Die Freunde von Studiengebühren, das muss von der baden-württembergischen Landesregierung lassen, sind ebenso flink wie stur. Erst vor einer Woche hat das Bundesverfassungsgericht die Studiengebühren für Einschreibung und Rückmeldung verboten - wenn eine Rückmeldung tatsächlich nur 4,26 Euro koste, dürfe das Land nicht 51,13 Euro verlangen, weil das dem Kostendeckungsprinzip widerspreche, entschieden die Karlsruher Richter.
Die Koalition aus CDU und FDP grübelte nicht lange über die empfindliche Schlappe, sondern taufte die umstrittenen Rückmeldegebühren einfach um: "Verwaltungskostenbeitrag" sollen sie fortan heißen. Und statt 50 will das Land gleich 75 Euro kassieren und hält die geplante Regelung für gerichtsfest. Schließlich sieht auch Niedersachsen keinen Anlass, nach dem Karlsruher Urteil vom "Verwaltungskostenbeitrag" abzurücken.
Die Umbenennung soll es richten, das baden-württembergische Inkasso nicht ins Stocken geraten. Schon seit Jahren erhebt das Land Studiengebühren von Langzeitstudenten, musste die Rückmeldegebühren jedoch bereits bald nach dem Start 1997 aussetzen, weil den Gebühren-Hardlinern bei den ersten juristischen Auseinandersetzungen selbst Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Gesetzes dämmerten.
Vor dem Verfassungsgericht konnten sich die studentischen Kläger schließlich erneut durchsetzen. Doch ihre Freude hielt nicht lange: Bereits zum kommenden Wintersemester sollen alle Studenten im Ländle 75 Euro pro Semester zahlen. Einen entsprechenden Bericht der "Stuttgarter Nachrichten" hat das baden-württembergische Finanzministerium inzwischen bestätigt. Das Wissenschaftsministerium soll nun einen Gesetzentwurf zum "Verwaltungskostenbeitrag" erarbeiten und bezifferte die Mehreinnahmen auf 17 Millionen Euro. Im Nachtragshaushalt hatte die Landesregierung die ausgefallenen Rückmeldegebühren mit 20 Millionen Euro veranschlagt.
Studentenvertreter planen bereits neue Proteste: "Ich bin schoickiert, dass das Land trotz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts eine neue Gebühr einführt, auch über ihre Höhe", sagte Jesko Splittgerber, Sprecher der Landes-ASten-Konferenz. Die SPD-Abgeordnete Carla Bregenzer nannte die Pläne "unverschämt und lächerlich". Die Landesregierung wolle um jeden Preis ein "Sonderopfer zu Lasten der Studierenden" durchsetzen.
Die Uni Mannheim will noch mehr
Im Parlament will die SPD dafür sorgen, dass sämtliche Rückmeldegebühren aus den Jahren 1997 und 1998 - insgesamt über 34 Millionen Euro - zurückgezahlt werden. Die Rückzahlung dürfe nicht auf Studenten beschränkt bleiben, die sich durch Widersprüche und Klagen gegen die Gebühr gewehrt haben. Derweil warnte Robert Brehm, Prozessvertreter von zwei der klagenden Studenten, vor "prozessualen Tricks", vor allem vor dem "Versuch, sich auf Verjährung der Rückforderungsansprüche zu berufen". Das wäre eine "Bankrotterklärung des Landes", so der Frankfurter Rechtsanwalt.
Auch die Universität Mannheim protestierte gegen die Verwaltungsgebühr - aber aus völlig anderen Gründen. Sie will erreichen, dass die Einnahmen an den Hochschulen verbleiben, und zugleich die "Preispolitik als wichtigen Marketingbereich flächendeckend selbst gestalten". "Wir wollen selbst bestimmen können, welchen Studiengang wir zu welchem Preis anbieten können", sagte der Mannheimer Rektor Hans-Wolfgang Arndt, "dann käme es endlich zu einem echten Wettbewerb zwischen den Hochschulen."
Arndt hat keine Sorgen, das Studium könne dann nicht mehr finanzierbar sein. Für einen Wirtschafts- oder Informatikstudenten im Aufbaustudium hält er "bei einem späteren Jahresgehalt von 75.000 Euro auch 15.000 Euro Studiengebühr" für zumutbar. "Wieviel Euro wir davon dann für die Refinanzierung unserer Verwaltungsleistungen verwenden - das braucht beim besten Willen nicht das Land per Verwaltungsgebühr zu bestimmen", so Arndt.
Unterdessen will Baden-Württemberg auch die Tür zu allgemeinen Studiengebühren noch weiter aufstoßen. Der Bund hatte per Änderung des Hochschulrahmengesetzes ein Verbot von Gebühren im Erststudium erlassen. Das Gesetz lässt den Ländern zwar einige Schlupflöcher, doch die reichen Baden-Württemberg nicht. Im April oder Mai will das Land eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht einreichen. Angesichts der Finanzlage der Länder müssten die Spielräume erhalten bleiben, sagte Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU). Angriffe des Bundes auf föderale Kernkompetenzen werde der Südwesten nicht hinnehmen.