Studienkredite Leihe lieber mit Bedacht

Wie soll ich's nur bezahlen? Die meisten Studenten finanzieren ihr Studium mit Geld von den Eltern oder Bafög. Doch wenn es knapp wird, kann ein Studienkredit helfen. Der birgt aber auch Risiken.
Geld scheffeln: Wer einen Studienkredit abschließt, sollte sich vorher gut informieren

Geld scheffeln: Wer einen Studienkredit abschließt, sollte sich vorher gut informieren

Foto: Corbis

Es brauchte nur drei kleine Schritte, dann war Marek Strabe wieder flüssig. Kurz vor dem Examen war dem Jurastudenten aus Berlin das Geld ausgegangen, ein Studienkredit schien die letzte Lösung zu sein. Strabe, der seinen richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen will, füllte online einen Antrag aus und schickte der staatlichen KfW-Bank sein Zwischenprüfungszeugnis. Dann zeigte er bei der Post noch einmal seinen Ausweis vor, um sich zu identifizieren.

Seitdem überweist die Bank dem 28-Jährigen jeden Monat 300 Euro - insgesamt 14 Monate lang. Bis zum Examen wird er sich 4200 Euro geliehen haben. Bislang hatte er für seinen Unterhalt immer gearbeitet. "In der Examensvorbereitung wollte ich aber keinen Job", sagt Strabe. Die intensive Vorbereitung lasse es kaum zu, wie bisher dreimal die Woche im Theater zu arbeiten. Zudem brauche er Geld für den kommerziellen Repetitor. Seine Eltern können ihm aber nicht mehr zahlen, Bafög bekommt er nicht. Es blieb der Studienkredit.

Damit ist Strabe unter Studenten die Ausnahme: Nur eine Minderheit von 4 Prozent nimmt einen Studienkredit in Anspruch, zeigt eine Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks. Die meisten, 87 Prozent, finanzieren sich über das Geld ihrer Eltern oder beziehen Bafög (29 Prozent). Die Kredite waren 2005/2006 parallel mit der Einführung der Studiengebühren aufgekommen, durchsetzen konnte sich das Studium auf Pump, wie es in den USA normal ist, hierzulande jedoch nicht.

Commerzbank forderte plötzlich das Geld zurück

Ein Studienkredit birgt allerdings auch Gefahren: "Studenten haben ein Verschuldungsrisiko", sagt Stefan Grob vom Deutschen Studentenwerk. Zum einen können sich die Kreditnehmer beim Berufseinstieg nicht ungetrübt über ihr erstes Gehalt freuen - sondern haben mitunter einen Berg von Schulden. Schließlich müssen sie der Bank jeden Cent plus Zinsen zurückzahlen, während beim Bafög die Hälfte der Schulden erlassen wird.

Bei einem Studienkredit leiht die Bank Studenten Geld, ohne von ihnen eine Sicherheit einzufordern. "Außerdem wird das Geld in Raten ausgezahlt statt wie bei anderen Krediten auf einen Schlag", sagt Ulrich Müller vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE). Nach der letzten Rate gebe es in der Regel eine Karenzphase: Die Studenten müssen ihre Schulden nicht sofort zurückzahlen, sondern haben eine Pause zwischen der letzten Rate und dem Beginn der Rückzahlung.

Genau hier liegt jedoch eine Gefahr: So soll die Commerzbank zahlreiche Studenten nicht rechtzeitig über das Auslaufen ihres Kredits informiert und hohe Überziehungszinsen kassiert haben. Studenten berichteten im Sommer, die Bank habe gefordert: Entweder ihr zahlt das Darlehen auf einmal komplett zurück oder ihr nehmt ein neues Angebot mit hohem Zinssatz an. Die Bank räumte damals ein, es habe bei einigen Fällen Probleme gegeben, wies die Vorwürfe allerdings allgemein zurück.

"Viele Banken haben mit den Studienkrediten das große Geschäft gewittert", sagt Grob. Ein Studienkredit sollte daher nur in Anspruch genommen werden, wenn es gar nicht anders geht, rät Müller.

Tipps für klamme Studenten:

  • Alternativen checken: Zunächst kann beim Studentenwerk erfragt werden, ob es günstigere Alternativen zum Studienkredit gibt, sagt Grob. Fast überall werde inzwischen eine kostenlose Studienfinanzierungsberatung angeboten.
  • Anbieter recherchieren: Studienkredite gibt es bei rund 40 Anbietern. Platzhirsch auf dem Markt ist die staatliche KfW-Bank, generell werden staatliche Angebote am stärksten in Anspruch genommen: 92,3 Prozent der im Jahr 2011 neu abgeschlossenen Verträgen fielen auf staatliche Anbieter - der Studienkredit der KfW-Bank, der Bildungskredit des Bundesverwaltungsamts sowie die Angebote für Studienbeitragsdarlehen in Niedersachsen und Bayern. Weitere 4,1 Prozent fielen auf die Abschlussdarlehen, die von den Studentenwerken gewährt werden. Nur 3,6 Prozent der Vertragsabschlüsse wurden von nichtstaatlichen Anbietern wie der Deutschen Bank verbucht.
  • KfW-Kredit hinterfragen: Ein KfW-Kredit ist nicht für alle Studenten der günstigste, sagt Müller. Andere Anbieter erheben zum Teil geringere Zinsen. Auch bekommt den KfW-Kredit nicht jeder: Finanziert wird laut KfW nur ein Erststudium, die Studenten müssen zwischen 18 und 34 Jahren alt sein und an einer Universität in Deutschland immatrikuliert sein. Ein Master im Ausland wird nicht finanziert.
  • Kleingedrucktes vergleichen: Müller rät, die Anbieter im Detail miteinander zu vergleichen. Entscheidend sei zunächst der Zinssatz, zudem sollten Studenten einen festen Zinssatz vereinbaren. Bei variablen Zinsen seien die Kosten nämlich weniger gut kalkulierbar. Dann sollten Studenten das Kleingedruckte lesen: Nicht jeder Kreditgeber macht etwa einen Hochschulwechsel mit oder unterstützt einen Auslandsaufenthalt. Auch auf Altersbeschränkungen sollte geachtet werden.
  • Zeit nehmen: Die Suche nach dem richtigen Kredit braucht seine Zeit: "Zwei bis drei Monate dauert das schon", sagt Jurastudent Strabe. Auch Müller vom CHE empfiehlt sich von einer unabhängigen Stelle, etwa vom Studentenwerk, beraten zu lassen. Dann sollten Hochschüler zwei bis drei Angebote einholen - und nie spontan unterschreiben.

Kerstin Kruthaup/dpa/lgr
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