Studiengebühren "Kein Studiengebühren ohne funktionierendes Stipendien-Modell"
Das Reizthema Studiengebühren ist ein Dauerbrenner und beschäftigt auch die Hochschulrektoren schon seit Jahren. Der Rektoren-Präsident gab sich am Mittwoch skeptisch: Er werde "persönlich jedweden Studiengebühren-Beschluss nicht mittragen, solange es kein funktionierendes Stipendien-Modell gibt", versicherte Klaus Landfried am Mittwoch. Bei der Plenartagung am kommenden Dienstag in Bonn stehe keine Entscheidung über ein Gebührenmodell an.
Der HRK-Präsident reagierte damit auf Medienberichte. Der SPIEGEL hatte am Montag gemeldet, dass die Rektorenkonferenz gemeinsam mit dem Gütersloher Centrum für Hochschulentwicklung Eckpunkte für die Einführung von Studiengebühren entwickelt hatte. Das Modell soll den "Hochschulen erlauben, sie aber nicht verpflichten, Gebühren zu erheben", heißt es in einem internen Papier, "gleichzeitig werden die Hochschulen jedoch verpflichtet, die Sozialverträglichkeit der Gebühren zu sichern." Finanziert werden sollen die Gebühren vorwiegend über Bankdarlehen, die Studenten nebst Zinsen nach dem Examen zurückzahlen müssen.
Landfried sagte allerdings, die Gespräche mit den Banken hätten bisher keine praktikable Lösung erbracht. Die neue Gebührendebatte in der HRK sei auf Wunsch von etwa 20 Rektoren aufgenommen worden. Über den jetzigen Zeitpunkt sei er "nicht glücklich", so Landfried weiter.
Furcht vor den gierigen Finanzministern
Die Hochschulrektoren hatten sich 1996 gegen Studiengebühren entschieden und zunächst eine staatliche Garantie verlangt, dass Gebühren-Einnahmen auch bei den Hochschulen verbleiben. Denn sie hatten stets befürchtet, dass die Finanzminister ihnen die zusätzlichen Einnahmen nach einer gewissen Schamfrist wieder abzwacken. Landfried sagte, der jüngste Sparbeschluss der Länder-Finanzminister zur Bildungspolitik habe den Argwohn der Rektoren genährt, dass es hierbei nur um das Stopfen von Haushaltslöchern und nicht eine Qualitätsverbesserung der Hochschulausbildung gehe.
Über die Einführung von Studiengebühren in Deutschland können ohnedies nicht die Hochschulen, sondern nur die Landesparlamente entscheiden. Und in mehreren neuen Länder-Hochschulgesetzen ist die Erhebung von Studiengebühren bis zum ersten Abschluss ausdrücklich verboten. In ihrer Koalitionsvereinbarung hatten SPD und Grüne dazu auch eine bundesgesetzliche Regelung versprochen, die allerdings seit drei Jahren aussteht. Zudem drängen einige Wissenschaftsminister, darunter auch Thomas Oppermann (SPD) in Niedersachsen, vehement auf die Einführung von Gebühren - nicht nur für Langzeitstudenten, sondern vom ersten Semester an.
Das Centrum für Hochschulentwicklung macht sich ebenfalls seit Jahren für Studiengebühren stark. Die Gütersloher Denkfabrik wird gemeinsam von der Bertelsmann-Stiftung und den Hochschulrektoren getragen und mischt derart emsig in der Hochschulpolitik mit, dass manche das Bildungsministerium schon in der ostwestfälischen Provinz vermuten.
Der Staat soll sich raushalten
Nach dem vertraulichen Papier sollen die Hochschulen selbst festlegen, ob und für welche ihrer Angebote sie Gebühren einführen. Auch über die Höhe und interne Verteilung sollen sie selbst entscheiden, Bund und Länder indes auf Gebührenverbote verzichten. Der Staat, so das Konzept, ist lediglich für "Spielregeln" zuständig - etwa eine Obergrenze für die Gebührenhöhe und staatliche Finanzierungszusagen.
Jede einzelne Hochschule soll sich verpflichten, die "Sozialverträglichkeit ihres Gebührenmodells" und gleiche Zugangschancen zu gewährleisten. Dafür kommen dem Papier des CHE und der HRK zufolge Stipendien, Darlehen und Jobs auf dem Campus in Frage - die Studenten würden dann die Gebühren als zusätzliche Hilfskräfte etwa in Bibliotheken und Rechnerpools abarbeiten. Bei den Darlehen orientiert sich das Konzept an der einkommensabhängigen Rückzahlung wie in Australien, Neuseeland oder Großbritannien.
"Die Rahmenbedingungen erweisen sich in der aktuellen Situation als günstig", heißt es im internen Papier; insbesondere die Bafög-Reform habe zu finanziellen Verbesserungen für die Studierenden geführt. Ob sich die über der Gebührenfrage zerstrittenen Hochschulrektoren auf ein solches Modell einigen könnten, steht jedoch ebenso in den Sternen wie die Durchsetzungschance gegenüber Bund, Ländern und Studenten.
Das "Aktionsbündnis gegen Studiengebühren" (ABS) jedenfalls meldete prompt rechtliche und inhaltliche Bedenken an. Christian Schneidjerberg findet das Niveau der Debatte "unglaublich": "Die Hochschulrektoren wissen am besten, dass sich die Bedingungen für die Studierenden nicht wesentlich verbessert haben", schimpfte der ABS-Sprecher, "es scheint, als ginge die HRK mit der revolutionären Idee hausieren, dass der Bund über das Bafög den Ländern die Studiengebühren finanziert." Zwischen Gebühren und Bafög bestehe aber "absolut kein Zusammenhang".