Vorwurf gegen Professor Bessere Noten nur für Sex
Vor dem Amtsgericht Augsburg muss sich am Donnerstag ein Professor der Universität Augsburg verantworten - wegen "versuchter Bestechlichkeit in Tateinheit mit versuchter Nötigung in einem besonders schweren Fall". Er soll einer Studentin vorgeschlagen haben, die Note ihrer Abschlussprüfung zu verbessern, wenn sie dafür mit ihm eine längere sexuelle Beziehung eingehe.
Die Anklageschrift, aus der das Gericht zitiert, erzählt eine Geschichte wie aus einem Groschenroman. Demnach hatte eine Studentin der Uni Augsburg wiederholt eine Magisterabschlussprüfung geschrieben. Als sie den nun angeklagten Professor aufsuchte, um die Themen der mündlichen Prüfung zu besprechen, habe sie betont, wie wichtig für sie ein Bestehen der Prüfung sei. Im Falle eines Versagens habe sie dem Hochschullehrer 5000 Euro angeboten - sie könne auch "kochen, putzen" oder mit ihm "ins Kino gehen", zitiert das Amtsgericht die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Augsburg.
Geld und häusliche Gefälligkeiten sollen den verheirateten Endfünfziger aber nicht interessiert haben, nur "sexuelle Leistungen". Bei einem späteren Gespräch habe die Studentin erfahren, dass die Note der schriftlichen Prüfung "nicht ausreichend" sei. Laut Anklage erneuerte der Professor seinen anzüglichen Vorschlag, für Sex die Note aufzubessern - diesmal allerdings vor einer laufenden, versteckten Kamera.
Drohung des Detektivs mit Fernsehsender
Die Studentin habe sich vor dem Treffen von einem Privatdetektiv mit Überwachungstechnik ausstatten lassen; Teile des Gespräch seien mit Bild und Ton aufgezeichnet worden. Zum nächsten Termin sei dann der von der Studentin engagierte Privatdetektiv erschienen und habe dem Professor gedroht, die Aufzeichnungen einem privaten TV-Sender zuzuspielen, sollte nicht die schriftliche Note abgeändert werden und die Note in der mündlichen Prüfung 3,3 betragen.
Der Anklage zufolge reagierte der Professor - wenn auch nicht ganz wie gewünscht: Zwar habe er die Note der schriftlichen Magisterprüfung tatsächlich von 4,7 auf 4,3 geändert, aber noch vor der mündlichen Prüfung den Dekan der Uni Augsburg informiert. Der Dekan habe die schriftliche Selbstanzeige an die Leitung der Universität weitergegeben, die Augsburger Staatsanwaltschaft sie dann per Fax erhalten.
Die Affäre um Bestechlichkeit in Augsburg habe sich an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität zugetragen, berichtet die "Augsburger Allgemein Zeitung". Die Studentin soll zuvor bereits aufgefallen sein, weil sie "gespickt" und für eine Arbeit Inhalte einfach aus dem Internet kopiert habe, schreibt die Zeitung weiter.
Verfahren auch gegen die Studentin
Der Fall erinnert an den eines bestechlichen Juraprofessors in Hannover: Der hatte von windigen "Promotionsberatern" nicht nur über 150.000 Euro für die Annahme von Promotionskandidaten kassiert, sondern auch eine sexuelle Beziehung mit einer Studentin unterhalten und diese dafür systematisch bei Noten und Leistungsnachweisen bevorzugt. Der bestechliche Professor musste drei Jahre in Haft, die Studentin 1800 Euro Strafe wegen Bestechung zahlen.
Auch die Augsburger Justiz konzentriert sich nicht allein auf den Bestechungs- und Nötigungsvorwurf gegen den Professor - auch die Studentin muss sich verantworten. Dazu sagte der Augsburger Oberstaatsanwalt Matthias Nickolai SPIEGEL ONLINE, es gebe "weitere strafbare Sachverhalte". Heimliche Ton- und Videomitschnitte sind verboten, weil sie die Vertraulichkeit des Wortes verletzen. Außerdem lege ihr die Staatsanwaltschaft wegen der angebotenen 5000 Euro und der anschließenden Drohung mit dem Videomaterial "Bestechung und versuchte Nötigung" zur Last, so der Staatsanwalt.
Weil die Studentin einem Strafbefehl über 1000 Euro widersprach, wird ihr Fall nun gesondert vor Gericht verhandelt. Der Detektiv wird trotz vermuteter Mittäterschaft nicht belangt, weil er bereits in einem anderen, deutlich schwerwiegenderen Verfahren verurteilt wurde und daher nach Strafprozessordnung dieses minder schwere Vergehen nicht verfolgt werden muss.
Der Professor ist weiter an der Fakultät tätig. Ein Uni-Sprecher wies aber darauf hin, dass die Hochschule gegen ihn dienstaufsichtlich vorgegangen sei und dem Beschuldigten Gespräche mit Studierenden unter vier Augen und das Abnehmen von Prüfungen untersagt habe. Über Disziplinarmaßnahme werden nach Abschluss des Verfahrens entschieden.