Studiengebühren in Bonn Ausländer zahlen drauf
Das Studium ist für Angélique* teurer als für ihre Kommilitonen. Die Soziologie-Studentin der Uni Bonn zahlt seit diesem Semester allgemeine Studiengebühren von 500 Euro. Und dazu noch 150 Euro, weil sie aus Ruanda kommt, also nicht aus einem EU-Land stammt. "Ich verstehe nicht, wofür ich das Geld bezahlen soll", sagt die Afrikanerin, "bislang habe ich in meinem Studium keine zusätzliche Leistung erhalten."
Die Uni verteidigt die Zusatz-Gebühr. "Die Studenten haben durch das Betreuungsgeld die Möglichkeit, an besonderen Förderprogrammen teilzunehmen", sagt Uni-Sprecher Andreas Archut. Das Angebot beziehe sich etwa auf Sprachkurse, Betreuungsgespräche und so genannte Studienstrategiekurse, in denen grundlegende Studientechniken vermittelt würden. Und das sei zum Teil auch dringend nötig. So seien etwa Studenten aus Asien nicht daran gewöhnt, in Seminaren oder Vorlesungen Fragen zu stellen. "Mit unserem Paket können wir gewährleisten, dass sich Studenten aus anderen Ländern in unsere Studienkultur einfinden können", sagt Archut.
Ein Argument, das für Angélique nicht zählt. Zwölf Semester lang studiert sie schon in Bonn. Zurzeit schreibt sie ihre Magisterarbeit und muss jetzt für ein Angebot zahlen, dass sie in der stressigen Abschlussphase nicht einmal nutzen kann. Die Betreuung komme zu spät für ausländische Studenten, die bereits in höheren Semestern sind, findet die 28-Jährige. "Ein Deutschkurs für Anfänger hilft mir jetzt auch nicht weiter. Ich bräuchte eine Beratung für wissenschaftliches Arbeiten." Ohnehin sei die Gebühr eine Diskriminierung gegen Ausländer.
Zahlen muss auch, wer keine Betreuung will
In Nordrhein-Westfalen dürfen die Hochschulen selbst darüber entscheiden, ob sie Studiengebühren einführen. Die meisten Unis und Fachhochschulen bitten ihre Studenten seit diesem Semester zur Kasse. Zudem gibt es im Landesgesetz einen Paragraphen, der es den Hochschulen erlaubt, von ausländischen Studenten die zusätzliche Betreuungsgebühr zu erheben. Wie hoch diese sein darf, lässt das Gesetz offen: "Für die Teilnahme an einem Studienkolleg sowie für die Betreuung ausländischer Studierender können Beiträge erhoben werden", heißt es da vage.
Die Universität Bonn ist bislang die einzige Hochschule, die von der Klausel Gebrauch macht obwohl es durchaus schon früher Rektoren gab, die öffentlich über die Einführung von Studiengebühren für Ausländer nachgedacht haben. Vor zwei Jahren sprachen sich einige Rektoren Technischer Hochschulen dafür aus, von Ausländern bis zu 7000 Euro pro Semester zu verlangen auch hier, um die Betreuung zu verbessern. Dieser Vorschlag konnte sich jedoch nicht durchsetzen.
Weiteres Ärgernis in Bonn: Weil alle EU-Mitglieder dieselben Studienbedingungen haben sollen, wird die Betreuungsgebühr nur für Studenten fällig, die aus einem Land außerhalb der EU stammen. Die Kosten für EU-Bürger trägt die Universität Bonn selbst. "Ich finde das nicht gerecht", schimpft Angélique, "schließlich haben doch alle ausländische Studenten die gleichen Bedürfnisse."
Die Zusatzgebühr bedeutet für viele Studenten aus Afrika, Asien oder Südamerika eine enorme Belastung. Viele wissen nicht, wie sie das zusätzliche Geld aufbringen sollen. Im Schnitt müssen sie ohnehin mit einem deutlich geringeren Budget zurechtkommen als ihre deutschen Kommilitonen: Nach Angaben des Deutschen Studentenwerks haben sie mit 630 Euro im Monat fast 140 Euro weniger zur Verfügung. "Oft fühle ich mich wie eine Bettlerin", sagt Angélique.
"Eine Diskriminierung ohnegleichen"
"Eine Diskriminierung ohnegleichen" nennt Janosch Stratemann vom Landes-Asten-Treffen die Extra-Gebühr für Ausländer. "Dabei haben es ausländische Studenten ohnehin schon schwer genug." In der Tat machen sie in Deutschland oft Erfahrungen, auf die sie eigentlich lieber verzichten möchten. Regelmäßig müssen sie bei der Ausländerbehörde über ihren Studienerfolg berichten. Und erleben dort oft einen barschen Umgangston. Die Studenten müssen zudem belegen, dass sie über genug Geld verfügen um im Zweifelsfall auf eigene Kosten zurück in ihr Heimatland geschickt werden zu können.
Von Diskriminierung sei man an der Hochschule jedoch weit entfernt, so Sprecher Andreas Archut: "Wir sind als Hochschule doch besonders international." Zurzeit habe die Hochschule 4100 ausländische Studenten aus 140 Ländern, insgesamt kämen 15 Prozent aller Studenten aus dem Ausland. Doch die Abbrecherquote sei bei ausländischen Studenten besonders hoch. "Von zehn machen im Schnitt nur drei einen Abschluss", sagt Andreas Archut. Dem wolle die Hochschule entgegenwirken.
Studentenvertreter versuchen jetzt, mit verschiedenen Mitteln gegen die zusätzliche Betreuungsgebühr vorzugehen. Sie sammeln an der Uni Unterschriften für eine Petition, wollen gegen die Zusatzgebühr für ausländische Studenten klagen. "Wir haben kein Verständnis für diese Gebühr", sagt Asta-Vertreter Bartosz Bzowsky, "an der Uni müssen alle gleich behandelt werden."
*Name von der Redaktion geändert