Snapcash Fotodienst Snapchat will ans Geld

Wo bisher vor allem Fotos mit Verfallsdatum verschickt werden, soll bald Geld den Besitzer wechseln: Der Chat-Dienst Snapchat will künftig Bankaufgaben übernehmen - und wirbt dafür mit Showgirls.
Dollarnoten im Haar: Der Werbeclip zu Snapcash versucht nicht einmal, seriös zu wirken

Dollarnoten im Haar: Der Werbeclip zu Snapcash versucht nicht einmal, seriös zu wirken

Foto: YouTube

Snapchat will Finanzdienstleister werden. Per Blogpost  kündigt der Foto-Chat-Dienst ein neues Angebot mit der Bezeichnung Snapcash an: In Zusammenarbeit mit der Firma Square Cash  habe man ein Angebot entwickelt, das Snapchat-Usern künftig das Überweisen von Geldbeträgen über die Chat-App ermöglichen soll. Das Unternehmen kommt damit Konkurrent Facebook zuvor, der offenbar ein ähnliches Angebot plant. Im Softwarecode des neuen Facebook-Messengers haben Fachleute eine verborgene Funktion entdeckt, mit der man Geld an einen Facebook-Freund senden kann.

Bei Snapcash haben die Entwickler einfach das Prinzip von Square Cash in die Snapchat-App übertragen: Ein Geldtransfer wird eingeleitet, indem man in das Chatfenster einen Dollarsymbol einträgt, gefolgt vom gewünschten Geldbetrag. Die eigentliche Abwicklung der Zahlung übernimmt Square Cash, wo auch die Bankdaten der Teilnehmer gespeichert werden.

Snapchat ist ein Messenger-Dienst, der den Versand von Kurznachrichten mit Foto- oder Video-Anhängen erlaubt. Das Besondere daran ist, dass die Bilder sich nach einmaligem Anschauen selbsttätig wieder löschen. Wohl weil so das Gefühl vermeintlicher Sicherheit aufkommt, nutzen viele Jugendliche den Dienst zum Versenden von Nackt-Selfies, fürs sogenannte Sexting.

Ärger mit Sicherheitslücken

Allerdings hat das Angebot immer wieder mit Sicherheitsproblemen zu kämpfen. Im Januar verschafften sich Unbekannte Zugang zu Snapchats Datenbanken und veröffentlichten die Daten von 4,6 Millionen dort angemeldeten Nutzern. Möglicherweise wollten die Hacker mit ihrer Aktion auf Sicherheitsprobleme des Angebots aufmerksam machen, denn die in den Datensätzen enthaltenen Telefonnummern wurden um die letzten zwei Ziffern gekürzt.

Schlimmer noch war ein Vorfall, bei dem im Oktober 13 Gigabyte an Foto- und Videomaterial aus dem Snapchat-Datenstrom ins Netz gestellt wurden. Berichten von Internetnutzern zufolge sollen darunter zahlreiche Nacktaufnahmen Minderjähriger gewesen sein, die unter den Straftatbestand der Kinderpornografie fallen.

Schuld war in diesem Fall offenbar nicht Snapchat selbst, sondern ein Dienst, der - im Widerspruch zu den Snapchat-AGB - empfangene Bilder dauerhaft speichern lässt. Offenbar aufgrund eines Konfigurationsfehlers konnten die Daten von dort entwendet werden.

Werbung mit Showgirls

Vorfälle wie diese haben dazu geführt, dass Snapchat vor allem bei Eltern keinen sonderlich guten Ruf hat. Die Ankündigung, dass dort nun auch echtes Geld verschickt werden kann, dürfte nicht gerade zur Beruhigung beitragen.

Auch das YouTube-Video , mit dem Snapchat für sein neues Angebot wirbt, hinterlässt nicht gerade den Eindruck, es mit einem seriösen Anbieter zu tun zu haben. Bunt bekleidete Tänzerinnen und Tänzer schwirren darin über eine Showtreppe, wie sie in TV-Sendungen der Siebzigerjahre beliebt waren. Dazu singen sie im Stil von Musicals der Dreißiger und Vierziger ein Loblied über Snapcash.

Vorerst aber muss man sich über die Sicherheit des Dienstes zumindest in Europa noch nicht den Kopf zerbrechen. Derzeit ist Snapcash nur in den USA verfügbar und auch dort nur für volljährige Mitglieder des Netzwerks, die über eine Guthabenkarte verfügen. Letzteres ist ein automatischer Schutz gegen allzu hohe Verluste durch Missbrauch, Diebstahl oder Betrug. Herkömmliche Kreditkarten akzeptiert der Dienst nicht.

mak
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