Schreibprogramm Don't Worry Be Happy Hier wird man zur guten Laune gezwungen

Bei Don't Worry Be Happy muss man beim Schreiben lächeln, sonst verschwindet der eigene Text. Das soll die Kreativität steigern, macht unsere Autorin aber eher wütend.

"Write a Story. Be Happy." So lacht es mich aus dem grünen, freundlichen Kasten in meinem Browserfenster an. Ich will den browserbasierten Text-Editor Don't Worry Be Happy  testen. Hier soll man in einer vorgegebenen Zeit einen Text schreiben. Und dabei gut gelaunt sein.

Über die Kamera des Laptops werden die Gesichtszüge des Schreibenden erfasst. Wer nicht lächelt, dessen Text wird komplett gelöscht. Die Annahme des Entwicklers: Wer sich in guter psychischer Verfassung befindet, der ist auch kreativer.

Das klingt gar nicht schlecht. Und schließlich besagt die psychologische Facial-Feedback-Theorie  schließlich, dass die Emotion, die man auf seinem Gesicht zeigt, ein Gefühl erzeugen kann oder die erlebte Emotion zumindest verstärkt. Ich grinse, fühle mich fröhlicher und arbeite dann besser.

Ich starte also die Kamera und haue in die Tasten. Für drei Sekunden.

" You Failed." schreit mich eine rote Box im Browserfenster an. Anscheinend gehört mein normales Schreibgesicht eher zur Kategorie "Resting Bitch Face" (RBF). Der Test mit dieser Software  zur automatischen Analyse von Gesichtausdrücken bescheinigt mir, dass ich immerhin eine Tendenz zum RBF habe. Also braucht es wohl für einen fröhlichen Text bei Don't Worry Be Happy ein bisschen mehr Elan.

Ich setze mich aufrecht hin und setze mein Fotolächeln auf, ohne Zähne. Zusätzlich aktiviere ich die Bilderfunktion. Ein kleiner, niedlicher Mops soll mir nun beim Lächeln helfen. Ich halte zehn Sekunden durch.

" You Failed."

Bootcamp der guten Laune

Ich beschließe, dass nun doch die Zähne hermüssen. Ich setze jetzt mein breitestes Lächeln und bemühe mich um tiefe Krähenfüße um meine Augen. Na, wenn jetzt die Kamera nicht erkennt, dass ich fast ausflippe vor Freude! Vergeblich:

" YOU FAILED." schreit mich schon wieder das rote Fenster an. Don't Worry Be Happy? Bei mir wird aus "Happy" allmählich eher "Worry". Ich dachte, das Ganze hier soll Spaß machen. Mich macht es wütend!

Ich muss mich anstrengen, die ganze Zeit zu lächeln, und kann mich nicht mehr darauf konzentrieren, was ich schreiben möchte. Don't Worry Be Happy ist das Bootcamp der guten Laune und ich bin die Verliererin, die trotz Drill schon nach den ersten drei Runden nicht mehr kann.

Auf Knopfdruck erzwungene Fröhlichkeit ist nicht mein Ding. Ich fühle den absoluten Kreativitätskiller: Stress.

"Don't Worry Be Happy" ist nicht die einzige Anwendung, die ihre Nutzer zu schreibenden Höchstleistungen antreiben will. Bei Flowstate  und The Most Dangerous Writing App  darf man nicht aufhören zu tippen, sonst geht alles bisher Geschriebene verloren. Kaum vorstellbar, dass solche Verfahren wirklich gut funktionieren. Pausen, negative Gefühle und längere Denkprozesse gehören ebenfalls zu einem kreativen Prozess dazu.

Ich brauche jedenfalls keine Software, die mir sagt, ich wäre (immer noch nicht) nicht gut genug drauf, um zu schreiben. Da setze ich lieber mein "Resting Bitch Face" auf. Dank dem ist dieser Artikel nämlich ganz ohne Don't Worry Be Happy  fertig geworden.

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