Apple Studio Display im Test In diesem Bildschirm steckt ein iPhone

Apple Studio Display: Im Inneren steckt der A13-Bionic-Chip aus dem iPhone
Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGELWenn Sie dachten, Ihr iPhone 13 Pro Max wäre mit seinem 6,7-Zoll-Bildschirm das größte aller iPhones, muss ich Sie enttäuschen. Denn in gewisser Weise ist auch das neue Studio Display ein iPhone. Und das hat einen 27-Zoll-Bildschirm.
Zugegeben, das ist eine großzügige Auslegung der Bezeichnung »iPhone«. Schließlich hat der neue Apple-Bildschirm weder 5G noch einen Touchscreen, und Apps kann man darauf auch nicht installieren.
Doch in seinem Inneren steckt die Grundlage des iPhone 11: Ein A13-Bionic-Chip samt 64 Gigabyte Speicher, auf dem eine Variante von iOS 15.4 läuft. Und genau wie bei einem iPhone wird es dafür Updates geben, die den Bildschirm verbessern oder Fehler beseitigen. Genau wie bei den AirPods-Kopfhörern wird neue Software allerdings im Hintergrund eingespielt, als Nutzerin oder Nutzer hat man damit nichts zu tun.
Bleibt die Frage: Wofür braucht ein Computermonitor einen derart leistungsfähigen Prozessor? Auf diese Frage gibt es mehrere Antworten.

Apple Studio Display
Matthias Kremp / DER SPIEGEL
Der Bildschirm
Zunächst einmal steuert der Chip die True-Tone-Technik des Studio Display. Wer ein halbwegs aktuelles iPhone, iPad oder MacBook – oder das 5500 Euro teure Pro Display XDR hat – hat, kennt das: Sensoren analysieren das Umgebungslicht, sodass True Tone die Farben, den Kontrast und die Helligkeit des Bildschirms so aussteuern kann, dass sie möglichst natürlich wirken. Im Test war etwa klar zu erkennen, wie der Bildschirm seine Darstellung veränderte, wenn ich die Fenster abdunkelte und kaltweißes Licht einschaltete.
Das Ergebnis: Über den ganzen Arbeitstag hinweg passt sich der Bildschirm so an, dass er nie störend, hell, zu dunkel oder zu flau wirkt. In meinem Dachbüro, in das das Licht aus mehreren Fenstern einstrahlt, ist das ein angenehmer Effekt.


Bis zu einem gewissen Grad ist das Bild auch bei sehr schrägen Blickwinkeln noch gut erkennbar
Als wichtiger erwies sich jedoch die Entspiegelung. Auf meinem privaten Bildschirm bilden sich im Laufe des Vormittags, wenn die Sonne ums Haus wandert, trotz Entspiegelung störend helle Flecke von Reflexionen. In der Regel ziehe ich dann ein Rollo vor das Dachfenster. Mit dem Test-Display war das nicht nötig. Allerdings habe ich zum Test auch ein Modell mit sogenanntem Nanotexturglas gewählt. Bei dieser Variante wird die Glasoberfläche mit einer hauchfeinen Struktur versehen, die einfallendes Licht streut. Ist der Bildschirm abgeschaltet, sieht er stumpf aus. Der Aufpreis: 250 Euro.
Was dem Bildschirm fehlt, ist eine HDR-Fähigkeit. Damit sind seine Möglichkeiten, extreme Kontraste darzustellen, begrenzt. Der Bildschirm eines iPad Pro 12.9 erreicht da beeindruckendere Ergebnisse. Das gilt auch für die Bildwiederholfrequenz, die auf 60 Bilder pro Sekunde festgelegt ist. Apples Pro-Geräte, wie eben das iPad Pro und das MacBook Pro, sind da flexibler, können bis zu 120 Bilder pro Sekunde anzeigen oder sich für Filme auf kinotaugliche 24 Bilder abbremsen.
Die Kamera

Im oberen Rahmen steckt die 12-Megapixel-Kamera
Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGELDie zweite Funktion, die von dem Chip gesteuert wird, ist die in den Rahmen eingebaute Kamera. Mit einer Auflösung von 12 Megapixeln und Blende F/2.4 entspricht sie der Selfiekamera im iPad Pro. Die Computerunterstützung braucht sie etwa für den Folgemodus, in dem sie der oder den Personen, die vor dem Bildschirm sitzen oder stehen, folgt. Das ist ein nettes Gimmick, wenn man keine Lust hat, bei Videokonferenzen starr wie eine Kerze vor dem Bildschirm zu sitzen.
Was die Bildqualität angeht, gibt es bei gutem Licht wenig zu meckern. Klar, eine dedizierte 4K-Webcam liefert bessere Bilder. Wenn man dann aber in Teams zusätzlich zum Folgemodus noch den Porträtmodus aktiviert, der den Hintergrund sanft weich zeichnet, sieht das schon ziemlich gut aus. Bei wenig Licht oder wenn das Licht von hinten kommt, ist es damit leider vorbei und das Bild wird von einem deutlichen Rauschen gestört.
Die Lautsprecher

Insgesamt sechs Lautsprecher sind hinter dem Bildschirm verbaut
Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGELÜberhaupt kein Rauschen ist dagegen aus den Lautsprechern zu vernehmen, die das heimliche Highlight des Studio Display sind. Beim ersten Ausprobieren war ich derart verwundert, dass ich erst prüfen musste, ob meine Aktivboxen mitlaufen: Der Sound ist so rund und voll, wie man es von kleinen Lautsprechern, die in einem dünnen Display stecken, nicht erwarten würde. Die sechs Lautsprecher, die die Rahmen stecken, leisten ganze Arbeit.
Das gilt vor allem, wenn man Musik oder Filme mit Dolby-Atmos-Tonspur hört. Echter Raumklang entsteht dabei zwar nicht, aber in vielen Fällen wird man auf zusätzliche externe Boxen verzichten können. Erst im oberen Viertel der Lautstärkeskala fangen die Höhen an, etwas aggressiv zu werden und die tieferen Frequenzen zu übertönen. Solange man sich auf etwa Dreiviertel der Maximalleistung beschränkt, ist davon nichts zu hören. Für eine kleine Büroparty kann das ausreichen.
Die Nackenstarre
Was allerdings überhaupt nicht ausreicht, ist der Standfuß, mit dem das Studio Display geliefert wird. Wunderschön aus einem Stück Aluminium ist er gefräst, sieht toll aus und lässt den Bildschirm um ein 30 Grad nach oben und unten kippen. Höhenverstellbar ist er indes nicht. Je nachdem wie und an welchem Schreibtisch man sitzt, kann das durchaus zu Verspannungen in Schultern und Nacken führen.

Neigungssache: Der Standfuß
Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGELAbsolut empfehlenswert ist es daher, den Monitor mit dem optionalen höhenverstellbaren Standfuß zu bestellen. Der kostet aber – tief durchatmen – 460 Euro Aufpreis. Pragmatischer wäre es daher, das Display ohne Aufpreis mit einem sogenannten VESA-Adapter zu ordern. Das schöne Design verhunzt man sich damit zwar ein wenig, kann dafür aber aus einem großen Angebot kompatibler Standfüße und Tischhalterungen von Drittanbietern wählen – die natürlich extra kosten.
Die Anschlüsse
Ohne Aufpreis bekommt man immerhin zwei Kabel mitgeliefert. Für das Stromkabel haben Apples Ingenieure sich wohl aus Platzgründen einen eigenen Anschluss ausgedacht, der so fest ist, dass das Kabel nur mit Spezialwerkzeug gelöst werden kann. Für das mitgelieferte Thunderbolt-Kabel gilt das zum Glück nicht. Mit einem Meter hat es eine im professionellen Bereich übliche Länge, die ausreicht, um ein Computer anzuschließen, der auf dem Tisch steht. Soll der Rechner unter dem Tisch Platz finden, muss ein längeres Kabel her.

Vier Anschlüsse hat das Studio Display – und alle sehen gleich aus, sind aber nicht gleich
Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGELVon den vier Anschlüssen des Displays taugen drei USB-C-Buchsen zur Kontaktaufnahme mit externen Festplatten oder anderen Geräten, aber auch ein via Adapter angestöpselter Netzwerkanschluss wird von dort an den am vierten Port hängenden Rechner weitergeleitet. Nur der nämlich beherrscht das leistungsfähigere Thunderbolt 4, kann ein Notebook nebenbei auch noch mit 96 Watt aufladen.
Fazit
👍 Sehr hohe Bildqualität 👍 Sehr hohe Auflösung (5120 × 2880 Pixel) 👍 Hervorragender Sound | 👎 Mittelmäßige Webcam 👎 Kein HDR 👎 Höhenverstellbarer Standfuß nur gegen hohen Aufpreis |
Das Studio Display ist ein wunderschöner Bildschirm für Apple-Nutzerinnen und -Nutzer – und nur für die. Weil alle Funktionen per Software gesteuert werden, kann man an einem PC nicht mal die Auflösung ändern.
Es ist aber auch ein teurer Spaß. Die Grundversion kostet 1749 Euro, mit dem empfehlenswerten Nanotexturglas 1999 Euro, und wenn man den höhenverstellbaren Standfuß haben möchte, kommen weitere 460 Euro obendrauf. Das ist nicht nur ein Haufen Geld, sondern auch viel mehr, als man beispielsweise für ein LG Ultrafine 27MD5KL ausgeben müsste. Das hat ähnliche Leistungsdaten und sogar einen höhenverstellbaren Fuß, aber keine so guten Lautsprecher – und schon gar nicht das edle Apple-Design.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es, der LG Ultrafine 27MD5KL habe keine Webcam – das ist nicht korrekt. Wir haben die Stelle geändert.