Fragwürdige Nutzungsbedingungen Der FaceApp-Hype hält an - die Kritik auch

FaceApp: Die App zur Bildmanipulation steht gerade auf den Spitzenplätzen der App-Stores - und ist hoch umstritten.
Foto: Jenny Kane / APKaum eine Handy-App polarisiert dieser Tage so sehr wie FaceApp. Während die einen vor der Anwendung aus Russland warnen oder sich längst an deren Bildern sattgesehen haben, entdecken andere die Bildmanipulations-Software gerade erst für sich. Auch viele Prominente posten Fotos, die offenbar direkt aus dem Programm stammen, darunter die Autorin Charlotte Roche und Grünen-Politiker Cem Özdemir. Vor ihnen hatten zum Beispiel schon weltbekannte Musiker wie Drake und Sam Smith FaceApp-Fotos veröffentlicht.
2033: Mein Gesicht beim ChampionsLeague Finale gegen #Liverpool als der Schiedsrichter in der 90.Minute einen Elfer gegen uns gibt. 😭 👎 💀
— Cem Özdemir (@cem_oezdemir) July 17, 2019
Ein Leben lang ⚪️ 🔴💪 #FaceApp pic.twitter.com/BwI4cD7Sax
Ein Großteil der FaceApp-Bilder wird als Teil der sogenannten #FaceChallenge ins Netz gestellt: Dabei werden Gesichtsfotos gezeigt, die von FaceApp so verändert wurden, dass die zu sehenden Personen deutlich älter wirken. Alternativ lassen sich Gesichter über FaceApp auch künstlich verjüngen.

So sieht Kanzlerin Angela Merkel aus, wenn man sie per FaceApp digital verjüngt
Foto: [M]Sean Gallup/Getty Images Europe/faceAppEine Trend-App war FaceApp eigentlich bereits vor zwei Jahren. Schon damals erregte die Software mit ihren Filtern und mit fragwürdigen AGB Aufsehen. Mit der Zeit verschwand sie aber wieder aus dem öffentlichen Fokus - bis jetzt.
Das FBI soll sich FaceApp vornehmen
Nun, im Zuge des wieder entfachten Hypes, ist die App sogar ein Politikum. Denn während manche Menschen das Netz mit FaceApp-Fotos von sich oder auch anderen Personen fluten, warnen andere eindringlich vor der Nutzung der App, darunter der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber. Es gebe Besorgnis, "dass wichtige persönliche Daten in die falschen Hände geraten könnten", sagte Kelber (SPD) in der Radiosendung "SWR Aktuell". Der Datenschützer monierte unter anderem "schwammige Nutzungsbedingungen".
Der wohl bekannteste Kritiker aber ist Chuck Schumer, der Fraktionschef der Demokraten im US-Senat. Er hat die Bundespolizei FBI gerade zu einer Untersuchung von FaceApp aufgefordert. Die von Russland aus betriebene App könne wegen ihres Umgangs mit persönlichen Daten ein nationales Sicherheitsrisiko sowie eine Gefahr für Millionen US-Bürger darstellen, schrieb Schumer in einem am Mittwoch auf Twitter veröffentlichten Brief.
Die Nutzer müssten dem in St. Petersburg ansässigen Unternehmen uneingeschränkten und unwiderruflichen Zugriff auf ihre persönlichen Fotos und Daten gewähren, hob der Demokrat hervor. Dies könne dazu führen, dass die Bilder künftig öffentlich und privat ohne die Zustimmung der Nutzer gebraucht würden.
Dass die Betreiberfirma ihren Sitz in Russland habe, werfe die Frage auf, ob Daten von US-Bürgern an Dritte oder möglicherweise an ausländische Regierungen weitergegeben würden, so Schumer weiter. "Es wäre zutiefst beunruhigend, wenn die sensiblen persönlichen Informationen von US-Bürgern einer feindlichen ausländischen Macht zur Verfügung gestellt würden, die aktiv an Cyberangriffen gegen die Vereinigten Staaten beteiligt ist." Das FBI müsse deshalb untersuchen, ob Daten von US-Bürgern in die Hände der russischen Regierung oder ihr nahestehenden Stellen gelangten.
FaceApp-Chef äußert sich
Schumers alarmistisch wirkendem Schreiben steht eine schriftliche Stellungnahme von FaceApp-Gründer Yaroslav Goncharov gegenüber, die die Website "TechCrunch" im Wortlaut veröffentlicht hat . In der Stellungnahme widerspricht Goncharov einigen der von Schumer und auch manchen Datenschutzexperten geäußerten Kritikpunkten.
Dem FaceApp-Chef zufolge werden nämlich keine Daten in Russland gespeichert. Die Bilder würden stattdessen auf Google- und Amazon-Servern verarbeitet, heißt es, die etwa in den USA, Singapur und Irland stünden. Goncharov schreibt außerdem, die meisten hochgeladenen Fotos würden innerhalb von 48 Stunden wieder gelöscht. FaceApp würde auch keine Nutzerdaten an Dritte weitergeben oder verkaufen.
Goncharov zufolge verwenden 99 Prozent der Nutzer die App, ohne sich anzumelden. FaceApp habe so, so jedenfalls legt es Goncharov nahe, bei einem Großteil der Anwender daher keinen Zugriff auf personenbezogene Daten und könne keine Personen identifizieren.
Wirklich überprüfen lassen sich diese Angaben allerdings nicht. Auf den Widerspruch, dass einige seiner Aussagen sich nicht mit den fragwürdigen AGB von FaceApp decken, geht Goncharov nicht ein. Auf der einen Seite steht nun sein Wort, auf der anderen das, was in den schriftlich hinterlegten, mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) kaum vereinbaren Angaben auf der FaceApp-Website steht.
Bildlöschung soll möglich sein
In seinem Statement nennt der FaceApp-Chef übrigens auch einen - vergleichsweise umständlichen - Weg, wie Nutzer veranlassen können, dass ihre Bilder von den Servern gelöscht werden. Hierfür, so schreibt Goncharov, muss die FaceApp auf dem Smartphone geöffnet und in die Einstellungen gewechselt werden.
Dort gilt es dann, den Support-Bereich auszuwählen und die Schaltfläche "Fehler melden und Protokoll senden" anklicken. Im Anschluss öffnet sich ein Textfeld, indem um die Löschung der Bilder per Mail gebeten werden kann. Als Betreff muss das Wort "privacy" eingetragen werden.
In Goncharovs Stellungnahme heißt es aber auch, dass der Kundensupport die Anfragen zwar schnellstmöglich bearbeiten möchte, aber bereits jetzt überlastet sei. Offenbar hatten also auch die Macher der App keine Vorstellung davon, wie populär - und zugleich umstritten - sie dieser Tage noch einmal werden würde.