
Das Billig-Smartphone: Huawei X3
Billig-Smartphone China zeigt, wie's geht
Ich bin da fest verdrahtet: Billigkram kann kaum gut sein. Fast immer lohnt es sich, etwas mehr auszugeben, egal ob es um Sitzmöbel oder Smartphones geht. Auf guten Stühlen sitzt man länger gut, Oberklasse-Handys bieten mehr Leistung und sehen besser aus. Klar, dass mein Vorurteil schnell gefällt war, als mir ein Android-Smartphone zum Ladenpreis von 99 Euro angekündigt wurde. Kann gar nicht gut gehen, sowas. Entweder es ist schnarchlangsam, es läuft mit hoffnungslos veralteter Software, oder es ist potthässlich.
Doch genau mit einem solchen Handy, einem 99-Euro-Android-Smartphone, will der chinesische Hersteller Huawei seinen für deutsche Zungen ungewohnten Namen in den deutschen Markt einführen. Ab dem 1. September wird das Handy beim Discounter Lidl angeboten, von 19. September an auch beim Mobilfunkanbieter Fonic.
Bisher ist der weltweit tätige Konzern hierzulande nur als Zulieferer in Erscheinung getreten, der für Mobilfunkanbieter UMTS-Sticks oder einfache Handys produzierte. Jetzt will das Unternehmen sich einen Namen machen, strebt laut Vice President Lars-Christian Weisswange an, binnen drei Jahren einer der Top-fünf Handy-Hersteller zu werden - ausgerechnet mit einem Billig-Smartphone. Bei einem Test im Februar fielen mehrere Billig-Tablets mit Android-Betriebssystem durch.
Dem ersten Blick auf das Datenblatt folgt Ernüchterung. Die Bildschirmdiagonale ist mit 3,2 Zoll für heutige Verhältnisse unterdurchschnittlich, seine Auflösung mit 480 x 320 Bildpunkten mager und der Prozessor mit 600 MHz lahm. Wie soll das funktionieren?
Sparprozessor auf Speed
Als ich es dann auspacke, erstaunt mich das Billigangebot dann aber doch. Schon der Karton wirkt gar nicht billig, ähnelt den Handyverpackungen von Samsung und HTC. Dasselbe gilt für das Telefon darin. Zwar besteht es fast ausschließlich aus Plastik, doch das haben die Designer schön gestaltet. Vor allem der Rückendeckel mit seiner angerauten Oberfläche verleiht dem Handy handschmeichlerische Qualität. Ohnehin liegt es gut in der Hand, gerade weil es klein ist.
Vollends erstaunt bin ich aber, als ich das kleine Ding einschalte. Dem Sparprozessor zum Trotz laufen alle Apps ohne Verzögerungen, YouTube-Videos ruckelfrei und die grafisch animierten Bildschirmwechsel der Android-Benutzeroberfläche gehen so geschmeidig vonstatten, dass ich gar nicht aufhören möchte, von Seite zu Seite zu hüpfen. Daran dürfte auch das Betriebssystem seinen Anteil haben. Unter Telefoninfo gibt das Smartphone Auskunft, es habe die Android-Version 2.3.3 installiert. Aktueller geht es - fast - nicht. Das können selbst viele Modelle der etablierten Hersteller nicht bieten.
Ungewöhnlich ausdauernd - manchmal
Und der Bildschirm? Klar, mit einem Super-AMOLED-Display von Samsung kann er nicht mithalten, aber pixelig, wie ich befürchtet hatte, sieht drauf auch nichts aus. Nur ein bisschen klein sind Symbole und Buchstaben aufgrund der geringen Auflösung. Deshalb ist das Eintippen von Textnachrichten etwas fummelig. An der Treffsicherheit des Touchscreens ist dagegen nichts auszusetzen, er arbeitet so exakt, wie man es sich wünscht, nur eben im Kleinen. Kontrast und Helligkeit sind in Ordnung, nur wenn man das Display stark seitlich betrachtet, ist bei starkem Umgebungslicht nichts mehr zu erkennen.
Trotzdem sollte man in den Einstellungen die Automatische Helligkeit einschalten, damit die Beleuchtung des Bildschirms in Abhängigkeit vom Außenlicht geregelt wird. Das spart Strom gegenüber hellem Dauerlicht. Und Strom sparen ist hier wichtig, bei dem dünnen 1200 mAh-Akku, den Huawei mitliefert. Bei mäßiger Nutzung hielt der Stromspeicher bei mir trotzdem fünf Tage durch, was ungewöhnlich erscheint. Sobald man Webbrowser, MP3-Player und YouTube intensiver nutzt, ist die Akkureichweite merklich geringer. Mehr als einen Tag hält das X3 dann nicht mehr durch.
Einstieg gelungen
Aber damit unterscheidet es sich nicht von anderen Smartphones. Und das gilt auch für die technische Ausstattung: Mobile Datenverbindungen baut es per HSDPA mit bis zu 7,2 Mbit/s auf, im W-Lan beherrscht es die Standards IEEE 802.11b, g und n. Ein GPS-Empfänger ist ebenso an Bord wie ein Kompass, Beschleunigungssensor, ein UKW-Radio und Bluetooth-Funk in der Version 2.1. Der Speicher lässt sich per microSD-Karte auf bis zu 32 GB erweitern, der Steckplatz ist ab Werk aber leer. Eine Speicherkarte sollte man zum Kaufpreis also lieber hinzuaddieren. Aber das macht den Kohl nicht fett, denn eine 8-GB-Karte bekommt man schon für unter zehn Euro.
So bleibt am Ende der Eindruck, dass Huawei mit dem Ideos X3 Eindruck machen wird. Nicht nur auf die potentiellen Kunden, sondern vor allem auf die Konkurrenz, die viel zu lange versucht hat, vor allem mit Hochpreis-Smartphones zu punkten. Der chinesische Konzern macht es einfach anders. Statt ein Highend-Handy vorzulegen und seinen Marktanteil später mit Billigvarianten auszubauen, steigt der Konzern gleich unten ein und spart sich seine Oberklassemodelle für später auf.
Diese Strategie passt genau zu den aktuellen Marktentwicklungen: Immer mehr Menschen wollen ein Smartphone haben, aber beileibe nicht jeder kann sich ein iPhone oder Galaxy S leisten. Huawei hat eine Nische erkannt und schickt sich an, sie zu besetzen, wenn die Marktführer jetzt nicht schnell reagieren.