Apple-Neuheiten Steve Jobs poliert sein Online-TV

Verbesserte TV-Box, aufgehübschtes iTunes, ein eigenes soziales Musiknetz: Steve Jobs hat in San Francisco die neuesten Entwicklungen aus der Apple-Schmiede präsentiert. Auch ein Spiele-Netzwerk fürs iPhone gibt es jetzt - nur der iPod Nano scheint fast ein bisschen zu klein geraten.
Apple-Neuheiten: Steve Jobs poliert sein Online-TV

Apple-Neuheiten: Steve Jobs poliert sein Online-TV

Foto: Paul Sakuma/ AP

San Francisco/Hamburg - Steve Jobs hat am Mittwoch die Gerüchte der vergangenen Woche bestätigt und eine grunderneuerte Version der Settop-Box AppleTV präsentiert, nebst passendem Leihservice. Der bietet nun auch das Streaming von Fernsehserien in HD-Qualität an, zum Kampfpreis von 99 Cent. Allerdings mit einem Wermutstropfen: Nicht alle Sender waren bisher bereit dazu, sich auf Apples Bedingungen und Niedrigpreise einzulassen.

Zum Start der neuen AppleTV-Box sind erst mal nur ABC und Fox mit ihren Fernsehinhalten dabei. Dafür aber nicht nur in den USA, sondern auch in weiteren Ländern, darunter Deutschland. Mehrere andere Anbieter, darunter Amazon und Sony, hatten zuvor hastig ähnliche Produkte angekündigt, in Deutschland planen RTL und ProSiebenSat.1 ein "deutsches Hulu". Hollywood-Filme bietet Apple schon seit einiger Zeit in HD-Auflösung über seinen iTunes Store an.

Das neue AppleTV-Gerät, ein Viertel so groß wie das Vorgängermodell und mit 99 Dollar (in Deutschland verlangt Apple 119 Euro) nicht einmal halb so teuer, greift entweder auf Musik, Filme und Fotos der ans heimische Netzwerk angeschlossenen Computer zu oder streamt Inhalte aus dem Internet - von Apples Bezahlseite, über YouTube oder den in den USA beliebten Videoverleih Netflix. Dazu nimmt die kleine schwarze Box entweder mit eingebautem W-Lan oder per Ethernet-Kabel Verbindung auf. Ohne geht es nicht mehr: Das neue AppleTV setzt vollständig auf die sogenannte Cloud.

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Apple-Neuheiten: Hier spielen die digitalen Inhalte

Foto: ROBERT GALBRAITH/ REUTERS

Weil die Filme und Serien bei Bedarf abgerufen werden, entfällt umständliches umkopieren und synchronisieren der Inhalte. Nach den Worten von Jobs ist das natürlich ein praktisches Feature: So lässt sich ein Film, den man auf einem iPad gegen Gebühr geliehen hat, mittendrin per Knopfdruck auf den heimischen Fernseher bringen, wo es nahtlos weitergeht. Gleichzeitig können Anbieter so aber auch einfacher bestimmen, wer wann mit welchem Gerät auf welche Inhalte zugreifen darf.

Neue iPods mit und ohne Buttons

Ebenfalls grundlegend wurde die iPod-Palette aufgefrischt, Apples Abspielgeräte für digitale Musik. Insgesamt 275 Millionen iPods hat Apple nach eigenen Angaben bisher verkauft. Der iPod Shuffle hat wieder Buttons bekommen und lässt sich, wie zuvor, per Sprachmenü bedienen. 15 Stunden Musik soll der kleine Player zum Anclippen abspielen können, 2 GB Speicherplatz sind zum Preis von 49 Dollar (49 Euro) vorhanden.

Auch das nächstgrößere Modell, der iPod Nano, ist weiter geschrumpft. Statt Buttons hat das Gerät nun einen quadratischen Touchscreen, der sich mit zwei Fingern bedienen lässt. Das sieht auf den ersten Blick schick aus, dann allerdings musste sich Jobs ganz schön mit dem Winzling abmühen, so klein ist der Nano. 24 Stunden soll der Akku halten, die Version mit 8 GB Speicherplatz kostet 149 Dollar (159 Euro in Deutschland). Der iPod Touch wiederum, schon bisher das iPhone ohne Telefon und Mobilfunk-Vertragszwang, wächst technisch an die neueste iPhone-Version heran. Dazu gehören zwei Kameras, das hochauflösende "Retina"-Display und der A4-Prozessor.

Jobs präsentierte das Gerät zwar vor allem als mobile Spielkonsole, die mehr verkauft wird als die konkurrierenden Produkte von Sony und Nintendo zusammen, nannte den Touch aber zweimal in seiner Vorstellung "phone". Bei dem Perfektionismus und der akribischen Vorbereitung, für die Jobs bekannt ist, sicher kein Zufall. Und siehe da: Der Touch versteht sich nun auch auf den Apple-eigenen Videochat FaceTime.

Das Gehäuse allerdings erinnert nicht an das iPhone 4, es ist stattdessen nochmals schmaler geworden. 40 Stunden soll der integrierte Akku Musik abspielen, zu Preisen ab 229 Dollar (229 Euro). Offenbar nicht weiter erneuert wird das iPod Classic genannte Modell, das wie der ursprüngliche iPod noch eine Festplatte mit beweglichen Teilen enthält.

iTunes wird zum sozialen Netzwerk

In der zehnten Version hat Apples digitale Abspielsoftware nicht nur ein neues Icon bekommen - was allein schon das Publikum begeistert aufjuchzen ließ - sondern obendrein ein eigenes soziales Netzwerk, genannt "Ping". Eine Mischung aus Twitter, Facebook und iTunes nennt es Steve Jobs selber. Weil iTunes auf 160 Millionen Nutzer kommt, hat "Ping" aus dem Stand so viele potentielle Mitglieder in 23 Ländern.

Tatsächlich sieht die Oberfläche aus wie bei Facebook: Man schließt Freundschaften mit anderen Nutzern und "folgt" seinen Lieblingsbands. So lassen sich Musiktipps austauschen, Konzertfotos zeigen, Hörerlebnisse kommentieren. Das Ziel ist klar: Die Nutzer sollen möglichst viel neue Musik entdecken und bei Apple kostenpflichtig herunterladen.

Wie das Netzwerk funktioniert, zeigte Jobs, indem er das Profil von Lady Gaga aufrief und ihre Nachrichten abonnierte. Siehe da: Für eine Grußbotschaft zum Start von "Ping" hat Gaga einer Videokamera ihren nackten Bauch entgegengestreckt. Getoppt wurde das nur von Chris Martin, dem Sänger der britischen Band Coldplay. Der betrat nach Jobs die Bühne, setzte sich ans Klavier und sang zur Feier der Hard- und Software-Orgie.

Und sonst noch?

Jobs kündigte neue Versionen des Betriebssystems für iPhone und iPad an. Als neues Feature pries er die Möglichkeit, künftig sogenannte HDR-Fotos aufzunehmen. Dabei handelt es sich um Fotos, die aus mehreren, unterschiedlich stark belichteten Aufnahmen zusammengesetzt sind. Das Ausleihen von TV-Serien bleibt nicht AppleTV-Nutzern vorbehalten, iOS 4.1 bringt diese Möglichkeit auch auf die Mobilgeräte.

Außerdem wurde ein 3-D-Actionspiel vorgestellt, das eine neue Multiplayer-Funktion namens Game Center demonstriert. Game Center ist die Lösung für all jene Sozialfälle, die zu jeder Gelegenheit auf ihr Handy starren: Statt einsam herumzuklicken, können sie sich nun mit iPhone-Nutzern auf der ganzen Welt verbinden und virtuelle Gefechte führen.

Und dann wäre da noch diese bahnbrechende Innovation: Das iPad lernt das Drucken. Texte, die man auf dem Tablet-PC verfasst, kann man künftig an entsprechend ausgestattete Drucker funken. Was früher eine recht selbstverständliche Funktion von Computern war, kommt mit der nächsten iOS Version im November als erwähnenswerte Neuheit. So etwas schafft wohl nur Apple.

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