Bio-Hacking Amerikaner lässt sich Kopfhörer implantieren

Richard Lee braucht seine Kopfhörer nie wieder zu suchen, denn sie sind in sein Ohr implantiert. Der Amerikaner hat sich kabellose Empfänger aus einem Bastler-Kit eingepflanzt, um mit seinem drohenden Sehverlust besser zurechtzukommen.
Richard Lees Implantat (Screenshot von Gizmodo): Eingepflanzte Magneten

Richard Lees Implantat (Screenshot von Gizmodo): Eingepflanzte Magneten

Es ist eine kleine und unscheinbare knorpelige Stelle direkt am Ohr, beliebt vor allem für Piercings: der Tragus . Statt eines Schmuckstücks hat sich der Amerikaner Richard Lee genau an diese Stelle Magneten einsetzen lassen, die ihm erlauben, kabellos Tonsignale zu hören. Als Sender dient eine Spule, die er wie eine Halskette unter seiner Kleidung trägt. Während Google bei seiner Datenbrille auf die Schallübertragung über die Knochen setzt, ist Lee schon einen Schritt weiter: Er ließ seinen Körper durch einen chirurgische Eingriff mit der Technik verschmelzen - und wurde zum Cyborg .

Grinder oder auch Biohacker, zu denen sich Lee zählt, sind Personen, die ihren Körper mit Technik ausstatten und dadurch verbessern wollen. Sie versuchen ihre Wahrnehmung durch Technologie zu erweitern. Sie gehören zum größeren Kreis der Body Modifier, die manchmal auch nur aus ästhetischen Gründen ihren Körper durch Piercings, Stacheln oder Schmuckstücke ergänzen.

Im Humanity+-Magazin beschreibt Lee  den Prozess und seine Pläne für die Technik. Denn seine Bastelei hat einen ernsten Hintergrund und ist eine Art Selbsthilfe: Der Bio-Hacker fürchtet, dass er bald blind werden könnte. "Ich habe den größten Teil meiner Sehfähigkeit im rechten Auge vor ein paar Jahren über Nacht verloren", schreibt er in dem Bericht, "mein Arzt sagt, mein gutes Auge könnte auch jederzeit versagen." Darauf wolle er sich vorbereiten. "Gizmodo" berichtet , er plane eine Art von Abstandswarner an seine Implantate anzuschließen und wolle sich frühzeitig an die Technik gewöhnen. Ähnlich der Technik von Einparkhilfen in Autos, die einen schneller werdenden Piepton abgeben, sobald ein Objekt sich nähert, will er seine implantierten Köpfhörer mit einem Sensor verbinden. Er könnte so seine und die Position von Dingen um ihn herum nur mit Hilfe seines Gehörs bestimmen.

Implantat soll Radioaktivität hörbar machen

Auch könnte sich Lee theoretisch vorstellen, Richtmikrofone anzuschließen, um weit entfernte Gespräche zu hören oder Sensoren, die die Welt der Strahlung sichtbar machen. Er skizziert, wie ein an sein Implantat angeschlossenes Geiger-Müller-Zählrohr ihm eine völlig neue Art von Wahrnehmung bescheren könnte: Das Zählrohr könnte Radioaktivität durch ein wiederkehrendes Knacken für ihn direkt hörbar machen.

In seinem YouTube-Channel erklärt der Bio-Hacker , welche Bauteile nötig sind und wie die Technik funktioniert. An die Spule um seinen Hals wird ein verstärktes Tonsignal geschickt, beispielsweise von seinem Smartphone. Das von der Spule erzeugte magnetische Feld sorgt dafür, dass die kleinen magnetischen Empfänger am Ohr einen Ton erzeugen. Doch nicht nur im Ohr des Amerikaners befindet sich ein Implantat. Ein Magnet in seinem Finger macht auch seine Fingerspitze zum Lautsprecher, sobald er sie ins Ohr steckt.

Mit etwa 30 Dollar beziffert Lee die Kosten für die frei verkäufliche Implantattechnik. Allerdings ist zusätzlich ein Besuch bei einem Body Modifier oder Piercer nötig. Auch Lee ließ den Eingriff an seinem Ohr durch einen Body-Modification-Künstler vornehmen und verriet: Die Schmerzen seien minimal gewesen und wegen der geringen Narbenbildung am Ohr seien seine Kopfhörer nun vollkommen unsichtbar.

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kpg

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