Studie zur Ausbildungsfinanzierung "Das Bafög reicht nicht"

Studenten in einem Hörsaal
Foto: Uwe Anspach/ picture alliance / dpaIm vergangenen Herbst klopften sich viele im Bundesbildungsministerium auf die Schultern: Nach sechs Jahren Stagnation gab es endlich mal wieder eine Bafög-Erhöhung. Immerhin 735 Euro beträgt der Höchstsatz jetzt - für Studenten, die nicht bei ihren Eltern wohnen und die volle Förderung erhalten.
Dabei wurde, seit das Bafög 1971 eingeführt wurde, nie wissenschaftlich ermittelt, was Studenten wirklich pro Monat ausgeben. Als Grundlage dienten vage Schätzungen, Überlegungen verschiedener Arbeitsgruppen und, behelfsweise, der fiktive Warenkorb, der auch für die Sozialhilfe benutzt wurde.
"Richtig fundiert war das eigentlich nie", sagt Dieter Timmermann, Präsident des Deutschen Studentenwerks (DSW). Deshalb hat der Dachverband der örtlichen Studentenwerke eine Studie in Auftrag gegeben, die erstmals belastbare Zahlen zum Monatsbudget deutscher Studenten ermittelte. Die Ergebnisse wurden am Mittwoch veröffentlicht - und lassen das Bafög in einem schlechten Licht dastehen.
- Durchschnittlich 920 bis 950 Euro brauchen Studenten hierzulande pro Monat - für Miete und Essen, Bücher, Kommunikation, Körperpflege und Freizeitgestaltung. Nicht eingerechnet sind dabei einmalige Ausgaben, die etwa für die Wohnungseinrichtung anfallen.
- Der tatsächliche Bedarf schwankt allerdings erheblich und hängt vor allem vom Studienort, der Wohnsituation und dem Alter des Studenten ab: Wer etwa in Ilmenau im Wohnheim lebt und Anfang 20 ist, braucht deutlich weniger als ein Student mit 28 Jahren in München, der eine eigene Wohnung unterhält.
- De facto kommen viele Studenten auch mit weniger Geld aus - das allerdings geht dann häufig zulasten der Ernährung. "Da besteht manchmal fast schon ein Armutsrisiko", sagt Achim Meyer auf der Heyde, DSW-Generalsekretär.
Durchgeführt wurde die Studie vom Berliner Forschungsinstitut für Sozialökonomie (FiBS). "Die Daten stammen aus Erhebungen in den Jahren 2012 und 2013", sagt FiBS-Direktor Dieter Dohmen. Ausgewertet wurden unter anderem das Sozio-oekonomische Panel und die letzte Sozialerhebung des Studentenwerks. Weil seither die Preise aber weiter gestiegen sind, seien die ermittelten Werte "eher am unteren Rand dessen, was Studenten tatsächlich brauchen."
Klar ist aus Sicht des DSW jetzt: "Das Bafög reicht nicht", so Dieter Timmermann. Auf die naheliegende Forderung nach einer Erhöhung von 150 oder 200 Euro pro Monat will er sich aber nicht festlegen: "Wichtiger ist uns, dass die Politik hier ihre Verantwortung ernst nimmt und endlich einmal die Bafög-Sätze auf eine solide Datengrundlage stellt." Außerdem müsse es eine kontinuierliche und automatisch an die Lebenshaltungskosten angepasste Erhöhung der Studienfinanzierung geben, so der DSW-Präsident: "Es kann einfach nicht sein, dass wir nochmal - wie vor der Erhöhung 2016 - sechs Jahre Stagnation haben, während den Studenten die Mieten und andere Kosten davongaloppieren."
Bafög weit von eigentlicher Aufgabe entfernt
Mittelfristig, so Timmermann, sei es sinnvoll, das Bafög stärker zu differenzieren - etwa nach dem Wohn- und Studienort, um das starke Gefälle zwischen den örtlichen Mietpreisen aufzufangen. An einer gründlichen Renovierung der staatlichen Studienförderung führe ohnehin kein Weg vorbei, sagt Achim Meyer auf der Heyde: "Die Förderquote bei den Studenten ist mittlerweile auf unter 20 Prozent gesunken." In den Siebzigerjahren bezogen noch über 40 Prozent der Studierenden Bafög - heute nicht einmal mehr halb so viele, und auch davon längst nicht alle den Höchstsatz.
"Das ist auch eine grundsätzliche gesellschaftliche Frage: Unter welchen Bedingungen wollen wir die angehenden Akademiker ausbilden", sagt Dieter Timmermann. Und erinnert daran, dass das Bafög eigentlich dafür sorgen soll, dass man ohne finanzielle Sorgen seinem Studium nachgehen kann - ohne zusätzlichen Job und ohne Schmalspurernährung. Davon sind wir im Moment relativ weit entfernt."