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"Tatort" aus Bremen: Der Feind heißt Biotech

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"Tatort"-Faktencheck Kann man die Polizei so einfach hacken?

Im Bremer "Tatort" vom Montagabend hat ein junger Hacker eine zentrale Rolle gespielt. Er überwachte die Ermittler, indem er einen ihrer Rechner samt Kamera anzapfte. Geht das? Der Faktencheck.

Für die Polizisten ist es ein Albtraum, und es dauert im Film verdammt lange, bis sie es endlich merken: Ein Rechner im Polizeipräsidium wurde von einem Hacker, der mit den handlungsleitenden Ökoterroristen im Bunde ist, angezapft. Die Webcam - und das Mikrofon - senden nun permanent Informationen über den Ermittlungsstand, die Täter sind den Beamten lange Zeit immer ein Stück voraus. So jedenfalls im Bremer Tatort vom Montagabend.

Kann man einen Rechner auf diese Weise anzapfen?

Im Prinzip ja: Mit sogenannten Remote Administration Tools, kurz RAT, verschaffen sich Hacker schon seit Jahren immer wieder Zugriff auf fremde Rechner und zapfen auch Webcams an. Um so eine Software einzuschleusen, müsste man allerdings erst einmal die Gewalt über den Rechner errungen haben, etwa indem man einen Trojaner einschleust, beispielsweise über einen verseuchten E-Mail-Anhang. Dass so etwas auch bei der Polizei klappen könnte, ist nicht ausgeschlossen: Immer wieder fangen sich auch Behörden Vireninfektionen ein - vergangenes Jahr traf es etwa das Innenministerium von Nordrhein-Westfalen.

Einen ausgeschalteten Rechner einschalten, aus der Ferne?

Was der Hacker aber dann mit dem Rechner anstellt, und wie sich die Polizei schließlich wehrt, das hat mit der Realität nicht viel zu tun.

Los geht es schon mit dem Start - dem des Computers. Im "Tatort" lässt der Hacker den befallenen Rechner augenscheinlich aus der Ferne hochfahren: Erst erscheint das Bremer Stadtwappen, dann, ohne vorgeschalteten Passwortschirm oder Ähnliches, ein Windows-Desktop, und die Kamera erwacht zum Leben.

Das dürfte kaum möglich sein, schließlich hat ein ausgeschalteter Rechner keinen Strom und schon gar keine Internetverbindung - es sei denn vielleicht, er ist auf die Funktion 'Wake on LAN' ausgerichtet und damit nicht wirklich stromlos. Diese Funktion zu nutzen allerdings würde voraussetzen, dass der Angreifer nicht nur den einen Rechner, sondern auch das Polizeinetzwerk an sich angezapft hat - was er später im Film verneint, als es um den Zugriff auf weitere Kameras geht.

Später sieht man das Bild der ziemlich schlichten Webcam auf dem Monitor im Polizeipräsidium, so wie es der Hacker sähe - und dabei zoomt und schwenkt das Bild. Das kann so eine Webcam aber gar nicht.

Das BKA hackt zurück, ist das denkbar?

Richtig wild wird es, als die kühle, aber enorm findige BKA-Beamtin Linda Selb (Luise Wolfram) die angezapfte Kamera schließlich entdeckt: Sie flucht kurz ins Objektiv und hackt sich dann mit ein paar Tastendrücken gewissermaßen rückwärts in den Rechner des Übeltäters hinein, um von dort dann binnen weniger Sekunden gewaltige Datenmengen zu kopieren. Der Superhacker selbst muss hilflos zusehen - und kommt nicht einmal auf die Idee, seinen Rechner einfach auszuschalten.

Das geht so auf keinen Fall: Ein Fernzugriff auf einen Rechner ist keine Röhre, durch die man ohne Weiteres auch in die andere Richtung kriechen oder gar Daten hindurchsaugen könnte. Den Angreifer ausfindig zu machen und seinerseits zu attackieren, wäre mit weit größerem Aufwand verbunden.

Und lassen sich öffentliche Telefonzellen noch anrufen?

Einen kapitalen Fehler weist das Drehbuch auch noch an einer anderen Stelle auf: Um ihre Forderungen durchzugeben, lassen die Ökoterroristen die Polizei bei einer bestimmten Nummer anrufen, die sich als die einer Telefonzelle entpuppt. Man sieht das Gerät mit dem magentafarbenen Hörer irgendwo in Bremen klingeln, dann wird der Anruf auf das Festnetztelefon der Täter umgeleitet.

Das ist Unsinn, und zwar aus einem ganz einfachen Grund, wie die Telekom auf Anfrage bestätigte: Telefonzellen kann man schon seit Jahren nicht mehr anrufen, das ist technisch schlicht ausgeschlossen.

Anmerkung der Redaktion: Wir haben die Passage zum Computer-Einschalten aus der Ferne mit einem Hinweis auf 'Wake on LAN' ergänzt.

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Foto: Hardy Spitz / MDR
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