr. 2018 soll es ganz aufgehoben werden.
Auch in Bayern liegt dem Landtag ein Entwurf zur Lockerung des Gesetzes vor. Demnach darf in Zukunft an stillen Feiertagen zwei Stunden länger reingefeiert werden. Erst um zwei Uhr morgens soll Schluss sein. Die Neuregelung greift allerdings nur an Aschermittwoch, Gründonnerstag, Allerheiligen, Volkstrauertag, Totensonntag und Buß- und Bettag. Karfreitag und Karsamstag sind von der Lockerung ausgenommen, weil ihnen jeweils ein stiller Feiertag vorausgeht.
Für die Tanzverbotsgegner bleibt also noch viel zu tun: Gerade erst wurde im Saarland ein Gesetzentwurf der Piratenpartei abgelehnt, der die Feiertagsregelung aushebeln wollte. Warum? Weil die Mehrheit der Saarländer Mitglied einer der beiden großen christlichen Kirchen seien, sagten die Regierungsparteien CDU und SPD zur Begründung. Der Kampf für die Beinfreiheit geht also weiter.
Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, in Bayern sei das Tanzverbot am Karfreitag gelockert worden. Tatsächlich sind Karfreitag und Karsamstag von der Neuregelung ausgenommen. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.