EU-Vorhaben Apple will europäischen Stecker-Standard verhindern

Apple wehrt sich gegen die mögliche Einführung einheitlicher Ladegeräte und -stecker in der EU. Ein solcher Schritt würde seine Fähigkeit zur Innovation beschränken, argumentiert der US-Konzern.
Zweierlei Apple-Stecker: Links USB-C, rechts Lightning. Der Konzern möchte gern weiterhin beide verwenden können

Zweierlei Apple-Stecker: Links USB-C, rechts Lightning. Der Konzern möchte gern weiterhin beide verwenden können

Foto: Matthias Kremp/ DER SPIEGEL

Elf Jahre nachdem die EU-Kommission die Diskussion angestoßen hat, wird immer noch darüber diskutiert, ob und wie man in der EU einen einheitlichen Standard für Handy-Ladegeräte einführen könnte. Geworden ist daraus bisher nichts, aber vor einer guten Woche ist wieder Bewegung in das Thema gekommen.

Der Grund dafür ist eine Rede, die der Vizepräsident der EU-Kommission, Maroš Šefčovič, am 13. Januar in Straßburg gehalten hat . In der nämlich kündigte er die Veröffentlichung einer Studie an, die die Möglichkeiten zur Einführung eines Standards für Ladegeräte klären soll. Zudem erklärte er, die Kommission werde erneut regulatorische und nicht-regulatorische Möglichkeiten prüfen, um die Industrie zur Einführung eines Standards zu bewegen.

Diese Ankündigung reichte, um Schlagzeilen zu provozieren wie: "Neue EU-Regeln könnten Apple zwingen, sich vom Lightning-Kabel zu verabschieden " und "Apple könnte durch neue EU-Regulierung gezwungen werden, dein iPhone-Ladekabel zu tauschen ". Der Rummel in den Medien, vor allem in den USA, hat Apple nun offensichtlich dazu veranlasst, sich selbst zum Thema zu äußern.

In einer am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme argumentiert das Unternehmen, ein einheitlicher, verpflichtender Standard würde "Innovation behindern, statt dazu zu ermutigen". So fürchtet Apple den geringfügig größeren Platzbedarf einer USB-C-Buchse gegenüber der hauseigenen Lightning-Buchse. Angesichts der wenigen Millimeter, um die es hier geht, mag das kleinlich erscheinen. Aber beim Design moderner Smartphones kämpfen Ingenieure und Designer um genau jene Millimeter, die man lieber für Sensoren, Antennen und Ähnliches nutzen möchte.

Apple argumentiert weiter, dass die Bemühungen der EU, Ladekabel zu vereinheitlichen, 2009 zum Ziel hatten, Micro-USB zum Standard zu machen. Eine solche Pflicht, so Apple, hätte die Entwicklung von Lightning und USB-C behindert. Doch der Verpflichtung entkamen die großen Handyhersteller damals, indem sie sich auf einen einheitlichen Standard für Ladegeräte einigten. Die Vereinbarung wurde damals unter anderem von LG, Motorola, Nokia, Samsung und auch Apple unterzeichnet.

So sah das Kabelchaos bei Handysteckern aus, bevor die EU sich für einen einheitlichen Standard stark machte

So sah das Kabelchaos bei Handysteckern aus, bevor die EU sich für einen einheitlichen Standard stark machte

Foto: Franz-Peter Tschauner/ dpa

Das Ergebnis ist heute sichtbar: Statt der damals bis zu 30 unterschiedlichen Stecker und Ladegeräte sind heute nur noch drei verbreitet: Micro-USB, USB-C und eben Apples Lightning. Möglich ist das, weil die Regelung es den Firmen erlaubte, eigene Stecker zu verwenden, sofern diese per Adapter auf Standard-Ladegräte passen, erklärt die BBC . Genau das trifft auf Apples iPhone-Netzteile schon immer zu, da sie eine USB-Buchse haben, in die auch Kabel anderer Hersteller passen. Dasselbe gilt für die USB-C-Netzteile aktueller iPads und MacBooks, deren Buchsen zu anderen USB-C-Kabeln kompatibel sind.

Lieber kabellos als Kabelstandard

Verwunderlich an Apples vehementer Ablehnung eines europäischen Stecker-Standards ist, dass das Unternehmen seine Kunden schon mehrmals mit drastischen Schritten zum Umstieg auf neue Technologien gezwungen hat. So verabschiedete sich der Konzern mit der Einführung des iMac 1998 vom Apple Desktop Bus, zugunsten von USB. Millionen Peripheriegeräte wurden damit nutzlos. Auch die Einführung des Lightning-Kabels, das der Konzern jetzt so vehement verteidigt, wurde 2012 nicht von allen Nutzern mit Freude aufgenommen. Zwar waren die Vorteile gegenüber dem zuvor genutzten 30-poligen Stecker unübersehbar, doch auch hier wurden etliche Zusatzgeräte plötzlich unbrauchbar.

Eben dieses Argument macht sich Apple nun zu eigen und erklärt, man habe schon mehr als eine Milliarde Geräte mit Lightning-Anschluss ausgeliefert, Zubehörhersteller weitere Millionen. Diese Geräte könnten durch einen neuen Steckerstandard unbrauchbar oder zumindest schwieriger nutzbar werden. Viele könnten womöglich sogar auf dem Müll landen.

Ein Grund, weshalb Apple einen Steckerstandard verhindern will, dürfte allerdings auch sein, dass das Unternehmen wohl längst an vollkommen kabellosen Geräten arbeitet. Ein iPhone ohne Netzstecker, das ausschließlich kabellos aufgeladen wird und nur per WLAN, Mobilfunk und Bluetooth mit der Außenwelt kommuniziert, dürfte das Ziel sein. Nicht nur, weil so ein Gadget viele praktische Vorteile hätte, sondern auch, weil es Steve Jobs Vorstellung einer vollkommen unverkabelten Zukunft nahekommen würde. So in etwa, wie er sie 1999 bei der Präsentation des ersten iBooks mit WLAN-Funktion skizziert hat.

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Den einen Standard, dem die meisten Hersteller heute folgen, gibt es ohnehin schon: USB-C. Der flache Stecker passt in die meisten neuen Android-Smartphones, Tablets und Notebooks. Nur wenige Geräte werden noch mit dem älteren, weniger leistungsfähigen und unpraktischen - weil nicht beidseitig nutzbaren - Micro-USB-Anschluss ausgeliefert. Meist sind das billige Handys, E-Reader oder kleinere Gadgets mit geringem Stromverbrauch. Einer der Vorteile von USB-C ist nämlich, dass darüber weit mehr Strom geleitet werden kann als durch ältere Stecker. Das Netzteil von Apples aktuellem 16-Zoll-MacBook beispielsweise liefert 96 Watt durch ein solches Kabel.

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