Virtual Reality auf der Cebit Der 1000-Euro-Handschuh

Handschuh von Manus VR
Foto: SPIEGEL ONLINEEin Sensor für einen Pinkel-Wettbewerb am Urinal und ein Roboter, der Fake-Sushi serviert: Auf der Cebit in Hannover lässt sich auch allerlei Skurriles entdecken. Manche Produkte, die hier seit Montag gezeigt werden, werden womöglich irgendwann unverzichtbar und populär sein. Andere werden bald, vielleicht schon 2018, wenn die Cebit später als sonst im Sommer stattfindet, niemanden mehr interessieren.
In welche dieser Kategorien Virtual-Reality-Gadgets fallen, ist noch schwer abzusehen. Werden wir bald - wie auf der Cebit vorgestellt - unsere Finger mit nach Science Fiction aussehenden Handschuhen tracken lassen, um digital präziser arbeiten zu können?

Warten auf den Durchbruch
Virtual Reality (VR) wird auf der Cebit als "einer der spannendsten Technologie-Trends 2017" inszeniert. Die Frage, wann VR endlich ihren Durchbruch hat, bewegt sogar die Vertreter der großen Tech-Firmen - auch wenn die Antwort vor allem von der Definition des Wortes Durchbruch abhängen mag.
Graham Breen, in Europa für die Brille HTC Vive zuständig, betont jedenfalls, dass es um VR heute viel besser stehe als früher, weil VR heute "real world problems" löse, echte Probleme. Breens Anspielung gilt dabei dem ersten VR-Hype in den Neunzigerjahren, als der Markt zwar reif für die Technik schien, die Technik aber letztlich nicht gut genug für den Markt war.
Praktisch sieht es im März 2017 so aus: Jedermann kann sich im Elektromarkt technisch überzeugende VR-Brillen kaufen, von Einsteigermodellen wie Samsungs Gear VR und Googles Daydream-Headsets bis hin zu Hightech-Produkten wie der Oculus Rift von Facebook oder der HTC Vive.
Lektionen aus einem Jahr Endverbraucher-VR
Vielen Menschen sind die Headsets aber noch zu teuer, sie haben nicht das passende Smartphone oder einen ausreichend starken Computer, um sie zu benutzen. Oder sie fragen sich, was sie auf Dauer mit so einer Brille überhaupt machen sollen. VR-Headsets sind bisher ein Nischenprodukt, wenn auch eins mit Potenzial.
Hier können Sie sich durch sieben Erkenntnisse zum VR-Markt klicken:

Die Hardware wird noch besser
Die Brillenhersteller hält die Debatte um den VR-Durchbruch nicht davon ab, die Technik weiter zu verbessern. Fast jedes Unternehmen versucht derzeit, durch kleine Optimierungen Schwächen der ersten Modelle auszumerzen.
Samsung etwa bringt demnächst einen Controller für seine Gear VR auf den Markt, der das Navigieren und Zielen in Menüs und Spielen erleichtert:

Und Oculus hat zuletzt nicht nur Handcontroller für seine Rift veröffentlicht, die das Headset deutlich attraktiver machen. Das Unternehmen bietet auch zusätzliche Tracking-Sensoren für 69 Euro an, mit denen etwa ein 360-Grad-Tracking wie bei der HTC Vive möglich wird.
Vive-Promoter Graham Breen stellt auf der Cebit gleich mehrere neue Produkte für ebenjenes Headset vor: vom "Deluxe Audioriemen" mit eingebauten Kopfhörern bis zu einer TPCast genannten Headset-Halterung, durch die die Übertragung des Bilds in die Brille kabellos funktionieren soll.

Sense Glove mit Vive-Tracker
Foto: SPIEGEL ONLINELangfristig wohl genauso bedeutend ist aber der sogenannte Vive Tracker, ein Zubehörteil, das laut Breen Objekte mit der virtuellen Welt verbindet: Der Tracker könne etwa einen echten Baseball-Schläger mit der Spielwelt verbinden, sagt Breen, aber auch den Fuß des Spielers, wenn er den Tracker daran befestigt.
In Halle 17, der VR-Halle, sind die Vive-Tracker schon zu sehen - an zwei VR-Handschuhen namens Sense Glove und Manus VR Glove. Sie seien eine große Hilfe, hört man von den Entwicklern. Bevor es die kompakten Tracker gab, habe man Objekte nur eher umständlich in die VR-Welten einbauen können, etwa durch Vive-Controller, die man an sie anklebt.

VR-Spiel "Tower Tag"
Foto: VR NerdsWährend es im Bereich Hardware also vorangeht, ist in Sachen Spiele auf der Cebit nicht viel Neues zu sehen. Eindruck macht immerhin ein VR-Multiplayer-Spiel namens "Tower Tag", bei dem die Spieler jeweils neben einer realen Plexiglas-Säule stehen, hinter der sie bei virtuellen Feuergefechten Deckung suchen können. Man biete das Actionspiel gerade VR-Spielhallen und Lasertag-Hallen an, erzählt Phillip Steinfatt von der Firma VR Nerds, die das Spiel entwickelt hat.
Geld verdienen mit VR bleibt schwierig
Steinfatt sieht die VR-Branche insgesamt auf gutem Kurs. Einerseits würden die Hersteller langsam merken, welche Inhalte sie für ihre Geräte brauchen, sagt er. Anderseits würden kleine Neuerungen wie die Vive Tracker helfen, "die Systeme zu perfektionieren".

Virtuelle Welt von "Tower Tag"
Foto: VR NerdsNach wie vor grundsätzlich optimistisch, aber ein wenig vorsichtiger geworden ist dagegen Bob Vlemmix, der zum Team des Manus-VR-Handschuhs gehört. "2016 sagte jeder, dass dies das Jahr der VR wird", sagt er, 2017 sei das jetzt schon wieder so. Viel Geld würden im Bereich VR aber weiter nur die wenigsten Entwickler verdienen. Der Endkundenmarkt sei noch nicht groß genug, wohl vor allem wegen der Preise der Headsets.
Bei seinem eigenen Produkt haben sich Vlemmix und seine Kollegen daher für einen anderen Weg als ursprünglich geplant entschieden: Der Manus VR Glove wird zunächst einmal nur an Business-Kunden verkauft, in diesem Bereich sei die Nachfrage hoch.
Ein weiteres Argument für den Kurswechsel könnte sein, dass Vlemmix' Firma so mehr Geld pro Exemplar verlangen kann: Ein Paar Handschuhe kostet auf der Manus-VR-Website derzeit tausend Euro aufwärts - mehr als jedes VR-Headset.
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