Bildverwaltung Diese Software erkennt, was Sie fotografiert haben

Hilfe für Hobbyfotografen: Excire Foto soll Bilder mithilfe künstlicher Intelligenz katalogisieren, ganz ohne Daten in die Cloud zu laden. Das funktioniert oft ziemlich gut – aber nicht immer, wie der Test zeigt.
Grenzen der künstlichen Intelligenz: »Ozean« ist hier definitiv falsch

Grenzen der künstlichen Intelligenz: »Ozean« ist hier definitiv falsch

Foto: Markus Linden

Excire Foto  ist auf den ersten Blick ein einfaches Bildverwaltungsprogramm, mit dessen Hilfe Amateur- oder Profifotografen ihre Aufnahmen auf einem Windows- oder Apple-Computer verwalten können. Wie bei anderen Programmen auch müssen Sie die Fotos erst importieren, um sie anschließend ordnen, in Sammlungen zu sortieren oder mit Bewertungen und Farbetiketten versehen zu können. Aber das ist nicht alles.

Die eigentliche Stärke des Programmes liegt unter der Oberfläche: Excire Foto kann die Inhalte von Fotos und deren Eigenschaften, also etwa dominante Farben und Helligkeit, mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) erkennen und dem Foto als Stichworte zuordnen. Der Vorteil einer solchen Analyse und Verschlagwortung: Sie macht es einem leicht, später alle Fotos vom Fahrradausflug zu finden, indem man einfach den Begriff »Fahrrad« in die Suchmaske eingibt. Oder »Baum«, »Schmetterling« oder wovon auch immer man gerade ein Bild sucht.

Analysiert in Stunden, gefunden in Sekunden

So ein KI-gestützte Inhaltsanalyse ist nicht unbedingt neu: Apple und Google machen so etwas, einige Fotoprogramme wie Lightroom vom amerikanischen Grafikspezialisten Adobe können das auch. Allerdings muss man seine Fotos bei vielen dieser Angebote in die Cloud des jeweiligen Anbieters laden. Analysiert werden sie dann auf dessen Servern. Einzig Apples »Fotos«-App erledigt das lokal auf dem Computer. Bei Excire Foto hingegen bleiben die Bilder auf dem Computer des Anwenders. Und der muss nicht mal mit dem Internet verbunden sein, die Analyse erfolgt ausschließlich lokal.

Deshalb dauert es nach dem Import auch einige Zeit, bis die Stichwörter bereitstehen. Bei einem Test mit 1000 Fotos brauchte ein MacBook Pro von 2017 etwa dreieinhalb Minuten, bis Import und Analyse abgeschlossen waren. Da die Rechenleistung des Computers für diese Technik entscheidend ist, kann das auf anderen Rechnern länger dauern oder schneller gehen.

Richtig entscheidend ist das aber nicht: Da die Bildanalyse nur einmal durchgeführt werden muss, kann man auch seine gesamte Fotosammlung mit Tausenden Bildern in einem Schwung importieren und den Computer die Analyse notfalls über Nacht erledigen lassen. Ist die Datenbank einmal erstellt, dauert die Suche nach einem bestimmten Bildinhalt weniger als eine Sekunde.

Meisen und Polizeiautos

Dabei erlaubt es die Software, die Bildersammlung nach den erwähnten Stichwörtern, nach Gesichtern, Personen oder auch nach Ähnlichkeit mit anderen Bildern zu durchsuchen. Was die Bildinhalte selbst angeht: Excire Foto kann nur das erkennen, was der KI von den Programmierern in Lübeck antrainiert wurde.

Das reicht bis in eine gewisse Tiefe – weiter aber auch nicht. Man kann also beispielsweise nach »Vogel« suchen oder nach »Meise«, aber bei Blau- oder Kohlmeise ist Schluss: Hier kann Excire-Foto nicht unterscheiden und liefert als Ergebnis alle Meisen. Bei Autos unterscheidet das Programm zum Beispiel Pkw von Bussen – die Automarke, kann es nicht erkennen, Polizeiwagen dagegen schon.

Fotostrecke

Excire Foto

Foto: Markus Linden

Manchmal liegt das Programm aber auch vollkommen daneben: Ein schöner deutscher Mittelspecht wurde im Test als »Papagei« bezeichnet, die Elbe bei Hamburg als »Ozean« und eine Moschee mit mehreren Minaretten als »Kraftwerk«. Jedes Foto, auf dem ein Gleis zu sehen ist, wird mit »Zug« verschlagwortet – auch wenn keine Waggons im Bild zu sehen sind.

Lokale Lernschwäche

Aber auch in Rolltreppen sieht Excire Foto gelegentlich Gleise. Nachvollziehbar, aber falsch. Wenn man einen solchen Fehler in seiner Fotosammlung in Excire Foto entdeckt, kann man die fehlerhaft gesetzten Stichwörter löschen und eigene hinzufügen. So korrigierte Bilder werden später korrekt gefunden – aber die KI lernt nicht daraus und macht dieselben Fehler bei ähnlichen Fotos immer wieder.

Die Software lernt nur, wenn sie von ihren Programmierern dazu angeleitet wird, also ein Update bekommt. Hier sind die cloudbasierten Anbieter wie Apple, Google und Adobe im Vorteil: Sie können ihre KI ständig mit den Bildern ihrer Kunden darauf trainieren, besser zu werden und mehr Dinge zu erkennen.

Suche nach Ähnlichkeiten

Bei der Suche nach Gesichtern kann man in Excire Foto nicht nur definieren, wie viele Gesichter auf einem Foto zu erkennen sein sollen, sondern auch nach Geschlecht, Alter und Mimik filtern. Das funktioniert erstaunlich gut. Wollen Sie alle Bilder einer bestimmten Person suchen, muss man ein Porträt der fraglichen Person als Vorlage heraussuchen und dann »Finde Personen« wählen.

Das ist nicht so bequem wie bei der Konkurrenz, bei der man jemanden direkt durch Eingabe des Namens finden kann. Dafür kann man hier bestimmen, ob die Person zum Beispiel lächeln soll oder nicht. Vor allem aber muss man keine Daten der gesuchten Person preisgeben.

Auf ähnliche Weise kann man auch jedes andere Foto hernehmen und sagen: »Finde ähnliche Fotos«. Dann orientiert sich das die Software an den Inhalten, aber auch an den abgebildeten Farben und Formen. Erfahrungsgemäß sind die ersten Treffer dann tatsächlich vergleichbar mit dem Ausgangsbild, weiter unten in der Liste fragt man sich irgendwann, wo die Ähnlichkeit denn wohl liegen soll.

Excire Foto verarbeitet die üblichen Fotoformate (JPEG, TIFF), aber auch die Raw-Daten der meisten Kameras. Letztgenanntes Format wird gern von Profis, aber auch von ambitionierten Amateurfotografen verwendet. Verbessern kann Excire Foto die Bilder aber in keinem der Fälle: Dazu benötigt man weiterhin ein Bildbearbeitungsprogramm. Man kann die gefundenen Fotos aber aus Excire Foto heraus direkt an eine solche Software übergeben, dort bearbeiten und das Ergebnis wieder in Excire Fotos importieren lassen.

Für die erwähnte Raw-Bearbeitung ist das allerdings umständlich. Schon länger als das recht neue Excire Foto gibt es Excire Search, das als Plug-in in das professionelle Bildbearbeitungsprogramm Lightroom Classic von Adobe eingebunden wird. Es bietet die gleiche Funktionalität wie Excire Foto, allerdings innerhalb von Lightroom. Als Plug-in ist es allerdings nicht nahtlos in die Programmoberfläche integriert und komplizierter zu bedienen als Excire Foto – also mehr eine Sache für Profifotografen, die die KI wirklich für ihre Arbeit brauchen und damit wertvolle Zeit sparen können.

Das eigenständige Programm Excire Foto gibt es direkt beim Anbieter Pattern Recognition Company (PRC) für rund 70 Euro. Ein einigermaßen aktueller Rechner mit Windows 10 (64 Bit) oder macOS (ab 10.14) ist Pflicht. Es läuft mit 8 Gigabyte (GB) Hauptspeicher, empfohlen werden jedoch 16 GB oder mehr.

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