Umstrittener US-Professor Churchill steht zu seinem Nazi-Vergleich
Die Affäre um Ward Churchill kam ins Rollen, als der umstrittene Hochschullehrer einen Vortrag am Hamilton College im Bundesstaat New York halten sollte. Das lenkte das Interesse der akademischen Zunft in den Vereinigten Staaten auf einen Essay, den Churchill kurz nach den Terroranschlägen von New York und Washington am 11. September 2001 verfasst hatte.
Darin hatte Churchill, der an der University of Colorado Ethnologie lehrt, die Opfer aus dem World Trade Center mit dem Nazi-Verbrecher Adolf Eichmann verglichen. Der Obersturmbannführer der SS organisierte im Nationalsozialismus von seinem Berliner Büro aus die Vernichtung der im deutschen Machbereich lebenden Juden und vor allem die Deportation aus allen europäischen Ländern - ein Bürokrat ohne jeden Skrupel und ein Manager des Massenmords, gegen den 1962 in Israel das Todesurteil vollstreckt wurde.
Das Hamilton College sagte den Vortrag ab, nachdem sich entrüstete Stimmen über Churchill gehäuft hatten. Zuvor hatte das College noch das Recht auf akademische Meinungsfreiheit verteidigt, konnte sich aber gegen den öffentlichen Druck nicht behaupten.
An seiner Heimatuinversität indes konnte Churchill auftreten. Dorthin hat sich inzwischen das Zentrum des Streits verlagert. "Ich werde nicht einen Zentimeter zurückweichen! Und ich schulde niemandem eine Entschuldigung." Mit diesen Worten bekräftigte Churchill seine Überzeugung vor über 1000 Zuhörern am Dienstag auf dem Campus von Boulder in Colorado.
"Bigotter Terroristen-Unterstützer"
Dabei erhielt er stehende Ovationen für seine harsche Kritik an der US-Außenpolitik: Sie sei für den Tod von tausenden von Menschen verantwortlich; auch die Banker und Händler in den Zwillingstürmen des World Trade Centers hätten dabei mitgemacht. Daher sei es gerechtfertigt, sie mit Eichmann zu vergleichen. Churchill bezeichnete die Broker und Händler als Technokraten, die an der repressiven amerikanischen Politik teilgehabt hätten. Sie hätten, wie Eichmann, ein amoralisches System unterstützt. "Die Putzfrauen, die Passanten, die Kinder habe ich nicht gemeint", ergänzte Churchill zu seinem Vergleich der Opfer im WTC mit "kleinen Eichmanns".
Bill Owens, der Gouverneur von Colorado, forderte nach dem Bekanntwerden von Churchills Äußerungen dessen Entlassung als Hochschullehrer. Parlamentsabgeordnete nannten die Aussagen des Professors "bösartig und aufrührerisch". Auch aus New York kam heftige Kritik: Gouverneur George Pataki sprach von Churchill als einem "bigotten Terroristen-Unterstützer".
Dem Vortrag in Boulder waren heftige Auseinandersetzungen zwischen der Universitätsleitung und Churchill vorausgegangen. Die Universität hatte Sicherheitsbedenken und wollte die Rede absagen, doch der umstrittene Gelehrte klagte vor Gericht und setzte sich durch. Nachdem Churchill eine Reihe von Morddrohungen erhalten hatte, schützten fast 30 Polizisten die Veranstaltung.
Nun beschäftigt sich der Aufsichtsrat der Universität mit Churchills Aussagen und prüft, ob der fest angestellte Professor entlassen werden kann. Auch für diesen Fall hat Churchill mit Klage gedroht. "Der Rat sollte seinen Job machen und mich den meinen machen lassen", forderte er in seiner Rede.
Von seinem Posten als Dekan des Institutes für Ethnologie ist der Experte für die Ausrottung der Indianer Nordamerikas bereits zurückgetreten.