Neues Cookie-Banner TikTok stoppt umstrittene Werbepläne in letzter Minute

Eigentlich wollten die Betreiber von TikTok personalisierte Werbung für volljährige Nutzer verpflichtend machen. Doch damit kommt das Unternehmen wohl nicht durch, Datenschützer haben den Vorstoß jetzt gestoppt.
TikTok-Logo am Londoner Büro: Ende einer Hauruckaktion

TikTok-Logo am Londoner Büro: Ende einer Hauruckaktion

Foto: Tolga Akmen / AFP

Eigentlich wollten die Betreiber von TikTok ab dem morgigen Mittwoch die Zustimmung zu personalisierter Werbung für alle volljährigen Nutzerinnen und Nutzer in Europa zur Pflicht machen. Doch nach dem Einspruch mehrerer Datenschutzbehörden hat der chinesische App-Anbieter die Pläne nun vorerst gestoppt.

Wie das Magazin »Techcrunch« als Erstes berichtete , hat offenbar die irische Datenschutzbehörde, die für den Europa-Ableger des Konzerns verantwortlich ist, interveniert. Der Anbieter bestätigte gegenüber dem SPIEGEL, dass er die Umstellung nun zunächst pausiere. Ganz verzichten will TikTok aber nicht: »Wir glauben, dass personalisierte Werbung das beste In-App-Erlebnis für unsere Community bietet und uns mit den Praktiken der Branche in Einklang bringt«, erklärt eine Unternehmenssprecherin. Man wolle nun mit Interessenvertretern sprechen, auf welche Weise man das Ziel erreichen könne.

Eine weitgehende Interpretation der Datenschutz-Grundverordnung

Der Schritt des chinesischen Social-Media-Anbieters hatte für Empörung gesorgt, weil er sich auf eine besonders weitgehende Interpretation der Datenschutz-Grundverordnung berief: Anstatt sich auf die Zustimmung seiner Nutzerinnen und Nutzer zu stützen, erklärte TikTok die eigene Werbefinanzierung kurzerhand zum »berechtigten Interesse«, weswegen die Nutzerinnen und Nutzer nicht aktiv zustimmen müssten.

Wer dennoch der Verwendung persönlicher Daten zu Werbezwecken widersprechen wollte, bekam nicht etwa einen oder mehrere Buttons zur Verfügung gestellt, sondern sollte jeder einzelnen Datenverarbeitung mit einer persönlichen Begründung widersprechen.

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Damit ging TikTok über die »Praktiken der Branche« hinaus. Zwar hatten TikToks Konkurrenten viele Wege gefunden, wie sie den Nutzern die Ablehnung personalisierter Werbung erschweren konnten, aber immerhin konnte man bei den meisten Anbietern mit mehreren Mausklicks ablehnen. Persönliche Begründungen fragte niemand ab.

Zudem: Die Datenschutzbehörden hatten im vergangenen Jahr zunehmend Druck auf große Plattformen ausgeübt. So vereinfachte Google im April seinen Cookie-Dialog so, dass man bei der Nutzung der Suchmaschine in Europa der Werbeauswertung der eigenen Daten komplett widersprechen kann. Die Änderung kam allerdings erst, nachdem die französischen Behörden Bußgelder in Höhe von 100 Millionen Euro verhängt und vor Gericht durchgesetzt hatten. Auch Facebook besserte nach.

Der Grund für den Kurswechsel TikToks ist offensichtlich: Personalisierte Werbung wird bedeutend besser bezahlt als Werbung, die beispielsweise passend zu den übertragenen Inhalten ausgespielt wird. Mit seiner jungen Kundschaft kann TikTok aber nur begrenzt an dem Geschäft partizipieren, da die Verwendung persönlicher Daten Minderjähriger nicht nur in Europa eingeschränkt ist. Sobald TikTok-Nutzerinnen und Nutzer ihren 18. Geburtstag feiern, will der Konzern ihnen künftig das neue Cookie-Banner einblenden.

Wie die irische Datenschutzbehörde DPC gegenüber dem SPIEGEL angab, hat die Behörde inzwischen auch alle anderen europäischen Datenschutzbehörden in die Prüfung der neuen Werbebedingungen TikToks einbezogen. Ohnehin führe die DPC bereits zwei Verfahren gegen die Videoplattform im Besitz des chinesischen Konzerns ByteDance: In einem Fall geht es um die Weiterleitung der Daten europäischer Nutzerinnen und Nutzer nach China, im anderen um die Verarbeitung der Daten Minderjähriger.

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