Studie Was Arbeiterkinder zum Studium ermuntert

Es ist eine große Ungerechtigkeit im Bildungssystem: Akademikerkinder gehen häufiger an die Uni als Abiturienten, deren Eltern nicht studiert haben. Nun zeigt eine Studie, was dagegen hilft.
Studenten an der Uni Köln

Studenten an der Uni Köln

Foto: Oliver Berg/ picture alliance / dpa

Ob jemand den Plan fasst zu studieren, hängt stark von seinem Elternhaus ab: 84 Prozent der Abiturienten aus akademischen Familien streben an die Uni, während es in nichtakademischen Familien nur 72 Prozent sind.

Eine Ursache dafür sehen Experten darin, dass angehende Abiturienten abhängig vom Bildungshintergrund ihrer Eltern unterschiedlich über Kosten, Finanzierung und Nutzen eines Studiums informiert sind. Eine Langzeitstudie belegt nun diese These mit neuen Daten: "Da Eltern ohne Hochschulabschluss häufig das Wissen zum Studium fehlt, schätzen sie und ihre Kinder die Kosten eher zu hoch und den Nutzen eher zu niedrig ein - insbesondere im Vergleich zu einer beruflichen Ausbildung", schreiben die Studienmacher.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) haben zwischen 2013 und 2016 mehr als 1500 angehende Abiturienten an 27 Berliner Schulen wiederholt zu ihren Ausbildungszielen befragt. Erstmals konnte, so die Studienmacher, gezeigt werden, dass die Weitergabe von fundierten Informationen die Entscheidung für oder gegen ein Studium tatsächlich beeinflusst.

Wer in der Schule erfährt, was ein Studium langfristig bringt und wie man es bezahlen kann, will nach dem Abitur eher studieren. Das sei besonders bei Abiturienten der Fall, deren Eltern selbst keinen Hochschulabschluss haben: Erhalten diese Jugendlichen noch während der Schulzeit jene Informationen, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit um zwölf Prozentpunkte, dass sie sich auf Studienplätze bewerben oder in zulassungsfreie Studiengänge einschreiben.

Wer studiert hat, verdient besser

Die Studienmacher führten Workshops an Schulen durch und befragten die Schüler davor sowie zwei bis drei Monate und ein Jahr danach. Schüler aus Nichtakademiker-Haushalten, die an einer solchen Veranstaltung teilgenommen hatten, wollten einige Monate hinterher immer noch eher studieren als ihre Mitschüler, die nicht dabei waren. Offenbar hatten die Informationen, die sie bekommen hatten, sie nachhaltig überzeugt beziehungsweise ihren Studienwunsch bekräftigt.

So wussten knapp 42 Prozent der Workshopteilnehmer hinterher, dass das Arbeitslosigkeitsrisiko mit einem Hochschulabschluss geringer ist als mit einem beruflichen Abschluss, im Vergleich gaben das nur rund 31 Prozent der Schüler ohne Workshop an. Ähnlich antworteten die Abiturienten auch in Bezug auf das Einkommen. Tatsächlich verdienen Menschen mit einem Studienabschluss durchschnittlich deutlich mehr als jene mit einer beruflichen Ausbildung.

Wer hingegen Akademiker als Eltern hat, nutzt sie generell nicht nur stärker als Informationsquelle in Bezug auf ein Studium, sondern schätzt die Infos auch als hilfreicher ein. Für diese Abiturienten spielt es kaum eine Rolle, ob es in der Schule einen Workshop gab oder nicht. Offenbar ist der Einfluss dieser Eltern ohnehin stärker als andere Einflüsse, da Akademikereltern laut den Forschern oft nicht wollen, dass ihre Kinder einen niedrigeren Bildungsabschluss anstreben als sie selbst.

"Detaillierte und wissenschaftlich basierte Informationen über den Nutzen und die Finanzierungsmöglichkeiten eines Studiums können auf den familiären Bildungshintergrund zurückgehende Unterschiede bei der Studienabsicht reduzieren", sagt C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am DIW Berlin und dortige Leiterin des Projekts. Die Forscher empfehlen daher, Jugendlichen noch in der Schule genau diese Informationen zum Studium bereitzustellen.

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Foto: Patrick Pleul / dpa

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