Probleme auf Android-Geräten Darum sollten Nutzer der Corona-Warn-App jetzt ihre Einstellungen überprüfen

"Die Corona-Warn-App im Hintergrund ausführen": Eine wichtige Option für Android-Nutzer
Foto: Markus Böhm/ DER SPIEGELDie Bundesregierung und die Macher stellen die deutsche Corona-Warn-App gern als Erfolgsgeschichte dar. Unabhängige Experten konnten den Quellcode prüfen, wird dabei zum Beispiel betont, oder auch, dass die beteiligten Firmen T-Systems und SAP "auf Augenhöhe" mit Google und Apple zusammenarbeiteten. Kanzleramtschef Helge Braun sagte zum Start der App im Juni gar, sie sei zwar nicht die erste Warn-App "weltweit, die vorgestellt wird, aber ich bin ziemlich überzeugt, es ist die beste".
Eine den Nutzern zumindest nicht ausreichend transparent gemachte Problematik, über die am Donnerstagabend die "Bild"-Zeitung berichtete, passt nun jedoch weniger gut ins Bild der angeblich so vorbildlichen Warn-App "made in Germany". Demnach hat der Abgleich, ob es einen Kontakt zu einem infizierten App-Nutzer gab, wohl auf zahlreichen beliebten Android-Smartphones von Samsung und Huawei über Wochen hinweg nicht richtig funktioniert.
Die Folge auf den betroffenen Android-Smartphones: Selbst wenn jemand Kontakt zu einem anderen infizierten App-Nutzer hatte, wurde er oder sie von der App nicht zwangsläufig zeitnah gewarnt. Der Hinweis auf einen bedenklichen Kontakt wurde nur dann baldmöglichst angezeigt, wenn die Nutzerin oder der Nutzer die App öffnete oder sie noch vom letzten Öffnen auf seinem Smartphone im Hintergrund laufen hatte. Ansonsten aktualisierten sich die Informationen in der App auf den betroffenen Geräten nicht mehr von selbst.
Die Folgen sind weitreichend
Das Problem für die Corona-Warn-App lag darin, dass auf vielen Androidgeräten die sogenannte Hintergrundaktivität der Software automatisch abgeschaltet gewesen sein dürfte, ohne dass technisch unbedarfte Nutzerinnen und Nutzer dies mitbekamen. Wie viele und welche Androidgeräte genau betroffen waren und sind, lässt sich nur schwer abschätzen. Da Samsung und Huawei zu den populärsten Herstellern von Android-Smartphones gehören, dürfte die Zahl der Betroffenen aber im Millionenbereich liegen. Und es dürften auch noch Geräte weiterer Hersteller ähnliche Standardeinstellungen haben.
Theoretisch hätten die Nutzer vieler Smartphonemodelle in ihren Androideinstellungen zwar wohl dafür sorgen können, dass die App regulär funktioniert. Doch die entsprechende Einstellung liegt tief im Menü - und das Grundwissen um das Problem dürfte kaum ein normaler App-Nutzer überhaupt gehabt haben.
Hinter dem Problem stecken Stromsparkonzepte der Gerätehersteller, die die Laufzeit der Akkus verlängern sollen. Es handelt sich um Standardmechanismen, die auf betroffenen Smartphones auch bei zahlreichen anderen Apps dafür sorgen, dass sie sich nicht weiter aktualisieren, wenn sie im Hintergrund laufen.
Bei der Corona-Warn-App allerdings ist der Standardmechanismus folgenreich: Schließlich gehen Nutzer der App davon aus, zu möglicherweise gefährlichen Begegnungen so zeitnah wie nur möglich gewarnt zu werden. Hier geht es also zumindest um ein Kommunikationsversagen der App-Macher.
Von SAP hieß es auf SPIEGEL-Nachfrage zum Thema, die beschriebenen Fälle gingen auf die Konfiguration bestimmter Smartphones zurück: "Einige Hersteller schalten für das Energiemanagement die automatische Hintergrundaktualisierung in den Standardeinstellungen aus, um Strom zu sparen." SAP betonte weiter, dass die eigene Software "keinen Fehler" habe. Man habe schon seit Start der App darauf hingewiesen, dass die Hintergrundaktualisierung aktiviert sein müsse.
Wichtige Teile der Warn-App funktionierten trotz des Problems
Sowohl von SAP, als auch vom Robert Koch-Institut (RKI) heißt es, eine fehlende Hintergrundaktivität der App habe zumindest nicht dazu geführt, dass keine Informationen mehr mit anderen Handys ausgetauscht wurden. Begegnungen mit anderen App-Nutzern im Alltag seien weiter aufgezeichnet worden - was auch daran liegt, dass dieser kontinuierliche Austausch der Kontakte auf der Betriebssystemebene stattfindet.
Wenn einer dieser Kontakte jedoch später als infiziert gemeldet wurde, dann wurde das von den betroffenen Samsung- und Huawei-Geräten im Hintergrund nicht bemerkt. Während der erste Schritt der Kontaktverfolgung der App also problemlos ablief, gab es beim zweiten Probleme. SAP-Technik-Chef Jürgen Müller erklärt dazu in einem LinkedIn-Beitrag die technischen Hintergründe.
Die Prüfung, ob unter den App-Kontakten Infizierte sind, findet eigentlich einmal am Tag statt. Ohne Hintergrundaktivität sind die Informationen innerhalb der App im Problemfall nur dann aufgefrischt worden, wenn Nutzer das Programm öffneten. Es konnte so also leicht vorkommen, dass der in der App angezeigte Risikostatus mehr als einen Tag lang nicht aktualisiert wurde .
Nutzer, die die App nicht regelmäßig im Blick hatten, waren also - bis sich die Software durch ein erneutes Öffnen wieder einmal aktualisierte - nicht mehr dauerhaft auf dem neuesten Stand, was ihren Risikostatus angeht.
Etwaige Warnungen, die eigentlich möglichst zeitnah per Push-Nachricht ausgespielt werden sollen, dürften so ebenfalls nicht wie gewünscht bei betroffenen Nutzern angekommen sein. Genau solche zeitnahen Warnungen sind aber wohl das, was die meisten Nutzer von einer App erwarten, die Warn-App heißt.
Warum Sie das App-Update herunterladen sollten
Mit einer neuen App-Version, die diese Woche erschienen ist, sind die Entwickler der App das Problem, das den zuständigen Stellen laut dem ZDF schon länger bekannt war, kürzlich angegangen. Nutzer der neuesten Version 1.1.1 der Corona-Warn-App finden darin jetzt ein neues Einstellungsmenü, mit dem sie festlegen können, dass die Corona-Warn-App im Hintergrund ausgeführt wird. Diese Option muss jedoch manuell angeschaltet werden (siehe Erklärung am Artikelende).
Von Samsung heißt es auf eine SPIEGEL-Anfrage zum Problem, es handele sich "um eine spezifische Einstellungsmöglichkeit, die bei der Entwicklung der Corona-Warn-App hätte berücksichtigt werden sollen". Sofern in den Einstellungen der App-Version 1.1.1 die drei Optionen "Risiko-Ermittlung", "Mitteilungen" und "priorisierte Hintergrundaktivität" alle aktiviert seien, laufe die App auf Samsung-Smartphones "im normalen Energiemodus ohne Einschränkungen".
So kommen Androidnutzer an die neueste App-Version
Die neueste Version der Android-App ist seit dieser Woche im Play Store verfügbar . Wer die App erstmals aus dem Play Store oder nach einer Deinstallation wieder neu installiert, bekommt automatisch die zu diesem Zeitpunkt aktuellste Version.
Hat man die Corona-Warn-App bereits auf seinem Android-Smartphone, kann man die App manuell sofort aktualisieren, indem man die Play-Store-App aufruft, darin auf die drei schwarzen Balken oben links tippt und dann Meine Apps und Spiele auswählt. Dort werden einem alle zu diesem Zeitpunkt möglichen Aktualisierungen für seine Apps angeboten. Alternativ kann man zur Play-Store-Seite der Corona-Warn-App gehen und dort auf Aktualisieren tippen. Ist der Button nicht vorhanden, wurde bereits die neueste Version eingespielt.
Wer will, dass auf seinem Android-Gerät die Updates für alle Apps standardmäßig automatisch eingespielt werden, kann in der Play-Store-App auf die schwarzen Balken und dann auf Einstellungen gehen. Dort lässt sich die Option Automatische App-Updates anwählen. Hier empfiehlt es sich, die Variante Nur über WLAN anzuwählen, da die Updates mancher Apps recht groß ausfallen können.
So aktivieren Android-Nutzer die Hintergrund-Aktualisierung dauerhaft

Der Menüpunkt "Priorisierte Hintergrundaktivität" ist neu
Foto: Markus Böhm/ DER SPIEGELIst die Corona-Warn-App geupdatet, tippt man oben rechts auf die drei kleinen Pünktchen. In dem nun aufklappenden Menü geht man auf "Einstellungen" und dort auf "Priorisierte Hintergrundaktivität". Dort stellt man den Regler auf "an". Fortan wird die Corona-Warn-App auch auf Geräten, auf denen dies bisher nicht geschah, dauerhaft im Hintergrund ausgeführt.
Will man die für die Corona-Warn-App sinnvolle Funktion aus irgendeinem Grund wieder ausstellen, geht dies erneut über das Menü "Priorisierte Hintergrundaktivität". Dort scrollt man am Regler vorbei und geht dort auf den Button "Geräte-Einstellungen öffnen". Im anschließend geöffneten System-Menü muss man händisch die Einstellung ändern: Bei einem Mate 10 Pro von Huawei beispielsweise wird im Zuge dieser Änderung die sogenannte "Akkuoptimierung" wieder zugelassen.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version dieses Textes hieß es, Apple-Geräte seien von dem Problem grundsätzlich nicht betroffen. Offenbar trifft es in ähnlicher Form jedoch auch manche iPhones, wie Tagesschau.de am Freitagabend berichtete . Bei betroffenen iPhones sei das Problem bislang noch nicht behoben, so die Nachrichtenseite.