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Neues Uni-Ranking: Sind das die besten deutschen Unis?

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Deutsche Unis im "THE"-Ranking Das Wunder von Tübingen

Die LMU München triumphiert, Tübingen springt sogar 100 Plätze nach oben: Die Gewinner des "THE"-Uni-Rankings feiern sich. Doch selbst die Autoren nennen die Liste "plump" - und berichten von Zahlentricksereien der Hochschulen.

Könnte sein, dass die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München in den nächsten Tagen eine freudige Pressemeldung auf ihre Seite stellt: Unter einer Überschrift, die lauten könnte "LMU verteidigt Spitzenplatz" würde dann stehen, dass die bayerische Elite-Uni im renommierten "Times Higher Education"-Ranking ("THE") gegenüber dem Vorjahr vom 55. auf den 29. Platz aufgestiegen ist.

Falls der Autor der Pressemitteilung zu Streit aufgelegt ist, wird er vielleicht auf den Lokalrivalen TU München verweisen, der elf Plätze verloren hat und sich gerade noch in den Top 100 der laut "THE" weltbesten Unis hält. Auch die Verfolger aus Göttingen und Heidelberg fallen im neuesten Ranking zurück.

Am Mittwochabend veröffentlichte das britische Uni-Fachmagazin "Times Higher Education" ("THE")  wieder seine Liga der außergewöhnlichen Universitäten. Am schnellsten in der Rubrik Eigenlob war diesmal die TU Dresden. Noch in der Nacht veröffentlichte die Uni-Pressestelle, die TU "stürmt auf Spitzenplatz 135"  im internationalen Vergleich, und all das dank "der harten Arbeit der vergangenen Jahre".

Auch Bildungspolitiker weltweit bewerten anhand der "THE"-Tabelle die Qualität ihrer Hochschulen: Japans Regierung gab im vergangenen Jahr das Ziel aus, zehn japanische Unis müssten in die Top 100. Als 2012 keine russische Hochschule unter die besten hundert Unis kam, kündigte Wladimir Putin umgehend ein milliardenschweres Förderprogramm an. Auch viele internationale Studenten und Wissenschaftler lesen die Liste aus London, wenn sie sich eine Uni aussuchen.

"THE"-Ranking 2014/15

Je nach Erfolg feiern Uni-Präsidenten und ihre Fundraiser die Rangliste deshalb oder fürchten sie: Ein schlechterer Tabellenplatz schadet dem Renommee und kann sogar bares Geld kosten. Denn welcher Drittmittelgeber steckt sein Fördergeld in einen Absteiger statt in eine Top-Universität?

"26 Plätze! Glauben Sie wirklich, dass die Universität in München so viel besser geworden ist?", fragt Ellen Hazelkorn. Die Dekanin des Dublin Institute of Technology ist weltweit eine der heftigsten Kritikerinnen von Universitätsrankings. Sie glaubt nicht, dass ein einzelner Tabellenplatz erfassen kann, was eine Universität leistet oder nicht.

Das Ranking ist "relativ plump, aber leicht verdaulich"

Die Wissenschaft weiterentwickeln und den Nachwuchs ausbilden, an der Seite der Industrie forschen und international Talente anziehen - all das gießt "THE" in eine Zahl. Lernbedingungen, etwa das zahlenmäßige Betreuungsverhältnis, machen davon 30 Prozent aus, die Reputation unter Akademikern 18 Prozent - und so weiter.

"Rankings sind so mächtig geworden. Es besteht das Risiko, dass Universitäten das Ranking-Spiel spielen, statt sich auf ihre eigentliche Aufgabe zu konzentrieren", sagt Phil Baty. Der Brite ist kein Kritiker des "THE"-Rankings, er ist gewissermaßen das "THE"-Ranking. Als leitender Redakteur des Magazins muss er die Tabelle mit Listenplätzen natürlich auch verteidigen: "Es ist eine Vereinfachung, ein relativ plumpes Maß. Aber es ist leicht verdaulich und weckt Interesse."

Uni-Listen wie das U-Multirank der EU-Kommission, das ohne Rangplätze funktioniert, würden weltweit ignoriert. Dennoch hofft Baty, dass Studenten ihre Alma Mater nicht nur nach deren Tabellenplatz aussuchen: "Die Rangliste soll Leser anregen, tiefer in unsere Zahlen einzusteigen."

Tiefer eingestiegen in die Zahlen sind allerdings auch deutsche Universitäten. Viele versuchen aktiv, durch bessere Zusammenarbeit mit "THE" besser dazustehen. Um die Universität Tübingen in diesem Jahr in die Top 200 zu bringen, brauchte es keine Bildungsrevolution im Schwäbischen.

Statistik-Kniff bringt rund 100 Plätze

Die Tübinger hätten bisher breiter als andere definiert, wer als Vollzeitforscher an "THE" gemeldet wird, schreiben die Ranking-Verantwortlichen in ihrem Bericht. Bei Indikatoren wie "Forschungsmittel pro Mitarbeiter" hätten sie deshalb im vergangenen Jahr schlechter abgeschnitten als verdient. Auch die Uni Tübingen erklärt auf SPIEGEL-ONLINE-Anfrage, man habe diesmal befristet Beschäftigte nicht mitgezählt und nur unbefristete Forscherstellen nach London gemeldet. Der Statistik-Kniff katapultierte die Uni in diesem Jahr rund hundert Plätze nach oben. Und auch der wundersame Aufstieg Dresdens stellt sich anders dar, wenn "THE"-Verantwortlicher Phil Baty sagt: Die TU habe "einen großen Batzen der Daten zu wissenschaftlichen Mitarbeitern und Studenten weggelassen".

Ranking-Kritiker fühlen sich von solchen Entwicklungen bestätigt: "Die Universitäten versuchen, sich besser auf die Indikatoren einzustellen, statt besser zu werden", sagt die irische Professorin Hazelkorn. Besonders zweifelhaft findet sie die Messung der Reputation einer Institution unter anderen Wissenschaftlern: "Jeder nennt die Universitäten, die er kennt." Das sei eben eher Harvard als eine kleine deutsche Hochschule.

Das Ranking belohne die superreichen US-Universitäten, die höchstens ein halbes Prozent aller Studenten je von innen sehe. "Wer sonst kann Forscher mit langen Publikationslisten einkaufen oder Seminare mit vier Leuten anbieten?" Ranking-Macher Baty verteidigt das Vorgehen: "Es macht eben einen Unterschied, ob 10.000 oder 100.000 Dollar pro Student ausgegeben werden."

Ob Geld wirklich bessere Bildung kaufen kann, ist die eine Frage. Hazelkorns Kritik geht aber noch tiefer: Dass Yale oder Oxford für viele Studenten unbezahlbar bleiben, berücksichtige das Ranking nicht, kritisiert Hazelkorn. "Das Ranking ist für eine Elite, der es eh immer gut gehen wird."

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