Apples neues Betriebssystem iOS 7 Schluss mit dem Mittelklasse-Look

Es gab weder ein neues iPhone noch ein neues iPad - und schon gar keine iWatch. Trotzdem zeigen die Ankündigungen von Apple, dass der Konzern immer noch Trends setzen kann: Die iWelt ist jetzt flach und bunt.

Jonathan Ive ist der neue Star bei Apple. Der britische Designer bestimmt weitgehend, wie es bei Apple nach dem Tod von Steve Jobs weitergeht - und er macht seinen Job offensichtlich gut. Er hat maßgeblich das neue iPhone-Betriebssystem iOS 7 mitgestaltet, das Apples Kernkompetenzen wieder nach außen trägt: gutes Design und einfache Bedienung.

Dass Ive so weit gekommen ist, hat er nicht nur seinem Können, sondern auch den Fehlern anderer zu verdanken. Nach dem Desaster um die fehlerhaften Apple Maps, die mit iOS 6 eingeführt wurden, entließ Konzernchef Tim Cook den Entwicklungsleiter Scott Forstall. Gleichzeitig bekam der Exilbrite die neue Aufgabe, konzernweit das "Human Interface"-Design zu leiten. Seither ist er nicht mehr nur für den Look der Hardware, sondern auch für die Software zuständig und kann das Zusammenspiel beider lenken.

Das auf der Entwicklerkonferenz WWDC vorgestellte iOS 7 gibt einen Ausblick darauf, wie das in Zukunft aussehen könnte. Statt, wie es Konkurrent Samsung beim Galaxy S4 gemacht hat, mit dem Update möglichst viele neue Funktionen hinzuzufügen, hat Ive Apples iPhone-Software vornehmlich durch Designänderungen erneuert. Und das so sehr, dass man beinahe glaubt, ein ganz anderes Gerät vor sich zu haben, wenn man die Software auf einem iPhone 5 sieht.

Schluss mit dem Mittelklasse-Look

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Apple-Event WWDC: Röhrenrechner und Schnellfunker

Foto: AP/dpa

Ive spielt dabei bewusst mit Gegensätzen. Erstaunlich ist zum Beispiel der 3-D-Effekt, der sich ergibt, wenn man ein iPhone mit iOS 7 in der Hand bewegt. Durch grafische Tricks scheinen die Icons über dem Hintergrundbild zu schweben, sich anders zu bewegen als der Rest des Bildschirms. Dabei hat Ive beim Design von iOS 7 konsequent auf alles verzichtet, was ablenken könnten - dazu zählt auch der 3-D-Look der Vorgängerversionen. Alle sogenannten Skeuomorphismen, Effekte, die reale Objekte oder Materialien nachbilden sollen, wurden über Bord geworfen. Icons, die früher plastisch wirkten, sind jetzt flach.

Das Ergebnis lässt sich ungefähr so erklären: Bisher ist iOS dem Geschmack der amerikanischen Mittelklasse nachgebildet worden, die sich für dicke Bücherregale ("iBooks", "Zeitungskiosk") und Post-its ("Notizen") begeistert. Mit iOS zieht nun ein moderner Geist ein, der sich am Minimalismus orientiert und nicht versucht, auf dem Gerät Gegenstände oder Materialien der realen Welt nachzubilden.

Video statt Bühne

Jonathan Ives Ziel dürfte es gewesen sein, das Betriebssystem so umzubauen, dass es besser zu seinem Design von iPhone und iPad passt, sozusagen den Look zu vereinheitlichen. Man könnte sagen, Apples Produkte sehen immer mehr so aus, wie Ive es sich vorstellt. Kein Techniker kann ihm hier dazwischenfunken, er hat das Heft in der Hand.

Trotz seiner Macht präsentiert sich der Designer mit Understatement in der Öffentlichkeit. Zur WWDC-Keynote kam er ganz lässig in Jeans und T-Shirt. Davon, dass er von der britischen Queen ausgezeichnet wurde, ist nichts zu spüren.

Auf der Bühne war er trotzdem nicht zu sehen. Um zu erklären, was ihn bewogen hat, das neue iOS so drastisch umzugestalten, ließ er stattdessen ein Video zeigen. Ive und die von ihm gestalteten Geräte im besten Licht - live hätte er diesen Effekt wohl kaum hinbekommen. So perfekt wie im Video hätte das nie ausgesehen. Und Jonathan Ive ist eben ein Perfektionist - genau so einer, wie Steve Jobs es war.

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