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Waffen für die Uni-Polizei: In Guns We Trust

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Kriegswaffen bei US-Uni-Polizei In Guns we trust

In den Waffenkammern amerikanischer Uni-Polizisten steht schweres Gerät: Einige Campus-Cops bestellten Humvees, mehrere Dutzend Sturmgewehre und Granatwerfer vom Pentagon. Doch was nützt Kriegsgerät auf Uni-Geländen?
Von Claudia Malangré

Wenn an einer amerikanischen Hochschule ein Student besoffen über das Gelände torkelt, in einem Studentenwohnheim eingebrochen wird oder zwei Autos zusammenstoßen, kommt die Campus-Polizei. Die ist weit mehr als nur ein Sicherheitsdienst. Uni-Gelände gleichen oft kleinen Städten, und die brauchen ihre eigenen staatlichen Polizeieinheiten, so ist es Brauch in den USA.

Am Holster amerikanischer Uni-Cops baumeln in der Regel Pistole, Reizgas oder Schlagstock. Richtig sonderbar ist allerdings, was nun Recherchen der amerikanischen Fachzeitung "The Chronicle of Higher Education" ergaben: In den Garagen und Magazinen lagern nämlich Fahrzeuge und Waffen, mit denen sich ein kleiner Krieg führen lässt.

Die Waffen stammen aus Militärbeständen, und der "Chronicle" listet detailliert auf , in welchen Arsenalen sie gelandet sind: So erhielt allein die Arizona State University Police 70 Sturmgewehre vom Typ M-16, lange die Standardwaffe jedes US-Soldaten. Im Bundesstaat Arkansas schützt die Polizei der staatlichen Medizinuniversität ihre Studenten gern mit Schrotflinten. Zwei Campus-Polizeien erhielten Granatwerfer für Explosivgeschosse und Tränengas. Insgesamt wurden einige Hundert großkalibrige Handfeuerwaffen und Sturmgewehre an Campus-Polizisten abgegeben. In 22 Bundesstaaten bestellten mehr als hundert Universitätspolizeien direkt beim Verteidigungsministerium. Vollständig ist die Liste (dokumentiert am Ende dieses Artikels) nicht, betont das Fachblatt.

Zwar ist auch viel harmloser Kram dabei wie Drucker, Möbel oder Briefumschläge - doch bei gegen Minen gesicherten Fahrzeugen, einem Schaufelradlader und sogar Gefechtsgeländewagen vom Typ Humvee drängt sich die Frage auf: Was soll das Ganze?

Man nimmt, was man kriegen kann

Richard Beary, Leiter der Campuspolizei an der University of Central Florida, erklärt die martialische Bewaffnung mit der Gefahr von Amokläufen. "Was einst undenkbar war, damit muss man heute rechnen", sagte er dem "Chronicle". Die Polizei brauche militärische Waffen, um mit den häufig gut ausgerüsteten Tätern mithalten zu können. Auch Michael Qualls, Dozent für Strafrecht an der Fort Valley State University, Ex-Militär und früher Mitarbeiter mehrere Campus-Polizeien, hält das Waffensortiment für unproblematisch: "Wenn diese Waffen verfügbar werden, warum sollte man sie nicht abgreifen?" Es sei besser vorbereitet zu sein, als unvorbereitet zu sein.

Dem widerspricht Mary Ann Franks im "Chronicle": Die Jura-Dozentin der Universität von Miami befürchtet, Studenten könnten sich wegen der schweren militärischen Ausrüstung der Campus-Cops ängstigen und sie wären mitunter weniger bereit, zu demonstrieren. Ihr Kollege, der Kriminologe Peter Kraska von der Eastern Kentucky University, warnt: Wenn kleine Polizeistellen mit militärischer Ausrüstung bestückt werden, könnten die Polizisten schnell vom Beschützer zum potenziellen Gefährder werden.

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Pfefferspray auf dem Campus: "Exzessive Gewalt gegen Studenten"

Foto: Wayne Tilcock/ AP

Bedenkliche Vorfälle von Polizeigewalt gegen Studenten hat es in den USA wiederholt gegeben: Auf dem Campus der University of California etwa ging die Polizei im April 2012 mit Pfefferspray gegen friedliche Demonstranten vor.

Ermöglicht hat die Aufrüstung der Uni-Polizeien das umstrittene Programm 1033. Seit Ende der Neunziger gibt das US-Verteidigungsministerium damit überschüssige Ausrüstung kostenlos an staatliche Behörden ab. Nur Transport und Instandhaltung müssen die Empfänger selbst bezahlen. Militärgüter im Wert von 4,3 Milliarden Dollar wechselten so bisher den Nutzer. Erlassen wurde das Programm, um finanziell schwachen Polizeidienststellen zu helfen.

Harsche Kritik löste die laxe Weitergabe von Kriegsgerät zuletzt im August aus: In der Kleinstadt Ferguson im US-Bundesstaat Missouri waren Polizisten gegen Demonstranten aufmarschiert, die wegen der Erschießung des unbewaffneten schwarzen Teenager Michael Brown protestierten. Die Einsatzkräfte kamen mit Waffen und Fahrzeugen, als gelte es, Drogenkartelle oder feindliche Truppen in einem Kriegsgebiet zurückzuschlagen. Auch hier stammte das Equipment vom Pentagon.

Claire McCaskill, demokratische Senatorin aus dem US-Bundesstaat Missouri, schlug daraufhin vor, Polizeibehörden, die von dem Programm profitieren, mit 200-Stunden-Trainings besser für die Handhabung der Kriegswaffen auszubilden. Und US-Präsident Barack Obama unterstützt eine überparteiliche Gesetzesinitiative, die noch im September den Transfer bestimmter militärischer Ausrüstung begrenzen soll. Gepanzerte Fahrzeuge und großkalibrige Waffen sollen dann nicht mehr so einfach den Besitzer wechseln können. Die absurd bewaffneten Campus-Polizisten liefern ein weiteres Argument, das Programm 1033 zu überprüfen.

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