
Ende der Smartphone-Entwicklung Bye-Berry

Steve Jobs präsentierte im Januar 2007 das iPhone
Foto: REUTERS
Blackberry Torch (r.) und iPhone 4
Foto: Matthias Kremp

Am Ende hat es wohl einfach nicht mehr gereicht, der weltweite Marktanteil war auf 0,1 Prozent geschrumpft. Jetzt hat Blackberry-Chef John Chen in Kanada die Notbremse gezogen: "Wir planen, die komplette interne Hardware-Entwicklung zu beenden und diese Funktion an Partner auszulagern." Damit verabschiedet sich nicht bloß irgendein unbedeutender Handyhersteller vom Smartphone-Markt, sondern einer, der Smartphones populär gemacht hat, lange bevor Apple sein iPhone präsentierte.
Als das kanadische Unternehmen noch unter dem Namen Research in Motion (RIM) firmierte, brachte es 1999 den Blackberry 850 auf den Markt und legte damit den Grundstein für seinen steilen Aufstieg. Mit dem 850 und seinen Nachfolgemodellen war es erstmals möglich, unterwegs mit dem Handy E-Mails abzufragen. Blackberrys wurden deshalb jahrelang auch als E-Mail-Handys bezeichnet.
Einer der Gründe für den Erfolg der Geräte war auch die typische Blackberry-Tastatur. Deren Layout und Qualität hatten zur Folge, dass regelmäßige Blackberry-Nutzer darauf sehr schnell Nachrichten schreiben konnten. Allemal schneller jedenfalls, als auf den damals auf Handys üblichen Zehnertastaturen.
Zu lange auf physische Tastatur gesetzt
Eben diese Tastatur und ihr Erfolg bei den Kunden war es auch, die die Blackberrys schließlich langsam aber sicher aus dem Markt kegelte. Als Apple-Chef Steve Jobs Anfang 2007 mit dem iPhone das erste Touchscreen-Smartphone präsentierte, konnten die Kanadier die Newcomer aus Kalifornien noch belächeln.
Ihr Marktanteil lag damals bei guten acht Prozent, stieg laut Statista bis Anfang 2009 rasant auf einen Höchststand von 20,1 Prozent - um danach ebenso steil bis unter die Wahrnehmungsgrenze abzufallen. In demselben Maße, wie Smartphones populär wurden, verloren Blackberrys ihren Reiz. E-Mail konnten plötzlich alle und per Finger auf dem Touchscreen ließen sich iPhones wie Android-Smartphones gleichermaßen bequem bedienen. Nur die Blackberrys nicht.
Denn Blackberry fiel es schwer, sich von der physischen Tastatur zu trennen. Eine kleine Schar von Fans fand das toll, die meisten anderen oll. Touchscreens waren eben plötzlich hip. Wer keinen hatte, war draußen.
Steve Jobs präsentierte im Januar 2007 das iPhone
Foto: REUTERSDoch statt sich dem neuen System ganz hinzugeben, versuchten Blackberrys Ingenieure verzweifelt, einen Hybrid aus Touchscreen und Tastatur zu entwickeln. Zuerst sollte das Ende 2008 der Storm schaffen, mit einem Bildschirm, der bei Druck nachgab und ein paar Millimeter ins Gehäuse versank. Letztlich wurde der Bildschirm damit zu einer riesigen Maustaste, dem Schreibgefühl half das nicht.
Zwei Jahre später versuchte man es mit einem neuen Konzept: Den Blackberry Torch bediente man über einen 3,2 Zoll kleinen Touchscreen, hinter den sich zum Schreiben eine Tastatur herausschieben ließ. Eigentlich eine charmante Idee, hätte die Konstruktion das Gerät nicht zu einem klobigen Klotz gemacht und wären Smartphone-Nutzer damals nicht schon größere Displays gewohnt gewesen.
Blackberry Torch (r.) und iPhone 4
Foto: Matthias KrempBis zum Schluss ließ Blackberry nicht von der physischen Tastatur ab. Sogar unter das quadratische Display des Passport stopfte man noch drei Reihen Zifferntasten, die auf dem Bildschirm bei Bedarf von weiteren Reihen virtueller Tasten ergänzt wurden. Ein interessantes Konzept, gleichzeitig aber ein verwirrendes, weil man ständig zwischen Tastatur und Bildschirm wechseln musste.
Weil kaum jemand Apps für das eigene Blackberry OS entwickelte, ließen die Kanadier schließlich sogar von ihrem eigenen Betriebssystem ab, stellten schrittweise auf Android um, wohl der vielen Apps wegen, die Anwender heute erwarten. Der Priv war das erste Gerät einer neuen Generation, mit exzellenter Hardware, die von Samsungs Spitzenmodellen zu stammen schien.
Und mit einem Android-System, das um Sicherheitsfunktionen zum Schutz der Privatsphäre ergänzt worden war. Schließlich war es auch die Sicherheit der Kommunikation, die vor allem berufliche Nutzer zum Blackberry hat greifen lassen.
Genau damit soll es nach dem Ende der Hardware-Entwicklung dann wohl auch weitergehen: mit Software. Die Geräte zu konstruieren, will man jetzt anderen überlassen. So wie einem Unternehmen aus Indonesien - dort ist Blackberry sehr erfolgreich. Dessen Android-Smartphones sollen mit Blackberry-Software bestückt werden.
Weg ist Blackberry also nicht, nur anfassen wird man die Produkte des kanadischen Unternehmens künftig nicht mehr können. Und statt mit Hardware Geld zu verdienen, wird sich das Unternehmen mit den Lizenzgebühren begnügen, die es von seinen Hardware-Partnern für die Nutzung seiner Software verlangt. Für Blackberry beginnt damit ein neues Kapitel seiner Firmengeschichte. Es könnte das letzte sein.
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Blackberry-Smartphone: Künftig will man sich aus der Hardware-Entwicklung zurückziehen, hat Firmenchef John Chen in Kanada angekündigt. Aus dem kanadischen Unternehmen wird damit eine Softwarefirma.
Blackberry Storm
Nach der Präsentation des iPhone versuchte sich auch RIM an Touchscreen-Geräten. Allerdings bescherte der Storm mit seinem ungewöhnlichen Drück-Bildschirm dem Unternehmen nur einen Achtungserfolg. Der Touchscreen konnte mechanisches Feedback geben. Allerdings bot er kein Multi-Touch und machte wegen des wackligen Displays einen ungewohnten Eindruck.
Blackberry Torch
Der Blackberry Torch sollte beide Welten vereinen. Unter dem Touchscreen mit virtueller Tastatur ließ sich eine echte Tastatur im typischen Blackberry-Layout hervorschieben.
PlayBook
Um auf den Siegeszug der Tablets aufzuspringen, bracht Blackberry 2010 das PlayBook auf den Markt. Der damalige Unternehmenslenker Mike Lazaridis präsentierte das Gerät auf einer Entwicklerkonferenz. Großer Erfolg war dem PlayBook aber nicht beschieden.
BlackBerry Bold 9900 Media
2011 brachte RIM gleich fünf neue Modelle an den Start. Alle waren mit Touchscreen ausgerüstet. Der Bold 9900 Media hatte zusätzlich noch eine Tastatur. Auf den Geräten lief das damals neue Blackberry 7 OS. Das Betriebssystem sollte vor allem das Surfen im Netz beschleunigen.
Porsche Design
Die Zusammenarbeit mit Porsche Design brachte unter anderem das P9981 hervor, das 2011 vorgestellt wurde. RIM arbeitete bei mehreren Modellen mit Porsche Design zusammen. Die Geräte sollten vor allem Geschäftsleute von iPhones fernhalten.
Blackberry Z10
Mit der Umbenennung brachte das Unternehmen 2013 auch neue Geräte heraus. Der Z10 war ein Touchscreen-Smartphone.
Blackberry Q10
Das Schwestermodell des Z10, der Q10, kam klassisch mit Tastatur daher. Damals befand sich das Unternehmen bereits mitten in der Krise. Gegen die Konkurrenz von Apple und Android-Handys hatte RIM keine Chance.
Blackberry Z30
Mit dem Z30 stemmte Blackberry sich weiter gegen die Krise. Der Flop des Vorgängermodells Z10 führte zur Abschreibung von einer Milliarde Dollar. Der Z30 folgte mit seinem Fünf-Zoll-Display dem Trend zu großen Bildschirmen. Die Balance genannte Funktion richtete für private und berufliche Nutzung voneinander getrennte Bereiche ein.
Blackberry Passport
Zurück zur Tastatur: Ein quadratischer Bildschirm und eine Tastatur, die gleichzeitig Touchpad ist, zeichneten den Passport aus. Das mutige Design des Geräts und die Möglichkeit, Apps aus dem Android-App-Store von Amazon zu installieren, sollten Käufer ansprechen.
Blackberry Priv
Das erste Android-Smartphone von Blackberry begeisterte mit beeindruckender Leistung und einem hervorragenden Bildschirm, war aber gleichzeitig teuer und konnte wenige Kunden von vergleichbaren Samsung-Modellen weglocken.
Blackberry DTEK50
Das jüngste Modelle der Kanadier ist der DTEK50, ein weiteres Android-Smartphone mit Blackberry-Software, dem es an Alleinstellungsmerkmalen mangelt.
Blackberry Passport: Das ungewöhnliche Format ergibt sich, weil der Hersteller den Bildschirm zugunsten der Tastatur in der Länge beschnitten hat. Das Resultat ist ein quadratisches Display samt einer angenehm großen Tastatur.
Größenvergleich: Die Gegenüberstellung mit einem Reisepass klärt auf, wie der Passport zu seinem Namen gekommen ist.
Schlicht und schön: Die Rückseite des Passport zeigt nur die Kamera und das Firmenlogo. An den Akku kommt man hier nicht heran.
Trägt leicht auf: Mit 9,3 Millimetern ist der neue Blackberry etwas dicker als beispielsweise das iPhone 6 (rechts).
Da kann man nicht meckern: An der Verarbeitung des Blackberry Passport ist nichts auszusetzen.
Mediensteuerung: Zwischen den Tasten der Lautstärkeregelung befindet sich eine dritte Taste, die als Play/Pause fungiert und den Blackberry Assistant aufrufen kann.
Doppelbuchse: Der USB-Anschluss kann per Adapterkabel auch als microHDMI-Buchse genutzt werden.
Mehr Einblicke gibt es nicht: Auf der Rückseite gibt ein Plastikdeckel den Zugang zu Sim-Karte und microSD-Steckplatz frei. Der Rest des Gehäuses ist geschlossen.
Ordentliche Optik: Die Rückenkamera des Blackberry verfügt über einen 13-Megapixel-Sensor. Die Qualität der damit geknipsten Fotos...
...ist durchaus beachtenswert, wie bei dieser gut ausgeleuchteten Nahaufnahme zu erkennen ist.
Traum alter Blackberry-Fans: Unter dem quadratischen Bildschirm sitzt die dreireihige Tastatur.
Doppelfunktion: Weil die Tasten mit Sensoren versehen sind, dient die Tastatur zusätzlich als Touchpad.
Ungewöhnliche Anordnung: Bei Bedarf blendet das Betriebssystem oberhalb der Tastatur Sonderzeichen und Ziffern ein.
Das kann er: Die Ver- und Bearbeitung von E-Mails geht am Passport leicht von der Hand. Besonders die mit Blackberry OS hinzugekommene Möglichkeit, E-Mails im Übersichtsbildschirm schnell zu löschen, ist nützlich.
Breit bringt's: Laut Blackberry zeigen herkömmliche Smartphones Texte mit 40 Zeilen pro Zeile an. Der Passport kommt dagegen auf 60 Zeichen, was ein angenehmeres Lesen ermöglicht.
Surfstation: Der Blackberry-Browser funktionierte im Test problemlos und lässt kaum etwas zu wünschen übrig.
Schnell rankommen: Mit einem Wisch von oben herab aktiviert man das Schnelleinstellungsmenü.
Blackberry Hub: Hier werden Nachrichten aus allen Datenquellen, die man konfiguriert hat, zusammengeführt. Eine sehr übersichtliche Methode, sich einen Überblick zu verschaffen.
Blackberry Maps: Die mitgelieferte Karten-App macht einen übersichtlichen Eindruck, funktioniert aber nur online.
Kamera-App: Auch wenn der Passport kein Spaßgerät sein soll, bietet die Kamera doch alle wesentlichen Funktionen, verzichtet erfreulicherweise auf unnötige Automatik-Modi.
Einstellungssache: Wer sich in die Tiefen der Einstelloptionen eines aktuellen Blackberry begibt, braucht entweder Sachkenntnis oder Geduld, so vollgestopft mit Funktionen sind die Menüs.
Übersicht: Der Homescreen des neuen Blackberry bietet keine Überraschungen. Die Anordnung der App-Symbole entspricht dem, was man von Android und iOS kennt.
Alternative: Auf dem Passport ist Amazons App Store vorinstalliert. So kann man sich mühelos mit Android-Apps versorgen. Mit älteren Systemversionen war das nur umständlich möglich.
Dass man auf Blackberrys Android-Software abspielen kann, ist nicht neu. Dass Blackberry aber ein Smartphone mit Googles Betriebssystem bestückt statt sein eigens OS zu nehmen, schon.
Statt glänzendem Glas verwendet Blackberry für die Rückseite des Priv einen angenehm griffigen Kunststoff.
Oberhalb der Kamera mit Schneider-Kreuznach-Linsen sind die Schubladen für Nano-Sim und Speicherkarte untergebracht.
Die Android-5.1-Variante des Priv ist in mancher Hinsicht gegenüber Googles Original modifiziert.
Da freuen sich Blackberry-Fans: Hinter dem Bildschirm lässt sich eine richtige Blackberry-Tastatur hervorschieben.
Zu Blackberrys Android-Modifikationen gehört auch ein Softwarepaket, das kontinuierlich prüfen soll, wie es um die Sicherheit des Geräts steht.
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