Neue Richtlinien
WhatsApp stichelt gegen die Messenger-Konkurrenz
WhatsApp bemüht sich nach der Verwirrung um seine neuen Nutzungsbedingungen um Aufklärung an prominenter Stelle. Zugleich macht sich die Facebook-Tochter über Telegram und Signal lustig.
Informationen von WhatsApp: Benutzer sollen sich »in ihrem eigenen Tempo informieren«
Foto: WhatsApp
Nach der verunglückten Ankündigung seiner neuen Richtlinien ist WhatsApp weiterhin damit beschäftigt, die seither kursierenden Missverständnisse und Falschinformationen einzufangen. In einem Blogpost gab die Facebook-Tochter nun bekannt, dafür die App selbst benutzen zu wollen. Der Eintrag beginnt demütig mit der Aussage, man habe sich »Gedanken darüber gemacht, wie wir die Änderungen hätten besser kommunizieren können« – und er endet mit kaum verhohlenen Sticheleien gegen zwei der wichtigsten Konkurrenten: Telegram und Signal.
Hintergrund sind die aktualisierten Nutzungsbedingungen von WhatsApp, die Sie hier lesen können, sowie die geänderte Datenschutzrichtlinie, die hier zu finden ist. Mit ihnen will WhatsApp transparenter machen, wie es Daten erfasst und verwendet, wenn private Nutzerinnen und Nutzer über WhatsApp direkt mit anderen Unternehmen kommunizieren, etwa im Kundenservice.
Manche Medien und einzelne Nutzer hatten die Dokumente fälschlicherweise so interpretiert, dass WhatsApp sich – auch in Deutschland – künftig mehr Daten mit Facebook teilen wolle, um die Werbung des sozialen Netzwerks gezielter ausspielen und Freundschaftsvorschläge aus Telefonkontakten generieren zu können.
Was genau WhatsApp künftig tun will, hat das Unternehmen allerdings bis heute nicht auf einer übersichtlichen Seite gesammelt und erklärt. Die bisher vorliegenden Informationen verteilen sich auf mehrere Blogposts, wie etwa diesen, diesen und diesen.
Die neuen Regeln sollten ursprünglich ab dem 8. Februar gelten, mittlerweile ist der Stichtag der 15. Mai. WhatsApp hat die Frist verlängert, um die Missverständnisse ausräumen zu können. Bis zum 15. Mai aber müssen Nutzerinnen und Nutzer von WhatsApp den Regeln zustimmen, andernfalls können sie die App nicht mehr zum Chatten oder Telefonieren nutzen.
Unfreiwillig komische Aussagen von WhatsApp
Es sei das Ziel von WhatsApp, heißt es nun im Blogpost, »dass jeder die Hintergründe dazu kennt, wie sehr wir uns für Ende-zu-Ende-Verschlüsselung einsetzen, und dass jeder auf unsere Selbstverpflichtung für die Privatsphäre und Sicherheit unserer Benutzer vertraut«. Deshalb werde WhatsApp seine Statusfunktion nutzen, »um unsere Werte und Ankündigungen direkt in WhatsApp zu teilen«.
Dann wird der Text unfreiwillig komisch. Zunächst heißt es, WhatsApp wolle sich »noch mehr darum bemühen, bei unseren Benutzern für Klarheit zu sorgen und Missverständnissen vorzubeugen«. Zum einen ist »noch mehr« reinstes PR-Sprech, weil es impliziert, die bisherigen Bemühungen seien schon ziemlich gut gewesen. Zum anderen wird in dem Blogpost selbst nichts genauer erklärt als bisher, es wird nur auf mehrere andere Blogposts verlinkt.
Foto: WhatsApp
Als Nächstes heißt es im Text, WhatsApp werde in den kommenden Wochen ein Banner in der App anzeigen, »das weitere Details hierzu enthält, sodass sich Benutzer in ihrem eigenen Tempo informieren können«. So sinnvoll das Banner sein mag, weil es die Nutzerinnen und Nutzer dort erreicht, wo sie sind, in der App nämlich: Die vermeintliche Großzügigkeit ist eine Selbstverständlichkeit. Was sollte auch die Alternative zum »eigenen Tempo« sein? Dass WhatsApp das Tempo vorgibt, in dem sich die Menschen mit den neuen Bestimmungen befassen?
Seitenhiebe gegen Telegram und Signal
Zum Schluss lässt es sich WhatsApp nicht nehmen, auf die (zum Teil nur zwischenzeitlichen) Probleme anderer Messenger-Apps hinzuweisen: »Wir haben mitbekommen, wie einige unserer Mitbewerber fälschlicherweise behauptet haben, sie könnten die Nachrichten von Benutzern nicht sehen«, heißt es im Blogpost. Gemeint ist offenbar Telegram, wie aus dem nächsten Satz hervorgeht: »Wenn allerdings eine App keine standardmäßige Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bietet, dann bedeutet dies, dass der Betreiber trotzdem deine Nachrichten lesen kann.«
Bei Telegram sind Chats, anders als bei WhatsApp, tatsächlich nicht standardmäßig Ende-zu-Ende-verschlüsselt. Nur wenn die Gesprächspartner explizit einen »Geheimen Chat« starten, kann auch Telegram selbst den Inhalt nicht entschlüsseln.
Telegram hatte im Januar, gleich nachdem die von WhatsApp geplanten Änderungen bekannt (und zum Teil missverstanden) wurden, nach eigenen Angaben in nur drei Tagen 25 Millionen neue Nutzerinnen und Nutzer verzeichnet und damit insgesamt eine halbe Milliarde Accounts erreicht.
Auch die App Signal hat mutmaßlich vom Ärger über WhatsApp profitiert. Die vom Verschlüsselungsexperten Moxie Marlinspike entwickelte Anwendung wurde vorübergehend zur am häufigsten heruntergeladenen App in den App Stores, auch wenn die Gesamtzahl der Nutzerinnen und Nutzer derzeit nicht über 50 Millionen liegen dürfte. Marlinspike kritisiert Facebooks datengetriebenes Geschäftsmodell und hat Signal besonders datensparsam gestaltet.
WhatsApp stichelt nun im Blogpost zurück: »Andere Apps behaupten, besser zu sein, da sie sogar noch weniger Informationen hätten als WhatsApp. Wir glauben, dass die Menschen Apps möchten, die sowohl zuverlässig als auch sicher sind«. Das Wort »zuverlässig« dürfte eine Anspielung auf die Kapazitätsprobleme sein, die Signal zeitweise hatte, als es so viele neue Nutzerinnen und Nutzer verzeichnete.
WhatsApp jedenfalls benötige für einen sicheren und zuverlässigen Betrieb »lediglich eine eingeschränkte Menge an Daten«, schreibt WhatsApp noch. »Wir bemühen uns, diesbezüglich wohlüberlegte Entscheidungen zu treffen.« Das klingt wie: stets bemüht.