
Die ehrliche Bewerbung: "Nichts könnte mich mehr langweilen"
Karriere-Tipps vom Uni-Loser "Mit großem Desinteresse habe ich Ihre Stellenanzeige gelesen"
Ich schließe eine Wette ab: In einigen Jahren wird man an deutschen Universitäten das Fach "Bewerbungswissenschaften" studieren können.
In "Bewerbungswissenschaften", einem interdisziplinären und international ausgerichteten Turbo-Studiengang mit vielen praktischen Übungen, wird es darum gehen, möglichst präzise die Wünsche der Arbeitgeber zu erforschen: Welches Lächeln ist erwünscht? Trägt man in Bewerbungsgesprächen besser weiße Blusen oder rote? Wie gibt man Arbeitgebern die Hand? Ist ein leichter Knicks zeitgemäß? Und: Soll ich meine Zähne bleichen lassen vor dem Bewerbungsgespräch?
Schon jetzt kommen Arbeitgeber an die Uni und lassen sich präventiv Lebensläufe und Bewerbungsschreiben zeigen. Ehemalige Personalmanager verdienen ihr Geld damit, dass sie als Ghostwriter anderen eine perfekte Bewerbungsmappe erstellen.
Bevor der Studiengang "Bewerbungswissenschaften" kommt, will ich schnell in diese Branche einsteigen. Meine Geschäftsidee heißt: die ehrliche Bewerbung.
Ich werde Studenten beraten, wie sie Lebenslauf und Motivationsschreiben gestalten - ohne ein einziges Mal zu lügen. Ich will am Beispiel von Max Mümmelmann zeigen, wie eine ehrliche Bewerbung aussehen könnte. Max bewirbt sich bei der Unternehmensberatung McKinsey.
Wenn ich auch dir beim Schreiben einer ehrlichen Bewerbung helfen soll, dann mail mir bitte an coach@uniloser.de. Die ersten fünf Bewerber berate ich kostenlos. Ab Januar werde ich zusätzlich ganztägige Coaching-Seminare an Universitäten und Berufsakademien anbieten. Und so könnte Max' Bewerbung aussehen:
An
McKinsey & Company, Inc.
Straße des Ewigen Lächelns 12
80333 München
Betreff: Bewerbung als Unexperienced Professional (m/w)
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit großem Desinteresse, aber dem Wissen um meine ausweglose Situation habe ich Ihre Stellenanzeige in der Wochenzeitung "Die Zeit" zur Kenntnis genommen. Die Möglichkeit, dass ich Sie schon bald im Rahmen von Design-to-Cost- und Design-to-Value-Projekten und bei der Konzeption innovativer Produktideen unterstütze, erschüttert mich zutiefst.
Ich verfüge weder über ein sicheres Auftreten, noch bin ich kontaktfreudig oder mobil. Die Vorstellung, bei McKinsey & Company ebenso selbständig wie auch als Teil eines jungen und motivierten Teams zu arbeiten, bereitet mir große Sorgen.
Wenn Sie fragen, ob ich Interesse habe, bei führenden Unternehmen die Entwicklung neuer Produkte im Spannungsfeld von technischen Möglichkeiten und wirtschaftlichem Erfolg mitzugestalten, dann antworte ich: Nichts könnte mich mehr langweilen als das.
Nur ist es so, dass ich Kredite abbezahlen muss, meine Freundin unbedingt mit mir auf die Seychellen will und mein Umfeld Dinge von mir verlangt, die ich kaum erfüllen kann. In Anbetracht dieser Lage beuge ich mich den Umständen und bitte Sie, mein Leben bei guter Bezahlung in Zukunft damit verbringen zu dürfen, Unternehmen zu zerlegen, Kosten zu minimieren und zwischendurch mit meinen Kollegen in der Kantine über die Seychellen zu reden. Im Anhang sende ich Ihnen einen tabellarischen Lebenslauf.
Mit freundlichen Grüßen,
Max Mümmelmann
Lebenslauf - Max Mümmelmann
1.) Allgemeines
- 2005 Versuchter Ladendiebstahl (Nudeln und Kaugummis)
- 2005 - 2006 Große Langweile
- 2007 Pflanzen eines Baums
- 2008 - 2009 Erneut große Langeweile
- 2010 Teilnahme am Bundesliga-Gewinnspiel des "Kicker"
- 2011 Versuchter Urlaub auf den Seychellen
- 2012 - 2013 Der Baum geht kaputt
2.) Schwächen / Unfähigkeiten
- Ich bin oft müde
- Ich bin manchmal sehr still
- Ich stehe Menschen skeptisch gegenüber
- Oft verliere ich meine Zahnbürste
- Ich verpasse meistens den Bus
- Ich reise nur sehr ungern
3.) Probleme / Sorgen
- Schulden
- Schmerzen im Knie
- Der Aufzug ist kaputt
- Das Fahrrad ist kaputt
- Man hänselt mich, weil ich Mümmelmann heiße

Prominente Studienabbrecher: Es gibt ein Leben nach der Uni
Zweimal ist Felix Dachsel, 26, schon an der Uni gescheitert, jetzt versucht er es noch ein drittes Mal. Kann das gutgehen? Im UniSPIEGEL erzählt der Uni-Loser in einer neuen Serie, wie er mit Frauen zurechtkommt, die von ihren Plastikwasserflaschen besessen scheinen. Wie er sich im Bachelor-Master-Chaos zurechtfindet. Und was zum Teufel ihn wieder auf den Campus trieb.Themenseite "Der Uni-Loser"